Aus dem Siebenbürgen-Institut: Reiseliteratur in der Siebenbürgischen Bibliothek
Anfang April wurde online über die Bildungsreisen der Abiturienten des Honterus-Gymnasiums in Kronstadt zu Beginn des 20. Jahrhunderts berichtet. Und auch darüber, dass diese im Vorfeld akribisch geplant und sowohl die Fahrten mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln als auch die Unterkünfte vorab gebucht worden waren. Wer heute beim Planen einer Reise die Flüge, Bahnfahrten oder Pkw-Strecken sowie die Unterkünfte am Zielort „googelt“, der fragt sich, wie die Organisatoren das vor über hundert Jahren geschafft haben, woher sie die nötigen Informationen hatten, um so eine Reise mit mehreren Stationen genau planen zu können.
Ein Blick in den Bestand der Siebenbürgischen Bibliothek auf Schloss Horneck in Gundelsheim am Neckar kann weiterhelfen, denn da befinden sich mehrere Reiseführer vom Ende des 19. und Beginn des 20. Jahrhunderts. Einige sind in Siebenbürgen erschienen, andere in Deutschland und natürlich in Österreich, da Siebenbürgen zu der Zeit Teil der k. u. k. Monarchie war.
Titelblatt E. A. Bielz. Siebenbürgen. Ein Handbuch für Reisende. Fotos: Hanne Schnabel
Die erste Auflage von „Siebenbürgen. Ein Handbuch für Reisende“ von Eduard Albert Bielz ist 1881 in Hermannstadt bei Josef Drotleff erschienen. In der Siebenbürgischen Bibliothek befinden sich die zweite Auflage von 1885 und deren Neuausgabe von 1899. Nach einer Einleitung mit allgemeinen Informationen über Siebenbürgen werden auch die Verkehrsmittel und Reisegelegenheiten erläutert und praktische Hinweise wie Währung, Pass-, Zoll-, Post- und Telegrafenwesen geliefert. Über Unterkünfte gibt es nur allgemeine Informationen, es werden keine konkret genannt. Danach werden die einzelnen Strecken beschrieben, beispielsweise von Großwardein nach Klausenburg, wobei immer auch die Entfernung, die Fahrzeit und der Preis angegeben werden. Von einigen Gegenden gibt es Landkarten und von den größeren Städten Stadtpläne. Auch die Landschaft wird beschrieben und die Ausflugsmöglichkeiten, die es in den jeweiligen Regionen gibt.
Ein Jahr später, 1882, wurde in „A.[dolf] Hartleben’s Verlag in Wien, Pest und Leipzig“ ein „Illustrirter Führer durch die ungarischen Ostkarpathen, Galizien, Bukowina und Rumänien“ herausgegeben, der zusätzlich zu den Beschreibungen der Orte und Regionen auch faltbare Karten und sogar Fahrpläne sowohl von der ungarisch-galizischen Eisenbahn, als auch von der Donau-Dampfschiff-Fahrt enthält. Auch Gasthöfe werden genannt, sodass eine genauere Planung möglich war.
Titelblatt Illustrirter FührerBaedeker‘s Oesterreich-Ungarn, 25. Auflage, S. 466
Faltbare Karten enthält auch „Baedeker‘s Österreich-Ungarn“, dessen, in der Siebenbürgischen Bibliothek vorhandene 25. Auflage 1898 in Leipzig erschienen ist, und in dem das zuvor genannte Reisehandbuch von E. A. Bielz zusammen mit anderen siebenbürgischen Veröffentlichungen als Quelle für den Teil über Siebenbürgen aufgeführt werden. Auf Seite 457 heißt es unter dem Stichwort Reiseplan: „Der interessanteste Teil des Landes ist der südliche, die Gegend zwischen Petrosény, Hermannstadt und Kronstadt, die man in 2-2 ½ Wochen kennen lernen kann. Man rechne etwa 3 Tage für Hermannstadt und die Hohe Rinne, 2 Tage für die Besteigung des Negoi; 4-5 Tage auf Kronstadt und dessen lohnende Umgebung“. Der Baedeker liefert auch genaue Informationen zu den Strecken, Entfernungen, Verkehrsmitteln, Übernachtungsmöglichkeiten und vieles mehr.
Anhang Werbung aus dem Reisehandbuch E. Sigerus
Ein Vierteljahrhundert später – Siebenbürgen war inzwischen Teil des Königreichs Rumänien – erschien 1925 im Rüdiger Verlag in Berlin auch das von Emil Sigerus bearbeitete „Reisehandbuch für Grossromänien“, das auch im Verlag von Wilhelm Krafft in Hermannstadt ausgeliefert wurde. Im Vorwort steht: „Zum ersten Male erscheint mit diesem Buch ein Reiseführer durch Romänien, der in erster Linie dem Vergnügungsreisenden […] an die Hand gehen will.“ Im ersten Teil wird auf die Geschichte und Landeskunde eingegangen und es gibt sogar ein Reisevokabular in den drei Landessprachen Deutsch, Rumänisch und Ungarisch. Auch dieser Reiseführer enthält faltbare Karten und Stadtpläne sowie als Beilage am hinteren Einband befestigt, eine große, faltbare und farbige Landkarte. „Gasthäuser, Speise- und Kaffeehäuser“ werden nur allgemein beschrieben, ohne konkrete Angaben. Dafür gibt es Werbung im Anhang – auch von einigen Hotels – und ein „Branchen-Verzeichnis der anzeigenden Firmen“.
Die vier genannten und noch einige andere Reiseführer – auch aus späteren Jahren – können im Lesesaal der Siebenbürgischen Bibliothek eingesehen werden; alle nach 1900 erschienenen sind auch ausleihbar. Kontakt:
Telefon: (0 62 69) 4 21 50, E-Mail: bibliothek[ät]siebenbuergen-institut.de.
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