8. Juni 2021

Sinni Thiess, eine Siebenbürgerin in Wien

Eine traurige Nachricht hat die Nachbarschaft Penzing erreicht. Unsere hochgeschätzte und beliebte Sinni Thiess, eines der ältesten Mitglieder der Penzinger, verstarb am 17. Mai 2021 im 100. Lebensjahr im Pensionistenheim in der Alszeile im 17. Bezirk auf der Pflegestation.
Frau Rosina Thiess, bei allen nur „die Sinni“, wurde am 7. Februar 1922 in Honigberg im Burzenland geboren. Auf dem Umweg über die Deportation in die Sowjetunion, obwohl zwei kleine Kinder da waren, ist sie auf dem Heimweg, wegen des Eisernen Vorhangs, in Wien hängengeblieben und heimisch geworden. Jahrzehntelang half sie von hier aus ihrer Familie, Eltern und Kinder in Siebenbürgen bis zur Ausreise nach Deutschland, die Kinder inzwischen Erwachsene mit Familie.

Sinni im Jahr 2001 beim Baumstriezelbacken. Foto: ...
Sinni im Jahr 2001 beim Baumstriezelbacken. Foto: Ludwig Brandt
Der Siebenbürger Verein in Wien und ab 1961 die Nachbarschaft Penzing, später auch die Nachbarschaft Augarten sowie der Seniorenkreis des Vereins bildeten für sie und drittem Kind, neben dem Beruf als Schaffnerin bei der Wiener Straßenbahn, das Zuhause. Bei uns Penzingern war sie es, die von Anfang an beim Baumstriezelbacken die Nachbarmutter Regine Brandt und später Gida Petrovitsch unterstützte. Bei der Fertigung der Baumstriezel für den Richttag verlor sie nie die Qualität aus den Augen. Auch war sie jederzeit bereit, neue, junge Helferinnen und Helfer anzulernen, und hat stets darauf geachtet, dass die Abläufe beim Backen genau eingehalten wurden. Beim alljährlichen Sommerfest half sie tatkräftig bei der Vorbereitung und dem Austeilen des gegrillten Holzfleisches bzw. der Bratwurst mit. Für ihren persönlichen Einsatz im Verein, der Nachbarschaft und bei den Senioren wurde sie mit dem Silbernen Ehrenzeichen des Siebenbürger Vereins im Jahr 2010 ausgezeichnet.

Ihren Entschluss, ins Pensionistenheim zu ziehen, fasste sie allein und selbstbewusst. Sie fühlte sich dort gut aufgehoben, genoss die Gemeinschaft und das kulturelle Angebot, neben den Veranstaltungen der Siebenbürger. Erst als sie nach einem Sturz nicht mehr allein ausgehen konnte und auf den Rollator angewiesen war, blieb sie nur im Heim. Dabei entdeckte sie das Rummyspielen mit Steinen aus Siebenbürgen. Bei jedem meiner Besuche oder auch allein wurden die Steine ausgebreitet und in passende Gruppen ausgelegt. Für sie war es immer faszinierend.

Nun hat, wie sie es in letzter Zeit immer öfter sagte, „der Herr da oben nicht auf sie vergessen“. Auch ein Wunsch von ihr wird wahr. Sie hat sich dem Anatomischen Institut der Wiener Universität gewidmet und daher gibt es keine offizielle Verabschiedung bzw. Beisetzung. Wir werden umso mehr an sie denken, mit ihrer großen Familie trauern und dankbar sein, dass sie oft für uns Penzinger und besonders für mich oder die Senioren da war.

Gida Petrovitsch

Schlagwörter: Österreich, Wien, Honigberg, Nachruf, Thiess

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