28. Dezember 2016

Kirchentag in Kronstadt zum Reformationsjubiläum

Unter dem Motto „Aus gutem Grund: evangelisch in Rumänien“ feiert die Evangelische Kirche A.B. in Rumänien im kommenden Herbst das Reformationsjubiläum mit einem Kirchentag, zu dem rund 2 000 Teilnehmer erwartet werden. Das Ereignis findet in der Schwarzen Kirche in Kronstadt statt, dem Erinnerungsort der siebenbürgischen Reformation schlechthin. Gastgeberin ist damit eine der großen Kirchengemeinden des Landes, die Evangelische Kirche A.B. Kronstadt (Honterusgemeinde). Am Kirchentag stehen jedoch weniger die Vergangenheit und die öffentliche Wahrnehmung der Kirchengemeinde im Mittelpunkt. Vielmehr geht es den Veranstaltern um die moderne evangelische Identität im Jahr 2017, um Weltoffenheit, christliches Miteinander und den Glauben als Grundlage für ein buntes, vielfältiges Gemeindeleben. Beim Kirchentag werden auch Vertreter des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland erwartet.
„Eine der Besonderheiten unseres Kirchentags ist, dass wir ihn nicht alleine feiern, sondern gemeinsam mit der ungarischen Evangelisch-Lutherischen Kirche“, betont Adriana Florea, Pfarrerin der Honterusgemeinde. Dementsprechend findet der Auftakt des Kirchentags am 29. September in Anwesenheit der Bischöfe Reinhart Guib und Dezsö Adorjány in der Kronstädter ungarisch-evangelischen Kirche statt, wo auch die Jugendgruppen der beiden Kirchengemeinden eine Andacht gestalten. „Wir wollen damit unsere gemeinsamen evangelischen Wurzeln und Werte unterstreichen“, betont Pfarrerin Florea, eine der führenden Kräfte bei den Vorbereitungen, an denen u.a. die Gemeinschaft Evangelischer Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben und der Siebenbürgisch-Sächsische Kulturrat e.V. mitwirken.

Das „Miteinander“ bestimmt auch den eigentlichen Kirchentag am 30. September. Neben einem Festgottesdienst in der Schwarzen Kirche umfasst das Programm Workshops in deutscher, ungarischer und rumänischer Sprache, bei denen die Bedeutung des evangelischen Glaubens für Musik, Wissenschaft, Kunst, Politik und Diakonie im Fokus steht. Eine Stadtführung „auf den Spuren von Johannes Honterus“ soll unterschiedliche Stationen im Leben und Werk des Reformators der Siebenbürger Sachsen beleuchten. Hinzu kommt ein Podiumsgespräch mit Geistlichen und Gläubigen unter der Moderation von Pfarrer Stefan Cosoroabă. Einer der Ehrengäste ist Dr. h.c. Nikolaus Schneider, der von 2010 bis 2014 Ratsvorsitzender und somit höchster Repräsentant der Evangelischen Kirche in Deutschland war. „Wir sind außerordentlich dankbar, eine prominente Persönlichkeit wie Herrn Schneider, einen wunderbaren Menschen und Theologen, bei uns begrüßen zu dürfen“, freut sich Christian Plajer, Stadtpfarrer der Honterusgemeinde.

Den feierlichen Abschluss des Kirchentags bildet ein Konzert in der Schwarzen Kirche, dargeboten vom Bachchor Kronstadt und Mitgliedern anderer evangelischer Kirchenchöre aus Siebenbürgen. Die „Messe von Kronstadt“ – so heißt das Auftragswerk, das speziell für diesen Anlass komponiert wird – soll „ein Symbol für die Vielfalt von Sprachen und Konfessionen in unseren evangelischen Kirchenchören darstellen“, sagt Steffen Schlandt, Kantor der Honterusgemeinde und Koordinator des Projekts. Die Messe entsteht als Gemeinschaftsprojekt evangelischer, orthodoxer und katholischer Komponisten, die den Messtext in unterschiedlichen Sprachen vertonen: „Kyrie“ auf Ungarisch (Komponist Zoltán Szalay), „Gloria“ auf Deutsch (Steffen Schlandt), „Credo“ in lateinischer Sprache (Heinz Acker), „Sanctus“ auf Rumänisch (Șerban Marcu) und „Agnus Dei“ auf Englisch (Brita Falch-Leutert und Jürg Leutert). „Die Messe soll somit nicht nur die bunte Diversität innerhalb unserer Kirche beleuchten“, unterstreicht Stadtpfarrer Plajer, „sondern das gemeinsame Fundament der christlichen Konfessionen hervortreten lassen, denn wir verstehen uns stets als Teil einer größeren christlichen Glaubensgemeinschaft.“ Zum Ausklang des Kirchentages sollen am 1. Oktober die Glocken aller lutherischen Kirchen im Burzenland läuten und Gottesdienste in allen Kirchengemeinden stattfinden – eine Aktion, die vom Bezirkskonsistorium koordiniert wird.
Festliche Stimmung beim Weihnachtsgottesdienst in ...
Festliche Stimmung beim Weihnachtsgottesdienst in der Schwarzen Kirche.
„Wir versuchen so viele Gemeinden wie möglich in die Vorbereitung und Programmgestaltung zu implizieren“, erklärt Pfarrerin Florea. „Vielleicht haben die einen oder anderen eine besondere Begabung, eine Ausrichtung, einen gewissen Schwerpunkt, den sie beim Kirchentag vorbringen möchten. Wir hoffen, dass dadurch zum Vorschein kommt, was unsere Identität heutzutage ausmacht.“ Die Honterusgemeinde nimmt also das Reformationsjubiläum zum Anlass, um darüber nachzudenken, was für den evangelischen Glauben im heutigen Rumänien spezifisch ist. Christian Plajer erklärt: „Wir fragen diesmal bewusst nicht, was gleichgeblieben ist, was wir als unveränderte Tradition übernommen haben und weitergeben möchten, sondern konzentrieren uns gezielt auf die Aspekte, die sich verändert haben.“

Seinen Ursprung hat dieser Fokus in der Feststellung der Kirchenverantwortlichen, „dass Gemeinde und Gemeinschaft nicht mehr unbedingt deckungsgleich sind“, wie Frank-Thomas Ziegler, Pressesprecher und Leiter des Bereichs Schwarze Kirche, erläutert: Nicht alle 960 Gemeindemitglieder seien in der Kirchengemeinde aktiv, dafür gebe es unzählige engagierte Menschen, die sich in den unterschiedlichen Gruppen und Kreisen einbringen, ohne formelle Mitglieder der Gemeinde zu sein. Auch dank ihres Engagements gelinge es, ein reiches Angebot an Aktivitäten für jede Altersgruppe anzubieten.

An Kinder und Jugendliche etwa richten sich die „Krabbelgruppe“, der evangelische Kindergarten, die „Kinderstunde“ sowie der Konfirmandenunterricht, während die musikalisch interessierten jungen Menschen unter der Leitung von Ingeborg Acker im bekannten Ensemble „Canzonetta” musizieren lernen. Eine erfolgreiche wie beliebte Gruppe sind die „Kirchenführer“; dabei handelt es sich um Schüler des Honterus-Gymnasiums, aber auch rumänischer und ungarischer Schulen, die für die Besucher der Schwarzen Kirche während der Sommermonate Führungen in mehreren Sprachen anbieten. Ergänzt wird die Palette von Bibelkreisen und Seniorennachmittagen sowie dem Engagement der Lektoren, die mit gottesdienstlichen Lesungen den Pfarrermangel ausgleichen, und der Tätigkeit der „Helferinnen“, die regelmäßig ältere und bedürftige Mitglieder der Gemeinde besuchen. Schließlich sorgen Bachchor und Jugendbachchor für musikalische Begeisterung über die Grenzen der Gemeinde hinaus.

Die Honterusgemeinde hat mit der Renovierung, Vermietung und Verpachtung rückerstatteter Immobilien und mit ihren rund 50 Angestellten auch einen großen Verwaltungsaufwand zu bewältigen. Gegenwärtig etwa wird der monumentale Dachstuhl der Schwarzen Kirche ­saniert, zudem soll demnächst der Eingangsbereich der Kirche neu gestaltet und im ehemaligen Küsterhaus ein Café eingerichtet werden – Maßnahmen, die angesichts der jährlich steigenden Zahl von Besuchern (zurzeit rund 230000) sinnvoll erscheinen. „Die Honterusgemeinde wird allgemein als eher traditionelle Gemeinde wahrgenommen, sie wird von der Öffentlichkeit mit Kultur, Archivarbeit, Geschichte, Denkmalpflege, Musik und wertvollen osmanischen Teppichen assoziiert“, fasst Christian Plajer zusammen. „Das neue Leben in den Gruppen und Kreisen, das in den letzten zehn Jahren herangewachsen ist, bildet die Kehrseite, die vielleicht weniger bekannt ist, aber zu unserer Gemeinde unbedingt dazu gehört. Wir versuchen, unabhängig von der Zusammensetzung der jeweiligen Gruppen, stets die Bibel und ihre Botschaft in einer freundlichen und weltoffenen Weise zu leben, unsere evangelische Identität mit anderen gemeinsam zu gestalten.“

Aktuelle Informationen zur Honterusgemeinde und dem Reformationsjubiläum in Rumänien stehen im Internet unter www.honterusgemeinde.ro bzw. www.evang.ro und www.12apfelbaeumchen.com zur Verfügung.

Christine Chiriac

Schlagwörter: Honterusgemeinde, Kronstadt, Reformation, Jubiläum, Evangelische Kirche, Kirchentag

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