13. Mai 2003

Rosenauer Burg eröffnet ungeahnte Perspektiven

Das im Karpatenbogen an den Ausläufern der Bergmassive Butschetsch und Schuler gelegene Rosenau (bei Kronstadt) ist der südöstlichste, mit ca. 650 Metern über dem Meeresspiegel auch der höchstgelegene Ort in Siebenbürgen. Ort? Nein, Stadt (seit 1950) mit gegenwärtig rund 20 000 Einwohnern, darunter Alberto Drera (50) aus dem italienischen Pesaro. Er ist der neue Kastellan und doch weit mehr als ein schnöder Burgvogt.
Durch einen Konzessionsvertrag mit dem Bürgermeisteramt von Rosenau hat sich Drera weitgehende Befugnisse erworben. Restaurierungs- und Renovierungsarbeiten sind im vollen Gange. Bald soll die Burg Sitz eines exklusiven Gastronomiekomplexes werden. Der gewiefte Unternehmer prognostiziert Rosenau schon einen Tourismusboom. Gerüchte vom Dracula-Park kursieren außerdem. Und Paul Pfennings aus München startet seine Initiative "Malt Burg Rosenau!".

Burg Rosenau im Burzenland - vielleicht schon in naher Zukunft eine Pilgerstätte für Touristen und Künstler. Luftbildaufnahme: Georg Gerster
Burg Rosenau im Burzenland - vielleicht schon in naher Zukunft eine Pilgerstätte für Touristen und Künstler. Luftbildaufnahme: Georg Gerster

Die im Burzenland thronende Burg Rosenau, lehrt das Lexikon der Siebenbürger Sachsen, geht baugeschichtlich auf den Deutschen Ritterorden zurück, der den Ort etwa 1225 gegründet hat. Nach dem Abzug der Ordensritter erweiterten die heimischen Bauern die Burg, die in ihrer fast 800-jährigen Geschichte einmal nur erobert wurde, durch Gabriel Bathory (1608-1613 Wahlfürst von Siebenbürgen). Alberto Drera aus Pesaro ist freilich kein Eroberer. Seine legale Übernahme der Burg dokumentiert ein Konzessionsvertrag mit einer Laufzeit über 49 Jahre, den der Italiener mit dem Bürgermeisteramt von Rosenau abgeschlossen hat. Nach einem Bericht der rumänischen Zeitung Formula AS sieht der Vertrag eine Partnerschaft zwischen öffentlicher Hand und dem privaten Nutzer im fifty-fifty-Verhältnis vor. Drera plant einen Gastronomiekomplex in der Burganlage. Bisher investierte er rund 450 000 Euro. Die historische Bausubstanz der Burg soll keinen Schaden nehmen. Deshalb ist der Unternehmer an Vorgaben gebunden, die Restaurierungsarbeiten haben in enger Absprache mit dem Kulturministerium zu erfolgen. In Fünfjahresschritten soll Drera jeweils eine weitere Million Euro investieren. Rosenau habe glänzende Perspektiven, verkündet der "Kastellan von Rosenau". Für 2008/2009 prophezeit der Italiener schon einen kolossalen Besucherrekord: 250 000 bis 300 000 Touristen sollen kommen. Heute sind es jährlich 40 000.

Mit dem Naturpark am Fuße des Königststeinmassivs oder der Törzburg (Bran) bei Kronstadt bieten Lage und Umgebung von Rosenau zahlreiche Attraktionen. Vielleicht, so wird orakelt, entsteht ja hier auch der geheimnisumwitterte Dracula-Park. Jedenfalls gehen gewisse Dinge vor sich. "Innerhalb von drei Wochen wurden über das Rosenauer Notariat Privatgrundstücke zu horrenden Preisen verkauft", sagt Karl Arthur Ehrmann, Geschäftsführer der Saxonia-Stiftung in Kronstadt. Für einen Hektar seien 100 Millionen Lei in bar geflossen. Die Kaufverhandlungen führte der Vertreter einer anonymen Interessengemeinschaft, was zu Spekulationen Anlass gab. Von regierungsnahen Kreisen ist die Rede. Infrastrukturmaßnahmen weisen überdies auf eine intensivere touristische Erschließung der Gegend um Rosenau hin. Noch in diesem Herbst soll der Autobahnbau am Plateau beginnen. Wie in dieser Zeitung berichtet, hatte in der Vergangenheit bereits Architekt Dr. Fabini im Sinne der parlamentarischen Fraktion der Nationalliberalen für diesen Standort als Alternative zur Schäßburger Breite plädiert. Auf einer Sondersitzung hatte auch der Kronstädter Kreisrat in Absprache mit den Bürgermeistern von Rosenau, Bran (Törzburg) und Predeal dieses an Kronstadt angrenzende "Dreieck" als Standort für den Dracula-Park vorgeschlagen. Dann allerdings ließen sich die massiven Investitionen von Herrn Drera sehr wohl nachvollziehen und sein unternehmerischer Impetus erwiese sich als begründet optimistisch.

Indes hat auch der in München wohnhafte, bekannte Künstler Dipl.-Ing. Architekt Paul Pfennings ein Auge auf Burg Rosenau geworfen. Ihm schwebt vor, im Rahmen einer Studienreise mit einer Gruppe Kunstinteressierter vor Ort die Burg "mit Bleistift und Pinsel bildlich zu vergegenwärtigen", denn: "So könnten einige interessante Bilder entstehen - eine echte Attraktion für künftige Touristen. Die Bilder sollten in der Rosenauer Burg ausgestellt werden." Pfennings will dabei keine Technik ausschließen, alles ist möglich, ob Aquarell, Öl, Grafik oder Collage. Sein Motiv für diese Initiative sei rein idealistischer Natur: "Auf diese Weise versuchen wir, unsere aus Siebenbürgen stammenden Landsleute davon zu überzeugen, dass für die Wiederbelebung dieser Spitzenkultur unserer alten Heimat jedes Mittel und jede Idee willkommen sind." Wer Näheres über dieses Vorhaben erfahren will, möge Kontakt aufnehmen mit: Paul Pfennings, Karl-Marx-Ring 55 B, 81735 München.

Zeichnung von Paul Pfennings, der im Sommer 2003 ein Ferienlager für Künstler organisieren will.
Zeichnung von Paul Pfennings, der im Sommer 2003 ein Ferienlager für Künstler organisieren will.

Paul Pfennings kam 1939 als Sohn Kronstädter Eltern in Bukarest zur Welt, wo er auch sein Architekturstudium absolvierte. Anschließend wirkte er als Bühnenbildner beim Rumänischen Fernsehen. 1978 übersiedelte er in die Bundesrepublik nach München. Hier arbeitete er in der Folgezeit in verschiedenen Architekturbüros, als Szenenbildner für das Bayerische Fernsehen (bis 2000 szenische Mitgestaltung des "Pumuckl"), für mehrere Theater sowie für die Hochschule für Film und Fernsehen. Ausstellungen mit seinen Bühnenentwürfen und Aquarellen waren u. a. in München, Bukarest und Genf zu sehen. Wiederholte Male ist Pfennings nach Siebenbürgen gereist, wo er Ansichten von Kirchenburgen zeichnete und malte. Noch ein Kuriosum: In seinem Neuperlacher Wohnzimmer leitet der diplomierte Architekt seit bald fünf Jahren einen "Karikatur-Club". In regelmäßigen Abständen treffen sich dort Leute verschiedenster Couleur, um unter Pfennings' künstlerischer Regie - gegen Entrichtung "eines Symbolpreises" - Karikaturen zu zeichnen. Wer weiß, ob nicht später einmal der "Fall Rosenau" auch eine gespitzte Karikatur verdient.

Christian Schoger


(gedruckte Ausgabe. Siebenbürgische Zeitung, Folge 8 vom 15. April 2003, Seite 3)

Schlagwörter: Tourismus, Denkmalpflege, Rosenau

Bewerten:

1 Bewertung: ++

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.