8. Mai 2020

Das Wunder von Niedereidisch

Aktionen, Projekte und Veranstaltungen werden heute auf laufendem Band verschoben. Jeder tut es in der Hoffnung, sie „später“ wieder aufnehmen zu können. In Niedereidisch im Reener Ländchen wird aber nun ein Projekt verwirklicht, das … um 76 Jahre verschoben wurde. Dazu schreibt Pfarrer Johann Zey und spricht der Landeskirchliche Musikwart Jürg Leutert.
Im September 1944 wurden die Siebenbürger Sachsen aus Niedereidisch – zusammen mit allen Nordsiebenbürgern – evakuiert. Sie starteten auf einen Weg, den sie provisorisch ansahen, aber der für die meisten letztlich endgültig sein sollte. Die damals Geflüchteten und ihre Nachkommen leben nun in Österreich und Deutschland.

Doch auch die Gemeinschaft in Niedereidisch selbst lebt. Dies muss als ein großes Wunder Gottes gewertet werden, dass die Gemeinde nach 75 Jahren noch 41 Gemeindeglieder zählt! Und sie lebt nicht nur, sondern sie entfaltet auch ein aktives Wirken. So konnte sie in den letzten Jahren die Innenrenovierung der Kirche, samt neuen Kirchenfenstern, und die Außenrenovierung des Pfarrhauses erfolgreich abschließen. Die Niedereidischer lieben ihre Kirche und versammeln sich sehr gerne zum Gottesdienst. Auch Kinder kommen gerne. Viele Gäste staunen darüber, wie kräftig der Gemeindegesang ist und wie aufmerksam der Predigt gefolgt wird.

Die Nachbarn aus Obereidisch waren auch rege. Ihnen wurde eine Orgel aus einer verlassenen Gemeinde Südsiebenbürgens zugesprochen. So überlegten sich ihrerseits die Niedereidischer, dass sie das auch so machen könnten. Das Landeskonsistorium im fernen Hermannstadt stellte die Orgel aus Marienburg bei Schäßburg für sie bereit. Doch der Eidischer Kurator Thomas Kasper, ein junger Geschäftsmann, sagte „Nein“! Stattdessen überzeugte er den Kirchenrat, die eigene Orgel wieder instand zu setzen. Diese war aber 1944 nicht nur verstummt, sondern wurde auch verwüstet. Nachdem die Sachsen fort waren, spielten die Dorfkinder mit den Pfeifen ungestört auf der Straße…
Beim Transilvanien Brunch 2019 im Kirchhof ...
Beim Transilvanien Brunch 2019 im Kirchhof Niedereidisch wurden erstmals Spenden für die Orgel gesammelt.
Und diese Orgel will nun Thomas Kasper mit großem Schwung wieder zum Klingen bringen. Nach 76 Jahren soll sie das Gotteshaus erfüllen! Der Startschuss des Projektes wurde am 14. September 2019 im Niedereidischer Kirchhof gegeben. Zu Gunsten der Orgelrenovierung veranstaltete die kleine evangelische Kirchengemeinde einen sogenannten „Transilvanian Brunch“, der in Südsiebenbürgen schon mehrere Male stattgefunden und eine große touristische Resonanz und Beliebtheit entwickelt hatte. Über 50 Personen der Region versammelten sich dazu. Durch ein Benefizkonzert, gefolgt von einem traditionellen sächsischen Essen, konnte eine erste Rate für die Orgelrenovierung eingesammelt und abgeführt werden. Orgelbauer Hermann Binder aus Hermannstadt hielt dazu einen Lichtbildervortrag und betonte, dass die im 17. Jahrhundert von Johannes Vest erbaute Niedereidischer Orgel zu den ältesten Orgeln in Siebenbürgen gehört. Sie stand ursprünglich in der Schäßburger Spitalskirche und wurde von dort nach Niedereidisch überführt. Seit 1944 ist sie aber stumm und tot.
Pfarrer Johann Zey und Kurator Thomas Kasper am ...
Pfarrer Johann Zey und Kurator Thomas Kasper am Erntedanktag. Fotos: Evangelisches Pfarramt Sächsisch-Regen
Die Steine kamen aber so ins Rollen. Pfarrer Wolfgang Rehner sen., dessen Vorfahren von Niedereidisch stammen, spendete spontan 5.000 Lei. Diesem Beispiel wollen noch andere folgen. Das Landeskonsistorium hat nun für den Sonntag Kantate – an dem es um die Kirchenmusik geht – ein Kollekte für dieses Projekt ausgeschrieben (siehe dazu den Videobeitrag auf YouTube). Für die Kirchengemeinde ist es eine große Ermutigung. Kurator Kasper sagt wörtlich: „Es ist ein Zeichen von Gott. Wir dürfen nie vergessen, dass ER uns hilft! Wir wollen dankbar sein für alle seine Gaben.“

Pfarrer Johannes Zey, Sächsisch-Regen



Externer Link:

Den Videobeitrag für den Sonntag Kantate (Landeskirchlicher Musikwart Jürg Leutert) findet man auf YouTube.

Schlagwörter: Niedereidisch, Sächsisch-Regen, Nordsiebenbürgen, Orgel, EKR

Bewerten:

26 Bewertungen: ++

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.