11. Juli 2022

Herausforderungen bei der Kirchenburgenrettung

Die Stiftung Kirchenburgen (kirchenburgen.org) der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien (EKR) leistet an einer Reihe von Baudenkmälern in der siebenbürgischen Kirchenburgenlandschaft seit sechs Jahren unverzichtbare Arbeit. Aufgrund der positiven Ergebnisse aus der Vergangenheit lassen sich dafür auch Fördermittel und Spendengelder einwerben. Trotzdem stellen sich dem Stiftungsteam immer wieder Hürden in den Weg, die nur mit Geduld überwunden werden können.
Baustelleneröffnung in Braller, von links: ...
Baustelleneröffnung in Braller, von links: Bauunternehmer Gabriel Tudor, Beauftragter für Bau und Denkmalpflege Sebastian Bethge, Architekt Tudor Pavelescu, Projektmanagerin BKM-Dächerprogramm Ecaterina Gal. Foto: Stefan Bichler
Seitdem die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) im Jahr 2018 begonnen hat, die baulichen Tätigkeiten der Stiftung Kirchenburgen zu fördern, konnten sechs Kirchenburgen vor dem fortschreitenden Verfall bewahrt werden: Von den abgeschlossenen Projekten in Abtsdorf bei Agnetheln, Reußen, Schlatt, Großlasseln, Schmiegen und Weingartskirchen haben viele Freunde der Kirchenburgenlandschaft bereits mit Begeisterung erfahren. An diesen Baudenkmälern wurde erfolgreich verhindert, dass weiterhin Feuchtigkeit durch kaputte Dächer und Gebäudehüllen in das Innere eindringt und schwere oder dauerhafte Schäden verursacht. Im Rahmen des sogenannten Dächerprogramms werden nicht nur die Kirchendächer an sich, sondern auch Mauerwerk und Wasserableitungssysteme im Kirchhof instandgesetzt.
Abdeckung im Kirchenraum von Marienburg bei ...
Abdeckung im Kirchenraum von Marienburg bei Schäßburg – das wertvolle Interieur muss bei Arbeiten am Dach vor eventuell herabfallendem Putz geschützt werden. Foto: Pfarrer Johannes Halmen
Trotz der großzügigen bundesdeutschen BKM-Förderungen sind es oft gerade die Spenden von leidenschaftlichen Einzelpersonen, Privatinitiativen oder Heimatortsgemeinschaften, die eine wichtige Intervention möglich machen. Nach den abgeschlossenen sechs Baustellen wird momentan mit öffentlichem wie privatem Geld an weiteren sieben Projekten – etwa in Scharosch bei Fogarasch und in Marienburg bei Schäßburg – im Rahmen des Dächerprogramms gearbeitet. Als Fertigstellungstermin ist das Frühjahr 2023 angepeilt.
Sichtbare Schäden an den Stützpfeilern der ...
Sichtbare Schäden an den Stützpfeilern der Kirchenburg von Scharosch bei Fogarasch. Foto: Stefan Bichler

Teuerungen und chronischer Fachkräftemangel

So wie in den allermeisten Staaten weltweit leidet auch die Baubranche Rumäniens unter den zum Teil enormen Preissteigerungen bei Baumaterial. Schon seit über einem Jahr haben verschiedenste Lieferengpässe höhere Kosten verursacht. Mit dem Beginn der russischen Invasion in der benachbarten Ukraine hat sich dies nun noch zusätzlich verschärft! Hinzu kommen gestiegene Treibstoffkosten und der Umstand, dass Lieferanten immer seltener verbindliche Preiszusagen machen können. Diese Situation macht das Einhalten von genauen Arbeitsabläufen und Terminen zunehmend zu einem Problem, das nur mit Geduld und viel Verhandlungsgeschick gelöst werden kann.
Ecaterina Gal (Projektmanagerin BKM ...
Ecaterina Gal (Projektmanagerin BKM-Dächerprogramm) und Sebastian Bethge (Beauftragter für Bau und Denkmalpflege) besprechen die bevorstehenden Arbeiten an den schadhaften Stützpfeilern in Scharosch bei Fogarasch. Foto: Stefan Bichler
Doch die Preisfrage ist nicht die einzige Hürde für die Denkmalpflege in der Kirchenburgenlandschaft, erklärt Philipp Harfmann, Geschäftsführer der Stiftung Kirchenburgen: „Es wird für uns immer schwerer, im ländlichen Raum interessierte und qualifizierte Firmen zu finden, denen die verantwortungsvollen Aufgaben an den Kirchenburgen anvertraut werden können“. Gerade auf dem Land befinden sich aber die allermeisten Baustellen, weil die Kirchen und Kirchenburgen in den größeren Ortschaften und Städten solch dringende Interventionen meist nicht benötigen. „Durch diese Umstände steigt für die Mitarbeiter der Stiftung der Aufwand bei den Projektausschreibungen und in weiterer Folge bei der fachlichen Begleitung der Bauprojekte“, schildert Harfmann.
Wenn es um Tierschutz geht, muss die Baustelle ...
Wenn es um Tierschutz geht, muss die Baustelle warten: das Storchennest in Großlasseln, das zum Bauverzug führte. Foto: Stefan Bichler
Umso erfreulicher ist der Umstand, dass die Vorhaben bisher alle zeitgerecht umgesetzt werden konnten. Die einzige Ausnahme stellt Großlasseln dar, wo im vergangenen Jahr aus Tierschutzgründen das Abziehen einer Storchenfamilie im August abgewartet werden musste. Eine Verzögerung, die – verglichen mit den kriegsbedingten Verspätungen – gewiss gern in Kauf genommen werden kann.

Stefan Bichler

Schlagwörter: Kirchenburgen, Stiftung, Kulturerbe, Denkmalpflege, Tierschutz

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