30. Juni 2022

Bischof Reinhart Guib: "Sucht Eure Wurzeln in und aus dem heimatlichen Siebenbürgen"

Bischof Reinhart Guib überbrachte bei der Festkundgebung des Heimattages der Siebenbürger Sachsen am 5. Juni den Pfingstgruß der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien, die mit fünf Kirchenbezirken, acht Gemeindeverbänden, 234 Gemeinden und 10.842 evangelischen Seelen nicht mehr groß ist. Doch Gottes Kraft sei in den Schwachen mächtig, und deshalb ermunterte Bischof Reinhart Guib seine Landsleute, ihre Wurzeln weiterhin zu suchen „in und aus dem heimatlichen Siebenbürgen, über dem die Verheißung des Landes des Segens steht. Lasst euch von Gottes Geist anrühren und auch wieder den Weg finden zu dem Klein- und Weniggewordenen, dahin, wo Gottes Kraft und Gnade mächtig werden will.“ Der Pfingstgruß des Bischofs vor der Schranne in Dinkelsbühl wird im Folgenden im Wortlaut wiedergegeben (siehe auch Beilage „Kirche und Heimat“, Siebenbürgische Zeitung, Folge 11 vom 5. Juli 2022, Seite 11).
Bischof Reinhart Guib übermittelte den ...
Bischof Reinhart Guib übermittelte den Pfingstgruß der Heimatkirche vor der Schranne in Dinkelsbühl. Foto: Lukas Geddert
"Es soll nicht durch Heer oder Kraft, sondern durch meinen Geist geschehen, spricht der HERR Zebaoth." (Sacharja 4,6)

Hohe Ehrengäste, werte Gäste und Freunde von nah und fern, läf Såxen, liebe Schwestern und Brüder!

Im Namen der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien danke ich von Herzen für die Einladung zum diesjährigen Heimattag, der ein ganz besonderer ist, weil wir wieder dem Hans und der Enno ins Angesicht sehen können. Ich überbringe Euch hiermit die herzlichen Grüße aus Siebenbürgen und Rumänien von unserer Kirchenleitung, den fünf Kirchenbezirken, acht Gemeindeverbänden, 234 Gemeinden und 10.842 evangelischen Seelen.

Das ist nicht mehr viel. Aber wir bauen ja nun seit über 75 Jahren nicht mehr auf Heer und Kraft, wir vertrauen auf Gottes Geist und Kraft, wie es der Spruch für das Pfingstfest ausspricht. Heer und Kraft ist unser menschlicher Weg. Auf diesen Irr- und Abweg verfallen Herrscher auch heute, wie wir am Beispiel Russlands leider bitter erfahren müssen. Aber selbst das Volk Gottes, Israel wollte, allerdings vor 2.500 Jahren, die vergangene goldene Zeit wiederherstellen und an vergangene Größe und Glanz anknüpfen. Aber Gottes Weg, sagt uns die Bibel, ist ein anderer.

Was bei Gott zählt, sind nicht die Macht, die andere klein macht, und die Liebe zur Macht, der einige verfallen. Bei Gott zählt die Macht, die den Kleinen, den Wenigen, denen, die ihn brauchen, Aufmerksamkeit schenkt, sie hervorhebt und wertschätzt. Es zählt die Macht der Liebe, nicht die Liebe zur Macht. Die Wurzeln unseres Lebens liegen in der Liebe. Dank ihrer wurden wir geboren, getragen und begleitet durchs Leben, und sie ist es, die unser Leben lebenswert macht.

Vor 75 Jahren wurde das Hilfskomitee der evangelischen Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben im Diakonischen Werk der EKD in München gegründet, um das Liebeswerk an den eigenen Glaubensgenossen wahrzunehmen, getreu der Aufforderung, vor allem den eigenen Glaubensgeschwistern Gutes zu tun. Zunächst an denen, die sich durch die Kriegs- und Nachkriegsereignisse in Deutschland befanden und nicht mehr in die alte Heimat zurückkehren durften. Es sollte sie bei ihrer Eingliederung in die bundesdeutsche Gesellschaft und Evangelische Kirche diakonisch und seelsorgerlich begleiten und unterstützen. Später wendete sich das „Hiko“ auch den in Siebenbürgen verbliebenen Schwestern und Brüdern zu; es unterstützt und stärkt uns bis heute personell und finanziell, geistig und geistlich. Dafür sage ich hier herzlichen Dank. Gott vergelt‘s Euch.

Wir leiden oft an unserer kleinen Zahl, an unserer Schwachheit. Aber Gottes Kraft, so dürfen wir immer wieder erfahren, ist in den Schwachen mächtig! Wenn ich heute um mich sehe, stelle ich fest, dass der Geist Gottes schon wirkt und wir viel mehr sind als die 10.800 in Rumänien, und er uns viel stärker und geschlossener machen kann, wenn wir es nur wollen.

Vom Geist Gottes zusammengerufen und von ihm gestärkt, können wir weit mehr als 50 Gottesdienste in ganz Siebenbürgen jeden Sonntag feiern, weit mehr als jetzt fünf Altenheime erhalten, weit mehr als 14 Kirchenburgen renovieren, weit mehr als nur einige Kleinstgemeinden wieder beleben, weit mehr als 500.000 Besucher im Jahr empfangen, weit mehr als zehn Heimattreffen im Sommer organisieren. Lasst uns unser evangelisches Sachsentum und unser Mitbürgersein im Hause Europas gerne feiern und zelebrieren in Dinkelsbühl! Aber vergessen wir nicht die Wurzeln zu suchen, in und aus dem heimatlichen Siebenbürgen, über dem die Verheißung des Landes des Segens steht. Lasst Euch von Gottes Geist anrühren und auch wieder den Weg finden zu dem Klein- und Weniggewordenen, dahin wo Gottes Kraft und Gnade mächtig werden will. Wir erwarten Euch vom 23. Juli bis 15. August beim Siebenbürgischen Kultursommer in der vertrauten Heimat. Gott erhalte Euch und gebe uns und unserer Welt seinen Frieden. Gesejent Pfoastdauch Ech ållen. Amen.

Schlagwörter: Heimattag 2022, Bischof, Reinhart Guib, Hilfskomitee, EKD

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