„Bayern wäre ganz schön arm ohne euch“/CSU-Empfang für Aussiedler und Vertriebene im Bayerischen Landtag
Einen Empfang für Aussiedler und Vertriebene unter dem Leitwort „80 Jahre Flucht, Vertreibung, Deportation: Erinnerung – Gegenwart – Zukunft“ gab die CSU-Landtagsfraktion am 18. Februar in München. Deren Vorsitzender Klaus Holetschek, MdL, konnte neben vielen Vertretern der Aussiedler- und Vertriebenenverbände zahlreiche bayerische Staatsminister, Staatssekretäre und andere Gäste aus der Politik im Maximilianeum begrüßen, allen voran den bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Markus Söder. Die Siebenbürger Sachsen waren durch den Verbandsvorsitzenden Rainer Lehni, seinen Stellvertreter Werner Kloos, den bayerischen Landesvorsitzenden Manfred Binder, die Ehrenvorsitzenden des Verbandes Herta Daniel und Dr. Bernd Fabritius, Kerstin Arz, Leiterin, und Harry Lutsch, Vorsitzender des Kulturwerks der Siebenbürger Sachsen, sowie die stellvertretende Münchner Kreisvorsitzende Martina Schorsten bestens vertreten.
CSU-Empfang in München mit vielen hochkarätigen Gästen, von links: Thomas Şindilariu, Josef Zellmeier, Steffen Hörtler, Klaus Holetschek, Dr. Bernd Fabritius, Dr. Petra Loibl, Dr. Markus Söder, Bernard Gaida, Norbert Kapeller, Martin Schöffel, Ulrike Scharf, Eric Beißwenger. Foto: CSU-Fraktion im Bayerischen LandtagIn seiner Begrüßung lobte Klaus Holetschek ausdrücklich die Leistungen der Aussiedler und Vertriebenen für das Land Bayern – sie hätten angepackt, sich eingebracht und aufgebaut und das europäische Tor mit der Charta der deutschen Heimatvertriebenen weit aufgestoßen. Diese Leistungen, für die er sich bedankte, seien von unschätzbarem Wert. „Der Freistaat ist an Ihrer Seite, wir wollen mit Ihnen in eine gemeinsame gute Zukunft“, so der CSU-Landtagsfraktionsvorsitzende.
Markus Söder sprach ein Grußwort. Foto: VLÖ
Dr. Markus Söder sprach in seinem Grußwort von der Verpflichtung des Staates, die Geschichte nicht zu vergessen. Er unterstrich die unglaubliche menschliche Leistung der Aussiedler und Vertriebenen, das eigene Schicksal zu nutzen, um einen neuen Weg zu beschreiten – dies sei eine einzigartige Erfolgsgeschichte. Wichtig sei, einander unterzuhaken, denn: „Wir sind alle Europäer und haben so viel gemeinsam: Kulturraum, Werte, Identität, Sprache“. Söder betonte die vielfältige institutionelle Förderung der Aussiedler und Vertriebenen durch den Freistaat Bayern, die in scharfem Gegensatz zur Bundespolitik stehe, und bemängelte, „dass Deutschland sein eigenes Erbe so wenig wertschätzt“. Dr. Bernd Fabritius, BdV-Präsident und von 2018 bis 2022 Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, sprach er direkt an; er wolle ihn wieder in diesem Amt sehen, das er mit großer Geschmeidigkeit und Leidenschaft ausgeübt habe. Einige Anekdoten von Aussiedler- und Vertriebenentreffen, die er seit Jahrzehnten immer wieder besucht, gab der Ministerpräsident zum Besten und outete sich zum wiederholten Mal als Mici-Fan. Bei allen Treffen falle ihm das Familiäre auf, spüre er Optimismus, Lebensfreude und Gemeinschaft. „Bayern wäre ganz schön arm ohne euch“, rief er dem Publikum zu. „Macht weiter so, wir brauchen euch.“
In der anschließenden Podiumsdiskussion stellten sich Christian Knauer, bayerischer Landesvorsitzender im Bund der Vertriebenen (BdV), Norbert K. Kapeller, Präsident des Verbandes der deutschen altösterreichischen Landsmannschaften in Österreich (VLÖ), Steffen Hörtler, Sudetendeutsche Landsmannschaft, Stiftungsdirektor der Bildungsstätte „Der Heiligenhof“, und Thomas Şindilariu, Unterstaatssekretär im Departement für Interethnische Beziehungen der Regierung Rumäniens, den Fragen von Josef Zellmeier, MdL, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Vertriebene, Aussiedler, Partnerschaftsbeziehungen, und Dr. Petra Loibl, MdL, Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene. Das Leitwort „Erinnerung – Gegenwart – Zukunft“ gab den thematischen Rahmen vor. Steffen Hörtler teilte Erinnerungen seines Vaters an die Vertreibung („im offenen Viehwaggon ins Ungewisse“) mit dem Publikum, Christian Knauer gab einen Abriss über die Aufgaben der Landsmannschaften, die sich seit Kriegsende „erheblich verändert“ haben, Norbert Kapeller und Thomas Şindilariu sprachen über die politischen und gesellschaftlichen Bedingungen in Österreich („wir waren Transit- und nicht Aufnahmeland“) bzw. Rumänien („das Thema ist Willkür, Menschen sind keine Ware“) nach dem Zweiten Weltkrieg.Podiumsdiskussion mit (von links) Dr. Petra Loibl (Moderation), Steffen Hörtler, Norbert Kapeller, Christian Knauer, Thomas Şindilariu, Josef Zellmeier (Moderation). Foto: Doris Roth
Im zweiten Teil des Gesprächs richtete sich der Fokus auf Gegenwart und Zukunft der „Heimatvertriebenen und Heimatverbliebenen“. Steffen Hörtler erzählte mit großer Begeisterung von seiner Arbeit im „Heiligenhof“ und den vielen jungen Menschen mit Vertriebenenhintergrund, denen er dort begegnet („daraus entsteht Zukunft“), und ebenso von der Generation der 60- bis 70-Jährigen, die aktuell ihre Wurzeln entdeckt; ein Umstand, den Christian Knauer mit dem Hinweis „das Schweigen wird jetzt gebrochen“ auch erwähnt hatte. Norbert Kapeller betonte die schwierige politische Situation in Österreich, durch die die Aussiedler- und Vertriebenenarbeit behindert würde. Trotz dieser Lage halte man am Vorhaben fest, das Haus der Heimat in Wien, das durch einen Brand vor zwei Jahren teilweise zerstört worden ist, wieder aufzubauen und darin elf Landsmannschaften zu vereinen. Die Bestände sollen digitalisiert, eine Zentralbibliothek und eine virtuelle Darstellung der Geschichte geschaffen werden, um junge Menschen – auch mithilfe von KI – zu begeistern. Thomas Şindilariu brachte als Beispiel für die europäische Offenheit in Rumänien die deutschen Schulen, die mehr Schüler zählten, als die letzte Volkszählung an deutschen Muttersprachlern ergeben habe, und lobte die Bezuschussung deutscher Lehrkräfte als „deutliches Zeichen“. Ebenso sprach er von den vom rumänischen Staat gewährten Entschädigungszahlungen für Deportierte und deren Kinder, die „den Blick für die Zukunft auftun“. In Rumänien sei alles vorhanden, um einen gemeinsamen Weg zu beschreiten. Was seine Vision für die Zukunft der Vertriebenen sei, wurde Christian Knauer gefragt, der antwortete, es sei wichtig, sich nicht aus der Geschichte verdrängen zu lassen, und die „komfortablen Verhältnisse“ bzgl. Förderung in Bayern hervorhob. „Wir fühlen uns angenommen“ und „wir sind Brückenbauer“, folgerte der bayerische BdV-Vorsitzende, was Şindilariu zu der abschließenden Bemerkung veranlasste: „Die Brücken sind da, mögen wir für gehörig Verkehr darauf sorgen.“
In ihrem Schlusswort bedankte sich Ulrike Scharf, MdL, Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales, bei Petra Loibl, Josef Zellmeier und der CSU-Fraktion für die gelungene Veranstaltung sowie beim Ministerpräsidenten Markus Söder, dessen Anwesenheit ein großes Zeichen gewesen sei. Die Aussiedler und Vertriebenen seien wichtige Mahner für Demokratie, Frieden, Freiheit und man müsse ihre Erinnerungen an Mundart, Rezepte, Bräuche, Musik, Traditionen wachhalten. „Ihre Liebe zur Heimat ist spürbar, das tut in diesen Tagen besonders gut“, so die Ministerin. Sie erinnerte sich an ihre Reise nach Rumänien im vergangenen Herbst, das Interesse und die Offenheit, denen sie dort begegnet sei, und sprach in diesem Zusammenhang von den Aussiedlern als „bedeutenden Architekten für die guten Beziehungen der Menschen in Europa“. Schicksal und Leistung der Vertriebenen wachhalten, das sei der Auftrag an jedem Tag. „Bayern steht fest an Ihrer Seite“, versprach Ulrike Scharf.Von links: Rainer Lehni, Mihaia-Mălina Diculescu-Blebea, Brunhilde Reitmeier-Zwick, Ulrike Scharf, Dr. Petra Loibl, Peter-Dietmar Leber, Thomas Şindilariu. Foto: privat
Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung durch die „Original Banater Dorfmusikanten“. Beim anschließenden Empfang im Steinernen Saal stand Helena Goldt, Sängerin mit russlanddeutschen Wurzeln, auf der Bühne und untermalte mit ihren modernen Volksliedinterpretationen die vielfältigen Begegnungen und Gespräche.
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