19. April 2010

Hilfsverein „Johannes Honterus“ e.V. feiert 50-jähriges Jubiläum am 9. Mai in Gundelsheim

Der Hilfsverein „Johannes Honterus“ e. V. wirkt bereits seit einem halben Jahrhundert. Das 50-jährige Jubiläum wird am 9. Mai mit einer Festveranstaltung in der Deutschmeisterhalle in Gundelsheim feierlich begangen. Die Festansprache hält der Innenminister von Baden-Württemberg, Heribert Rech, MdL.
Wann und wie ist der Verein entstanden? Nach Krieg und Diktatur brauchen die Flüchtlinge ein Dach über dem Kopf. Die Landsmannschaft ruft zur Einrichtung von Altenheimen auf, fünf werden gegründet. In Baden-Württemberg begeistert der Journalist Oskar Krämer 25 Frau­en und Männer für diese Aufgabe. Sie gründen den Hilfsverein und kaufen Schloss Horneck. Geld haben sie keines, aber zum Schloss gehören Wälder, ein Steinbruch, Villen und sogar ein Hotel. Dafür gibt es Kaufinteressenten, für die das Schloss nur ein Klotz am Bein ist. Unsere Sachsen brauchen aber das Schloss mit seinen vielen schönen Zimmern. Also verkaufen sie das „Drumherum“ und finanzieren damit nicht nur das Schloss, sondern auch seine Renovierung. Am 9. Mai 1960 wird schließlich der Hilfsverein als „Träger“ des Heimathauses gegründet.

Der Verein braucht einen Namen. „Johannes Honterus“ wird vorgeschlagen. Der hatte vor 400 Jahren die erste Landkarte Siebenbürgens in Deutschland und sein Reformationsbüchlein in Kronstadt gedruckt. Luther persönlich ermunterte in einem Brief den Pfarrer Matthias Ramser, die Reformation auch in Hermannstadt mit diesem Buch einzuführen: „Alles was du mich fragst, findest du in diesem Büchlein besser, als ich es dir schreiben kann“, übersetzte Friedrich Teutsch aus dem Lateinischen. Mit einem Handbuch des bürgerlichen Rechts, mit einer Kirchen- und Schulordnung schaffte Honterus eine wichtige Grundlage für die soziale und kulturelle Entwicklung Siebenbürgens und zeigte einen neuen, gangbaren Weg in schweren Zeiten. So ist der passende Name gefunden. Die Gründer unter Oskar Krämer und die nachfolgenden Vorstände unter Dr. Richard Weindel, Artur Zink, Dr. Erich Phleps, Richard Langer, Dr. Christian Phleps und Berndt Schütz ehren damit den großen humanistischen Gelehrten und Reformator, denn wie Honterus ist ihr Verein sozial und kulturell engagiert und ebenso in Siebenbürgen wie in Deutschland verwurzelt.

Das renovierte Schloss wird 1961 feierlich als „Heimathaus Siebenbürgen“ eingeweiht. Die Entwicklung geht weiter. Im Lauf der Jahre kommt eine Pflegestation hinzu, die zum modernen Pflegeheim „Christian Phleps“ ausgebaut wird. 110 Bewohner fasst der Komplex von Schloss, Süd-, Mittel- und Westbau heute.
Vertraute Menschen: Siebenbürgerinnen spielen ...
Vertraute Menschen: Siebenbürgerinnen spielen Kanasta auf der Veranda des Heimathauses Siebenbürgen auf Schloss Horneck in Gundelsheim. Foto: Konstantin Klein
Der Verein hat sich auch die Pflege des siebenbürgischen Kulturguts in die Satzung geschrieben. Kostenlos stellt er Räume im Schloss für kulturelle Organisationen der Siebenbürger Sachsen zur Verfügung. So kann sich aus privaten Sammlungen, wie der von Lore Connerth-Seraphin, das renommierte „Siebenbürgische Museum“ entwickeln. Es ist inzwischen ein gefragter Partner großer deutscher und europäischer Museen. Die Siebenbürgische Bibliothek ist die größte Transylvanica-Sammlung außerhalb Siebenbürgens und westlich von Budapest. Die Bibliothek mit ihrem Archiv ist das Kernstück des Siebenbürgen-Instituts an der Universität Heidelberg. Zwei Zeitschriften und meh­- rere Buchreihen werden hier herausgegeben, Tagungen organisiert und wissenschaftlicher Nachwuchs gefördert.

Die Jahre vergehen, der Eiserne Vorhang reißt auf, aber sowohl dem Hilfsverein als auch dem Heimathaus gehen die Aufgaben nicht aus. Das Ziel ist vorgegeben: „Die gebotene Qualität soll schneller wachsen, als die Ansprüche der Bewohner!“ – Der Koch richtet persönlich die Mahlzeiten im Speisesaal an: „Wünschen Sie noch ein wenig Fleisch, ein wenig Gemüse oder Soße?“ Kaffee und Kuchen gibt es im Winter auf der sonnigen Veranda, im Sommer unter den schattigen Sonnenschirmen der großen Aussichtsterrasse. Mittwochs backen die Bewohnerinnen selbst. Köstlichkeiten nach alten Rezepten duften aus dem Backofen, und Hanklich gibt es so gut wie immer.

Auch kulturell wird Hochwertiges geboten. Das Neckar-Musikfestival bringt hervorragende Solisten in den stimmungsvoll beleuchteten Fest­saal. Zahlendes Publikum reist zum Teil von weit her an, die Schlossbewohner haben kostenlosen Eintritt und nutzen dieses Angebot gerne. Eher derb geht es im sommerlichen Schlossgraben zu. „Jörg der Steinmetz“ und „Oliver Twist“, werden hier mit Leidenschaft von Gundelsheimer Laiendarstellern zum Leben erweckt. 2009 kommt „Die Farm der Tiere“ von George Orwell zur Aufführung. Die Vorstellungen sind so gut wie ausgebucht, für die „Schlossherren“ gibt es trotzdem noch eine Sondervorstellung am frühen Abend.

Der gesamte Vorstand des Vereins ist ehrenamtlich tätig und braucht daher keine Presseberichte über Bonuszahlungen zu fürchten. Das Schloss ist gekauft (wenn auch nicht abbezahlt), das moderne Pflegeheim ist gebaut, qualifiziertes Personal pflegt die Bewohner. Es gibt gleichwohl auch heute noch eine ganze Menge für den Verein und seine Leitung zu tun. Die sechzehn Mitglieder des Vorstands treffen sich in der Regel drei Mal jährlich im kleinen Sitzungssaal zur Vorstandssitzung. Die vier geschäftsführenden Vorstände und die Heimleitung beraten je nach Bedarf in Arbeitssitzungen. Die Leiterin der Geschäftsstelle verteilt dabei die vorbereiteten Berichte und Protokolle.

Die letzten Tariferhöhungen müssen in den Pflegesätzen umgesetzt werden. Dabei wollen wir die Qualität steigern, aber unsere Landsleute möglichst wenig belasten. Die Diakonie steht uns beratend bei, und wir schaffen es wieder, durch Verhandlungen mit den Pflegekassen unsere Kostensätzen niedriger zu halten als die Konkurrenz. Die Pflegekassen übernehmen je nach Pflegestufe 1023-1470 €. Der Eigenanteil der Heimbewohner, der pro Monat zu zahlen ist, liegt zwischen 1267 und 1874 €. Diesen Anteil übernimmt das Sozialamt teilweise oder ganz, wenn die Voraussetzungen dafür gegeben sind. Beim Stellen der Anträge und Ausfüllen der For­mulare helfen die Leiterin der Geschäftsstelle und die Sozialbetreuerin im Heim. Auf der Internetseite www.heimathaus-siebenbuergen.de ist die neue Kostenübersicht eingestellt.
Vertraute Kultur: Lesesaal der Siebenbürgischen ...
Vertraute Kultur: Lesesaal der Siebenbürgischen Bibliothek. Foto: Jutta Fabritius
Im Vorfeld der Beurteilung durch den Medizinischen Dienst befragen Vorstandsmitglieder die Heimbewohnern nach ihren Wünschen und Sorgen. Sämtliche Mitarbeiter werden vom Vorstand persönlich angesprochen und um Verbesserungsvorschläge gebeten. Die Ergebnisse wer­den mit der Heimleitung besprochen und von dieser umgesetzt. Das Ergebnis ist die Bewertungsnote „sehr gut“ vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK).

Wie der für das Bauwesen zuständige Vorstand berichten kann, stellt die Feuerwehr neue Forderungen. Eine Fluchttür aus dem Festsaal haben wir hinter einem barocken Spiegel gebrochen. Eine Glastüre und zusätzliche Feuermelder schützen die Menschen in Bibliothek und Sitzungssaal. Das kostet Geld! Die Schwester-Ruf­anlage ist noch nicht alt, aber es gibt keine Ersatzteile. Eine neue muss her. Unsere Öl-Heizung ist modern und sparsam. Der Vorschlag, mit Pellets zu heizen, ist unwirtschaftlich. Die Investitionskosten können in der Restlaufzeit nicht eingespart werden. Über Änderungen ist in 16 bis 20 Jahren zu entscheiden. Dann muss die Heizung erneuert werden. Dafür müssen wir Rücklagen bilden.

Viel Wärme geht durch die hohen, alten Fenster verloren. Günstige Kunststoff-Isolierfenster verbietet der Denkmalschutz. Ein gebautes Holz-Isolierfenster kostet ca. 2000 Euro. Der Denkmalschutz beteiligt sich nicht. Der Vorstand beschließt eine Spendenaktion zu starten, entwirft das Spendenblatt „Ein Fenster für die Zukunft“ und lässt es drucken. Hoffentlich bringt das genügend Geld für viele neue Fenster!

Bibliothek und Museum entwickeln sich erfreulich. Für wertvolle Sammlungen brauchen sie Räume. Der Hilfsverein nimmt diese Wünsche sehr ernst, denn zu seinen Aufgaben gehört die – unmittelbare und mittelbare – Pflege des siebenbürgisch-sächsischen Kulturgutes und Brauchtums. Das Schloss ist groß, aber geeignete Räume gibt es kaum noch. Ein Statiker wird beauftragt zu prüfen, wo die Sammlungen sicher lagern können.

Der Vorstand prüft sehr genau, ob die Mitgliedsbeiträge und Spenden satzungsgemäß aus­gegeben werden. Ein Grund, stolz zu sein, ist unsere Mitgliederzahl, die von den 26 Gründungsmitgliedern auf heute 607 angewachsen ist. Und doch sollten sich noch viel mehr Landsleute im Hilfsverein einbringen. Der Vorstand beschließt, auch in dieser Zeitung zu werben:

Liebe Leserin und lieber Leser, bei uns können Sie mit einem geringen Jahresbeitrag sowohl die Menschen als auch die Kultur, die Sie geprägt haben, fördern und erhalten. Wir Siebenbürger Sachsen haben es geschafft, über Jahrhunderte zwischen anderen Völkern zu leben, mit ihnen eng zusammen zu arbeiten und trotzdem unsere Werte, unsere Kultur zu bewahren. Dieses Vorbild für das künftige Zusammenleben im vereinten Europa pflegen und erhalten wir im Heimathaus Siebenbürgen, der „Sachsenburg am Neckar“. Helfen Sie uns dabei! Weitere Informationen erhalten Sie bei unserer Geschäftsstelle unter Telefon: (07 11) 2 62 33 44. Frau Corinna Krauss gibt gerne Antwort auf alle Fragen.

Der Hilfsverein soll noch viele Jahre satzungs­gemäß „hilfsbedürftigen Personen, vor allem unter den evangelischen Siebenbürger Sachsen, in ihrer allgemeinen Notlage helfen“, besonders denen, die im Alter nicht mehr alleine zurecht kommen und Unterstützung brauchen.

Übrigens, auch die Gundelsheimer Stadtführer werden für uns Werbung machen. Die haben großes Interesse am gruseligen Felsenkeller unterm Schloss, der im Krieg als Luftschutzbun­ker genutzt wurde. Der Vorstand erlaubt dessen Nutzung und schlägt die Ausstattung mit Weinfässern sowie Kostproben der schlossnahen Weinlage „Himmelreich“ vor. Große Schautafeln zeigen dabei den Besuchern die Besonderheiten des Weinbaus am Neckar und an der Kokel und machen auch für „Weinzähne“ den Besuch des Siebenbürgischen Museums interessant.

Die größte Werbeaktion wird aber die Jubiläumsfeier des Hilfsvereins am 9. Mai sein. Dafür legt der Vorstand Sondersitzungen ein, recherchiert in Bibliothek und Archiv, sichtet Bilder, entwirft Einladungskarten und redigiert eine Festschrift. Die Festansprache wird der Innenminister von Baden-Württemberg, Heribert Rech, MdL, halten (siehe Festprogramm unten). Die Siebenbürgische Blasmusik Stuttgart, der Chor und die Tanzgruppe aus Heilbronn werden mitmachen. Auch Sie, liebe Leserin, lieber Leser, sind herzlich zu unserer Feier eingeladen!

Berndt Schütz, Erster Vorsitzender

Schlagwörter: Gundelsheim, Jubiläum, Horneck, Hilfsverein

Bewerten:

7 Bewertungen: ++

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.