26. Juli 2004

Kultur- und Frauenreferentinnen tagten in Nürnberg

Die gemeinsame Arbeitstagung der Kulturreferenten/innen und Frauenreferentinnen der Landesgruppe Bayern fand diesmal, auf einen Tag verkürzt, am 3. Juli im „Haus der Heimat“ zu Nürnberg statt. Unter der Tagungsleitung von Rosel Potoradi und Christa Wandschneider, Kulturreferentin bzw. Frauenreferentin der Landesgruppe Bayern, absolvierten dreiundzwanzig Damen und drei Herren ein thematisch vielfältiges Programm.
Als die Teilnehmerinnen pünktlich vor 10 Uhr die bestens ausgestattete Tagungsstätte mitten im Grünen in Nürnberg-Langwasser betraten, waren sie bald mitten drin im Geschehen. Eine besondere Aura empfing uns, die sechsundzwanzig Frauenreferetinnen und Kulturreferenten der Kreisgruppen in Bayern, die sich hier ein Stelldichein gaben. Und das nicht nur bedingt durch die Herzlichkeit, mit der uns das organisatorische Team während des achtstündigen Aufenthalts betreute. Bei einer Führung durch das Haus, welche die Geschäftsleiterin, Seele und Motor des Hauses, Doris Hutter, vornahm, wurde uns klar: Dies ist eine Oase, eine multikulturelle Begegnungsstätte, in der Landsmannschaften unterschiedlicher Herkunft, Banater Schwaben, Deutsche aus Russland, Oberschlesier, Ost- und Westpreußen, Sathmarer Schwaben und eben auch Siebenbürger Sachsen, zur Pflege des Brauchtums, zum Austausch der Nöte und Sorgen, zur Vernetzung der Freundschaften ein Zuhause gefunden haben. In den beiden Büros der Geschäftsleitung wurde nochmals die integrative Zusammenarbeit aller deutlich. Gezeigt wurden die hellen Räume der einzelnen Landsmannschaften, die in den eigenen vier Wänden die Möglichkeit haben, die hierher versetzte Heimat in Tanz, Gesang, Literatur, Kunst und Sprache fortleben zu lassen. Ein Appell an alle NürnbergerInnen, die dieses Haus, das schon bei der Planung wegen unbegründeter Furcht vor den „Fremden“ umstritten war, noch nicht gesehen haben: Geht mal hin, lasst euch überraschen und macht mit!



Die Teilnehmer an der Frauen- und Kulturreferententagung im Haus der Heimat in Nürnberg. Foto: Annemarie Wagner
Die Teilnehmer an der Frauen- und Kulturreferententagung im Haus der Heimat in Nürnberg. Foto: Annemarie Wagner


Unter der Tagungsleitung von Rosel Potoradi und Christa Wandschneider, Kulturreferentin bzw. Frauenreferentin der Landesgruppe Bayern, machten sich die dreiundzwanzig Damen und drei (!) Herren an die thematisch reich bestückte Arbeit. In einem umfangreichen Referat „Viel Spaß in der Seniorentanzgruppe“ verdeutlichte Rosel Potoradi ihre Tätigkeit anhand von vielen praktischen Beispielen, wobei auch die Anwesenden aufgefordert wurden, ihre Erfahrungen einzubringen. Über kulturelle Belange wurde aus Augsburg und Ebersberg berichtet. Zum Schluss ihrer Ausführungen gab Landeskulturreferentin Rosel Potoradi bekannt, dass sie nach achtjähriger Tätigkeit ihre Aufgabe Jüngeren überlassen werde. Mit etwas Wehmut in der Stimme dankte sie für die Laudatio, die ihr überreichten Blumen und den Applaus.

Nach einem genussvollen Mittagessen mit siebenbürgischer Bratwurst und Sauerkraut, von Misch Orend und Doris Hutter sowie den Nürnberger Helferinnen (Annemarie Puscher, Annemarie Wagner, Maria Werner und Roswitha Flurer) bestens zubereitet, folgte die eingangs erwähnte Führung durch das Haus.

Die Frauenreferentin der Landesgruppe Bayern und Vorsitzende der HOG Großpold, Christa Wandschneider, wirkt aktiv an vielen kulturellen Veranstaltungen mit und ist Ansprechpartnerin, wenn es um Belange der siebenbürgischen Frauen geht. In ihrem fundierten Beitrag „Die Rolle der Frau am Beispiel der Kreisgruppe München“ zeigte sie zunächst auf, wie Siebenbürgerinnen nach dem zweiten Weltkrieg unter schwierigsten Bedingungen Söhne und Männer betreuten, die in alliierten Gefängnissen oder Lagern Polens, Russlands oder sonstwo in fremden Landen festsaßen. Die Ausarbeitung des Referates war für Frau Wandschneider insofern mühevoll, als sie keine zeitlich geordneten Chroniken erforschen konnte, sondern Kleinberichte einzeln zusammentragen musste. Wichtige geschichtliche Daten lieferte Otto Deppner, ehemaliger Vorsitzender der Kreisgruppe München, der gerade eine Chronik der Kreisgruppe erstellt. Vielen Dank im Voraus.

Frauen wie Gertrud Groß, Emmi Knall, Annemarie Schiel, Charlotte Lukas, Erika Merten, Regine Gross, Elfriede Rampelt, Rosi Roth, Dr. Ortrud Scola, Dr. Gerda Bretz-Schwarzenbacher prägten die Geschichte des Frauenkreises München. Die Liste der Frauen, an die zu selten erinnert wird, ist jedoch viel länger. Lebendig und bildhaft zog die zweite Hälfte des vergangenen Jahrhunderts an unseren Augen vorüber. Geschickt baute die Referentin eine kleine Chronik der Ansiedlung der Siebenbürger Sachsen in Deutschland in ihren Vortrag ein und entlockte uns tiefen Respekt vor unseren Vorfahren, Großmüttern und Müttern.

In dem Referat „Jugendarbeit: Abholen und Unterstützen“ von Doris Hutter, Geschäftsleiterin des Hauses der Heimat und Stellvertretende Bundesvorsitzende der Landsmannschaft, klang einiges mit von ihrer Begeisterung, mit der sie Dinge anpackt. Sie lebt nach der Devise: Nicht verzagen, sondern wagen! So stellt Doris Hutter viele gelungene Veranstaltungen auf die Beine, an der die Jugend zwar teilnimmt, jedoch stets aufs Neue motiviert und überredet werden muss. Wichtig sei, dass man ihnen Vorbild sei und andere Vorbilder vor Augen setze, die ihren Ehrgeiz wecken. Zudem sollte man sie direkt – nicht über die Eltern – ansprechen. Diese und andere Gedanken macht sich die Regisseurin, Sketchautorin, Geschäftsfrau und Mutter und hat damit offenbar Erfolg. So auch bei unserer Tagung, als plötzlich Tisch- und Stühlerücken angesagt war und ihre Jugend-Theatergruppe erschien. Der Nachwuchs bot ein heiteres Viertelstündchen mit dem Einakter „Wo wird rasiert?“, geschrieben von Doris Hutter, wobei Anekdoten aus Alt-Siebenbürgen in die Handlung eingeflochten sind.

Nach den erwähnten Beiträgen, die viele Anwesenden anregten, sich mit eigenen Berichten und Themenvorschlägen aus ihrer Region zu Wort zu melden, reichte die Zeit leider nicht mehr. In den kurzen Beiträgen berichteten die Verantwortlichen, wie schwierig es sei, vor allem ältere Menschen dazu zu bewegen, aktiv am Gemeinschaftsleben teilzunehmen. Einfühlungsvermögen und Überzeugungskraft seien nötig, um Programme auch für Alte, Kranke oder Gehbehinderte zu bieten, und zwar in Begegnungsstätten, die sie auch erreichen könnten. Etwas leichter sei es, die Jugend zu animieren. Mit entsprechendem Einsatz könnten unsere altehrwürdigen Traditionen fortgeführt werden.

In Nürnberg waren mehr als zwanzig Frauenreferentinnen anwesend, aber nur die Kreisgruppen München, Nürnberg, Augsburg und Ebersberg waren durch ihre Kulturreferenten vertreten. Es besteht die Hoffnung, dass dieses Ungleichgewicht in den nächsten Jahren behoben werden kann. Rundherum war es eine sehr gelungene Tagung, die aber auch deutlich machte, dass mehr Zeit für den Erfahrungsaustausch angesetzt werden müsste. Die Frage der Tagungsdauer sollte neu gesichtet werden.

Auch wenn die Tagung aus pekuniären Gründen von zwei auf einen Tag gekürzt wurde, wäre es durch Eigenbeteiligung oder Bereitstellung von Privatquartieren möglich, dem Abhilfe zu schaffen. Die Fülle der Geschehnisse, die Wichtigkeit des Austausches, des Kennenlernens und, last but not least, eine kurze Stadtführung zum besseren Verständnis des Umfeldes derjenigen, die keine Mühe und Zeit scheuen, ihre Gäste würdig zu empfangen, darüber sollte nachgedacht werden. Das ist auch Kultur.

Ein Extradank geht an Ilse Hommen von der Landesgeschäftsstelle in München, die letztendlich alle Fäden zog und zieht. Sie war auch in Nürnberg den ganzen Tag nicht nur anwesend, sondern schrieb, rechnete und arbeitete laufend mit. Wer genau hinsah, merkte – obwohl still und zurückhaltend, um andere zu Wort kommen zu lassen –, dass ihr kein Wort entging, ihr Protokoll sicherlich umfangreich ausfallen wird und nicht ausgesprochene Wünsche in Erfüllung gehen werden.

Antje Krauss-Berberich

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