6. September 2004

Lesenswerte Beiträge zur Zeit- und Kulturgeschichte

Im zweiten Heft des 53. Jahrgangs (2004) der Südostdeutschen Vierteljahresblätter, die im Auftrag des Instituts für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas von Hans Bergel und Johann Adam Stupp herausgegeben werden, nehmen Essays, Gedichte, Erinnerungen und eine ganze Reihe historischer und kulturgeschichtlicher Beiträge einen großen Raum ein.
In einem sehr lesenswerten Essay, "Sprachdesaster und Identitätsfalle" betitelt, spricht der in Berlin wohnhafte, 1953 im Banat geborene Schriftsteller Richard Wagner eine Vielfalt von Fragen an, im Zusammenhang mit der Zugehörigkeit, der Identität und der Sprache der deutschen Schriftsteller aus Rumänien, die "zwar ein Leben im Ausland hinter sich" haben, die sich aber auf die "Sprache der Einheimischen" auch als die ihrige berufen.

Aus Anlass der am 1. Mai diesen Jahres erfolgten Osterweiterung der EU warnt der bekannte Schriftsteller und Publizist Hans Bergel vor der „Hysterie und den Perversitäten“ der im Westen grassierenden Wohlstandsmentalität und plädiert für eine europaweite Rückbesinnung auf "Positionen wie Arbeit, Fleiß, Enthaltsamkeit, Leistung, Disziplin, Anstand".

Mit Gedichten sind die Bukarester Literaturwissenschaftlerin Ioana Craciun-Fischer und der Suhrkamp-Autor Franz Hodjak vertreten. Aufschlussreiche Details enthalten die literaturgeschichtlichen Darstellungen von George Gutu (Bukarest) über die Biographie und das Werk von Moses Rosenkranz (1904-2003), der 2004 hundert Jahre alt geworden wäre (dessen Witwe Doris Rosenkranz hat für dieses Heft nachgelassene Gedichte zur Verfügung gestellt) bzw. von Monica Wikete (Budapest) über Oscar Walter Ciseks (1897-1966) Beziehungen zu Goethe, Ciseks Vorbild und Idol.

"Vom Aufbruch in die Moderne zur Avantgarde in der bildenden Kunst der Siebenbürger Sachsen" ist der Titel einer gut dokumentierten Studie der Hermannstädter Kunsthistorikerin Gudrun-Liane Ittu.

Mit der Geschichte der Deutschen aus Südosteuropa, speziell der Siebenbürger Sachsen in der Zeit des Zweiten Weltkrieges, setzen sich mehrere Beiträge auseinander. Der junge rumänische Historiker Paul Georgescu untersucht in seiner Studie, die als Vorarbeit für seine Dissertation gedacht ist, "Rekrutierung und Militärdienst von der Waffen-SS angehörenden Deutschen aus Rumänen" und liefert zu diesem Forschungsproblem neue Fakten. Aus den Kriegserinnerungen von Rudolf Binder (geb. 1921), die dessen Einsatz in Karelien am Polarkreis festhalten, wählte Hans Bergel einige lesenswerte Fragmente aus. Nicht minder interessant sind die im Grenzbereich zwischen Erlebnisbericht und literarischer Fiktion angesiedelten, auch sprachlich und künstlerisch überzeugend wirkenden Erinnerungen von Erwin Amlacher.

Ein Rückblick auf "150 Jahre Siebenbürgischer Verein für Naturwissenschaften zu Hermannstadt" von Uwe Grün und eine Information von Halrun Reinholz über das Literaturprojekt 2004 der Stadt Augsburg, das auch südostdeutsche Themen mit einschließt, runden den Inhalt dieses Heftes ab.

Der Chronikteil enthält zahlreiche Nachrichten über Geschichte, Kunst und Literatur der Deutschen aus Südosteuropa. Eine Reihe gehaltvoller Rezensionen zu Neuerscheinungen beschließen das Heft.

Die Südostdeutschen Vierteljahresblätter können bei Acxiom, Semmelweisstraße 8, D-82152 Planegg, Telefon: (0 89) 85 70 91 12, bezogen werden. Ein Einzelheft kostet 6,15 Euro, zuzüglich Versand, ein Jahresabonnement 22,50 Euro, einschließlich Porto.

Bewerten:

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.