Völgyesi ist in ­Mediasch vor allem für seine Grafiken und Gips­skulpturen bekannt, die sich thematisch überwie­gend mit seiner Heimatstadt und deren ­Persön- lichkeiten beschäftigen. Nach monatelanger Arbeit, verbrauchten 600kg Kaolin-Sand-Schamottgemisch, einigen tausend Zahnstochern, Zündhölzern, hölzernen Schaschlikspießen und chinesischen Papierservietten steht der 60-jährige Hobbykünstler nun kurz vor der Vollendung seiner Arbeit an dem 2,1 x 3 Meter großen Modell, das die Mediascher Altstadt so darstellt, wie sie unsere Väter und Großväter in den Jahren 1930 bis 1935 kannten.

Von selbst wäre er, wie Völgyesi sich anlässlich des 4. Mediascher Treffens in der Heimatstadt Mitte Juni 2011 äußerte, wohl nie auf die Idee gekommen, ein derartig großes, komplexes und für ihn als Rentner finanziell untragbares Projekt in Angriff zu nehmen. Es waren Mitglieder des Kulturvereins „Mediașul Nostru“ (Unser Mediasch), die ihn Anfang 2010 darauf ansprachen. Völgyesi nahm daraufhin die Herausforderung an. Ein entsprechender Vertrag wurde per Handschlag mit einem Vertreter des Vereins, dem Luftwaffenkommandeur in Reserve und ehemaligen ­Direktor des Mediascher Hermann-Oberth-Museums, Mircea Tiplea, abgeschlossen, ohne damals allerdings einen Ausstellungsort für das Modell festzulegen. Dies sollte zu einem späteren Zeitpunkt die Stadtverwaltung entscheiden.

Kurz darauf, im April 2010, begann Völgyesi mit den Arbeiten an seinem Stadtmodell. Um das Modell so detailgetreu wie möglich gestalten zu können, war es zu Beginn des Projekts notwendig, dafür erst einmal eine umfangreiche Dokumentation zu erarbeiten. Als Grundlage für die Positionierung der einzelnen Gebäude auf dem Modell diente Völgyesi eine axonometrische Zeichnung der Mediascher Altstadt um 1930 aus dem 2009 im Schiller Verlag erschienenen Bilderbuch „Mediasch. Ein historischer Streifzug durch die siebenbürgisch-sächsische Stadt an der Kokel“ von Hansotto Drotloff und Günther E. Schuster. Dazu kamen zahlreiche Landschaftsaufnahmen, die dem Künstler halfen, das Bodenrelief der Altstadt daraus abzuleiten, sowie das Abfotografieren der einzelnen Häuser und Bauwerke, um diese später im Modell so detailgetreu wie möglich umsetzen zu können. Aufgrund der Größe und des damit zusammenhängenden Gewichts entschloss sich Völgyesi, das Modell auf insgesamt neun einzelne Holzkonstruktionen zu je 1 x 0,70 m, die im Schnitt etwa 70kg wiegen, aufzuteilen, auch um es später einfacher an jeden beliebigen Standort in der Stadt transportieren zu können.

Unter einem improvisierten Zelt im Hof seines Hauses in der Forkeschgasse konnte er nach über einem halben Jahr Arbeit bis in den Herbst 2010 diese einzelnen Teile zu 95% fertigstellen. Im darauffolgenden harten Winter musste der Künstler die Arbeit am Modell unterbrechen und es vor der Witterung vorläufig in einem leer stehenden Laden neben dem Forkeschgässer Torturm in Sicherheit bringen. Hier war er bis vor Kurzem damit beschäftigt, die durch den Transport entstandenen Schäden wieder auszubessern. Erst nach dem Zusammenfügen der einzelnen Teile kann das Stadtmodell schließlich auch wetterfest versiegelt werden. Leider ist bis heute trotz vieler Bemühungen, inspizierender Kommissionen und Versprechungen immer noch keine Entscheidung über einen möglichen Standort gefallen. Die Zeit drängt, denn der Besitzer der Räumlichkeiten, in denen das Modell derzeit vorläufig untergebracht ist, möchte diese so bald wie möglich renovieren. Dabei wünscht sich Völgyesi nichts sehnlicher, als dass seine Arbeit den Bewohnern und Besuchern der Stadt zugänglich gemacht werden kann und somit nicht umsonst war. Es wäre schade, dieses vom historischen Gesichtspunkt interessante Modell einer siebenbürgisch-sächsischen Stadt dem Untergang preiszugeben.

Günther Schuster