22. September 2012

Gemeindetreffen in Zied

Zu einem besonderen Gottesdienst hatten die ihren Urlaub oder die Ferien in der Heimatgemeinde Zied verbringenden sächsischen Familien eingeladen. Freitag, den 10. August, 17.00 Uhr – zu einer ungewohnten Zeit – fanden sich über fünfzig Teilnehmer in der sauber hergerichteten alten Kirche ein, deren Altar, Orgel und Taufbecken zwar aus Sicherheitsgründen ausgebaut werden mussten, doch ein elektrisches Keyboard begleitete den kräftigen Gemeindegesang und die Liturgie. Erfreulich war, dass verhältnismäßig viele Kinder dabei waren, denen besonders das Läuten der Glocken Spaß zu machen schien und die auch sonst dem Heimattreffen das Gepräge gaben.
Die praktisch aufgegebene und sogar zum Verkauf angebotene Kirche wurde von einem um Friedrich Rottmann ins Leben gerufenen Förderverein erworben und nicht nur durch eine Dachreparatur neu gesichert, sondern auch einer der beiden Wehrtürme wurde bereits sachgerecht restauriert. Das alte barocke Pfarrhaus, unter der schlechten Verwaltung des Don-Bosco-Vereins dem Verfall preisgegeben, hat nun einen neuen Besitzer und ist vorbildlich erneuert worden. Ebenso wurden im Dorf, in dem viele ehemals sächsische Höfe verfallen sind, eine Reihe von Häusern von ihren seit 20 Jahren in Deutschland lebenden Besitzern in Stand gesetzt und nach westlichem Standard modernisiert.

In den Sommermonaten herrscht Leben in Zied und es scheint, dass sich in diesem landschaftlich einmalig schön gelegenen Sachsendorf ein neues, zukunftsträchtiges Leben regt. In dem abgelegenen und fast menschenleeren Ort, der zum Gemeindeamt Kirchberg gehört, werden zurzeit die Straße samt Gehsteigen erneuert und sogar Kanalisation und Wasserleitungen gelegt.

Im Gottesdienst und beim anschließenden Essen im Gemeindesaal, der wie das daneben stehende Schulgebäude zum Ensemble der Kirchenburg gehört, wurde sehr betont von Heimat und ihren Werten gesprochen, die es über alle Grenzen hinweg zu erhalten gilt. Auch vom Vätererbe war die Rede, das gerade auch die jüngere und jüngste Generation neu zu schätzen weiß. Jedes Bemühen darum ist hoch zu bewerten. In den sich immer weiter öffnenden Grenzen in Europa sind eine Vielfalt der Kulturen und eine bewusste Pflege der eigenen Wurzeln willkommen. Eine Reihe von Ziedern hat das verstanden. Dass der Glaube dabei eine tragende Rolle spielt, musste der Agnethler Pfarrer Reinhard Boltres, der den Gottesdienst hielt, nicht noch besonders betonen. Das war allen schon vom Erleben her deutlich.

Dr. Hermann Pitters

Die Gottesdienstbesucher vor dem frisch ...
Die Gottesdienstbesucher vor dem frisch renovierten Turm in Zied. Foto: Friedrich Rottmann

Bewegender Gottesdienst in Zied

Das Gedicht „Ein Traum im Kerzenschein“ (siehe unten) schrieb ich, als mich die Sehnsucht nach meiner geliebten Heimat, dem kleinen Dörfchen Zied, fast zerriss. In so einem Augenblick habe ich erkannt, was das Dorf für mich ausmacht.

Am 10. August war es dann soweit: Ein Stück Traum ging in Erfüllung. Um 17.00 Uhr riefen die Glocken in Zied nach langem Schweigen noch einmal zum Kirchgang auf. Rund 50 Leute folgten dem Ruf, zum Teil auch aus benachbarten Gemeinden. Gänsehautgefühl machte sich breit, als man durch den Torbogen des frisch sanierten kleinen Turms die so vertraute alte Kirche betrat. Pfarrer Boltres führte durch den Gottesdienst, musikalisch begleitet von Inge Gull. Im Anschluss hielt Professor Hermann Pitters, der mit seiner Frau Helga aus Hermannstadt angereist war, eine bewegende Ansprache. Es waren Worte eines Pfarrers, der vor 50 Jahren unsere Gemeinde leitete und den Zied auch nach seinem Weggang nie ganz losgelassen hat.

Die Schlussrede hielt Friedrich Rottmann. Er sprach über Heimat, die man nach der fluchtartigen Ausreise wiedergefunden hat, über die Pflicht, das kulturelle Erbe zu erhalten, und die Zeit jetzt zu nutzen, dies umzusetzen. Unsere Väter und Großväter haben dies unter viel schwierigeren Bedingungen selbstverständlich getan nach dem Motto: „Ob eine Sache gelingt, erfährst du nicht, wenn du darüber nachdenkst, sondern wenn du es ausprobierst!“

Alles in allem durften wir einen wunderschönen, ergreifenden Gottesdienst und ein gemütliches Beisammensein bis spät in die Nacht erleben. In diesem Sinne bedanke ich mich bei allen, die diesen Tag zu einem unvergesslichen werden ließen.

Edith Stirner, geborene Schneider

Ein Traum im Kerzenschein

1. Und hätt’ ich einen Wunsch noch frei,
im Lichterschein der Kerzen,
dann sehnte ich so sehr herbei,
ich wünschte mir von Herzen:

2. Noch einmal einen Tag erleben,
wie ich ihn einst erlebt als Kind,
wo von Bergen rund umgeben,
man im Tal ein Dörfchen find.

3. Durch dieses Dörfchen möcht ich gehen,
von Haus zu Haus, von Tür zu Tür,
um noch mal all’ die Leut’ zu sehen,
um Dank zu sagen, Dank dafür:

4. Dass ich durft’ SEIN in ihrer Mitte,
für jedes gut gemeinte Wort,
für alten Brauch und alte Sitte,
die man streng pflegt’ an diesem Ort.

5. Ein Dankeschön für das Vertrauen,
dass man mir hier entgegenbracht’,
Menschen, auf die konnt’ man bauen,
Lichter, in der dunklen Nacht.

6. Für all das, was sie mir gegeben,
an Liebe und Geborgenheit,
sie bereicherten mein Leben,
durch Güte und durch Ehrlichkeit.

7. Für jedes Lächeln, jeden Gruß,
den ich erhalten habe,
ihnen ich auch danken muss,
all das `ne edle Gabe.---

8. Noch einmal möchte’ ich dann verweilen,
in des Dorfes grüner Mitte,
ehrfürchtig stehenbleiben,
tief im Herzen eine Bitte:

9. Noch einmal diese Kirche sehen,
die getrotzt so vielen Stürmen,
die unsern Ahnen Schutz gegeben,
in ihren sichern hohen Türmen.

10. Noch einmal in der Kirche beten,
ganz vorne kniend vorm Altar,
wo ich erhielt der Taufe Segen,
und später in der Konfirmandenschar.

11. Noch einmal diese Kräfte spüren,
die ausgehen von diesem Bau,
hier öffnen sich so viele Türen,
zu Gottes weiter Himmelsau:

12. Die Tür des Glaubens und der Liebe,
die Tür der Hoffnung und der Treue,
der Gemeinschaft -edlen Triebe-
und der Einsicht vor der Reue.

13. Die Tür der Zuversicht und Stärke,
das Wiederfindens und des Glücks,
des Trostes und der guten Werke,
des reinen Herzens -offener Blick-.

14. Noch einmal diese Glocken hören,
wenn der Tag den Abend küsst,
„ein Erklingen von Engelschören“,
diesen Ruf hab ich vermisst.

15. Noch einmal diesen Friedhof sehen,
am Heilig Abend hell erleuchtet,
wenn wir den Weg zur Kirche gehen,
den der Abendstern uns leuchtet.

16. Noch einmal all die Wege gehen,
die als Kind ich ging,
noch einmal an den Gräbern knien,
wo sich schließt der Ring….

17. Dort schließt sich der Kreis des Lebens
und der Kreis einer Kultur,
alle Mühe schien vergebens,
so als blieben Träume nur. …

18. Doch jetzt nach einer Zeit der Stille,
der Wind es weiter trägt,
„Es lebt noch mancher Wille,
manch Herz noch für die Heimat schlägt“.

19. Und wenn sich diese Herzen finden,
im Rhythmus schlagend wie `s mal war,
können Sehnsüchte verschwinden,
und etwas wird mir plötzlich klar:

20. Jedesmal wenn wir uns treffen,
kehrt für diesen Augenblick,
ja, das kann ich euch versprechen,
LEBEN in das Dorf zurück.

Schlagwörter: HOG-Treffen, Zied, Gedicht

Bewerten:

16 Bewertungen: ++

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.