16. Dezember 2021

Begeisterter Professor der Rumänistik: Nachruf auf Daniel Eiwen

Unser Freund, Kollege, Lehrer, Dozent Dr. Daniel Eiwen ist am 26. Juli 2021 im Alter von 75. Jahren an Herzversagen in Varna, Bulgarien, gestorben.

Blei

Tief schliefen die Särge ganz aus Blei,
Und Blumen aus Blei und Grabgewand,
Ich war alleine in der Gruft… Und es war Wind…
Und knarrten die Kronen ganz aus Blei.
Es schlief die Liebe ganz aus Blei
Auf bleierne Blumen und ich schrie –
Neben den Toten ganz allein… und es war kalt…
Und seine Flügel hingen ganz aus Blei.
(George Bacovia, Poezii/Gedichte, 1916)

Dr. Daniel Eiwen (1945-2021). Foto: Stefan Lössl ...
Dr. Daniel Eiwen (1945-2021). Foto: Stefan Lössl
Ein Mensch, der ebenso von aus der Nähe des Todes wie aus dem Herzen des Lebens sprechen, Gedichte rezitieren, schauspielern, tanzen, lachen und weinen konnte. Ein Mensch, dessen tiefinneres Gefühl den Geist überbordete und immer Leitton für sein Denken, Lehren und Arbeiten angab: (seit 1989 verheirateter) Dr. Daniel Eiwen, geb. Doru Chirică (geboren am 22. November 1945 in Galatz). Von 1959 bis 1963 besuchte er das „Unirea“-Gymnasium in Kronstadt, studierte von 1963 bis 1966 Deutsche Sprache und Literatur am Pädagogischen Institut der Universität Jassy und vervollkommnete von 1968 bis 1971 seine germanistischen Studien an der Universität Bukarest im Fernstudium. Seine Lehrertätigkeit begann er 1967 in Honigberg und Tărlungeni. In Brenndorf wirkte er von 1968 bis 1982 als Lehrer für Rumänisch, aber auch Französisch, Latein und Musik und leitete zugleich den deutschen Schulchor.

Seit 1998 war er am Romanischen Seminar der Universität zu Köln als Lektor für Rumänistik in den höheren Stufen als rumänischer Literaturwissenschaftler mit Idealismus, Geduld, Begeisterung und außergewöhnlichem Humor tätig. Wie bei einem Schauspieler umfasste sein Register alle Stilebenen, die sich nahtlos miteinander abwechseln konnten, so wie auch Gesten, Gedanken … Selten hat man Studierende so ausgelassen lachen gehört wie in seinen Seminaren. Ich erinnere mich an meine ersten Rumänischstunden bei ihm. Die damalige Sekretärin des Romanischen Seminars klopfte an, steckte neugierig den Kopf in den Raum, wurde angesteckt vom Lachen: „Sie sind kein Kind von Traurigkeiten, Herr Dr. Eiwen!“ Oder vielmehr, wie es in Benedict Wells’ „Vom Ende der Einsamkeit“ heißt: „Du bist ein Kind von entsetzlicher Traurigkeit.“

Unvergessen bleiben die Weihnachtsfeiern im Kreis seiner Studierendenschar, sein Sinn für Komik, seine abgründige Tiefsinnigkeit und seine Großzügigkeit, die sich auch auf das Lehrangebot erstreckte, unterrichtete er in den letzten Jahren doch idealistisch unentgeltlich an der Universität zu Köln, immer seinem Auftrag der Kulturvermittlung folgend.

Die generöse und tolerante Gesinnung sowie seine Liebe zur Literatur fanden unter anderem in seiner wissenschaftlichen Betätigung Ausdruck, wenn er sich beispielsweise in seiner Dissertation von 1987 „Das Bild Deutschlands und des Deutschen in der rumänischen Literatur“ dank eines Graduiertenstipendiums der Universität zu Köln der interkulturellen Imagologie widmete, die er unter anderem Zeichen in seinen Essays von 1998 „Das Bild des Anderen in Siebenbürgen. Stereotype in einer multiethnischen Region“ und 2015 als Pionier auf dem Gebiet der rumänischen Literaturwissenschaft „Das Bild des ‚Zigeuners‘ in der rumänischen Literatur – vom Sklaven in den Fürstentümern zum Thron Moldaus“ vertiefte. Sein für November 2021 angekündigter Vortrag auf dem DFG-Kolloquium in Gießen „Warum wollte Anna de Noailles nicht Rumänin sein?“ bleibt Fragment.

Erinnern wir in großer Verbundenheit und Dankbarkeit an den Germanistikstudenten und begnadeten Balletttänzer Doru Chirică, der für das Festival „Preis dir, Rumänien“ (Cântarea României) auf der Bühne exzellierte, den Lehrer in Brenndorf (Bod), der zur offenen und toleranten Intelligentia gehörte, den Promovenden und Bibliothekar Daniel Eiwen, den Dozenten an der Universität zu Köln Herrn Dr. Daniel Eiwen, den Dolmetscher für rumänische Bürger nach Inkrafttreten des EU-Freizügigkeitsgesetzes, den Mitarbeiter an einem mehrsprachigen Bilderwörterbuch für Migrantenkinder, kurz, an ihn, der vor allem eines war: eine schillernde Persönlichkeit. Wer einmal mit ihm lachte, dem wird sein Lachen unvergessen unter der Haut verweilen, auch über den Tod hinaus.

Sidonia Bauer

Schlagwörter: Kultur, Nachruf, Pädagoge, Lehrer, Rumänistik, Kronstadt, Brenndorf, Köln

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