12. Oktober 2022

„Augen immer nach oben ausrichten“: Kathrin Depner wird mit ihrer Standardformation Vizeeuropameisterin

Dem TSC Rot-Gold-Casino Nürnberg ist mit seiner Standardformation vor heimischer Kulisse ein Coup gelungen: Bei der ersten Teilnahme an einer Europameisterschaft belegte das Tanzteam hinter dem ASC Göttingen den zweiten Platz und holte so die Silbermedaille nach Bayern. Unter den Vizeeuropameistern ist auch Kathrin Depner (20), deren Eltern aus Deutsch-Tekes und Rode stammen. Die BWL-Studentin begann mit 14 Jahren im Verein zu tanzen; seit 2017 gehört sie zum A-Team der Nürnberger Standardformation, das seit vielen Jahren in der ersten Bundesliga tanzt. Acht Paare auf einer Fläche in perfekter Harmonie – das erfordert harte Arbeit. Über das Training, den Formations- und den Volkstanz sprach Kathrin Depner mit SbZ-Redakteurin Doris Roth.
Die Standardformation des TSC Rot-Gold-Casino ...
Die Standardformation des TSC Rot-Gold-Casino Nürnberg in Aktion. Fotos: Hermann Depner
Herzlichen Glückwunsch zum Vizeeuropameistertitel, liebe Kathrin! Wie lange habt ihr trainiert, bis eure Choreografie „Power, Emotion, Energy, Passion“ titelreif war?
Dankeschön! Wir haben unsere Choreografie schon seit Sommer 2020. Damals haben wir langsam angefangen die Schritte zu lernen, durften aber aufgrund der Corona-Regelungen nicht im Verein trainieren und uns nur in Fünfergruppen treffen, also haben wir im Park in kleinen Gruppen die Schritte gelernt. Erst später haben wir die Musik zum ersten Mal gehört und uns direkt verliebt!
Beim Formationstanz ist es immer so, dass man ungefähr drei Saisons, also drei Jahre die gleiche Choreografie tanzt. Das Training wird aber natürlich trotzdem nicht langweilig, sobald man die Schritte kann, weil das nicht das Einzige ist, was man können muss, um ganz vorne mitzutanzen. Im Formationstanz müssen alle Bewegungen aller acht Paare genau gleich sein, also gleich schnell drehen, die Arme gleich halten und den Kopf auf dem richtigen Schlag drehen, zum Beispiel. Außerdem gehört noch gute Technik dazu und das Stellen unserer Bilder (zum Beispiel alle in einer Reihe oder ein Dreieck und so weiter).
Meistens trainieren wir vier Mal die Woche zwei bis vier Stunden, während der Vorbereitung auf die EM haben wir aber deutlich mehr trainiert. Die zwei Monate davor haben wir auch oft sechs Mal die Woche trainiert, am Wochenende manchmal auch acht Stunden am Tag. Wir hatten auch zwei Trainingslager von Freitag bis Sonntag, da trainiert man dann eigentlich den ganzen Tag.

Was ist das Besondere am Formationstanzen und worin liegt der Unterschied zum Einzelwettbewerb, in dem du ja auch antrittst?
Der größte Unterschied ist natürlich die Anzahl der Tänzer. Im Einzel ist man nur zu zweit und in der Formation sind wir 16 Personen. Als einzelnes Paar muss man nur darauf achten, dass man selbst gut tanzt und das natürlich auch gut präsentiert. In der Formation muss man auch gut tanzen, aber das auch noch exakt so wie die sieben anderen Paare, die gleichzeitig auf der Fläche sind, und das Ganze auch noch in Bildern. Zudem muss man sein Tanzen im Team anders präsentieren. Im Einzel sitzt das Publikum auf Augenhöhe und die Wertungsrichter stehen direkt am Flächenrand. In der Formation sitzt der größte Teil des Publikums auf der Tribüne und die Wertungsrichter stehen auch auf der Tribüne, meistens im obersten Rang. Man muss die Augen also immer nach oben ausrichten und ganz klare Ausstrahlung im Gesicht zeigen, damit man sie auch in 30 Metern Entfernung noch erkennen kann. Dass man viele verschiedene Sachen trainieren muss, habe ich ja schon erklärt. Es ist ein bisschen wie der Unterschied zwischen einem Läufer und einem Triathleten. Der Triathlet muss eben für mehrere Disziplinen gleichzeitig trainieren, genau wie der Formationstänzer.

Kathrin Depner ...
Kathrin Depner
Gibt es Anknüpfungspunkte an den siebenbürgisch-sächsischen Volkstanz, dessen Grundschritte du von deinen Eltern gelernt hast?
Es gibt auf jeden Fall Gemeinsamkeiten zwischen dem Volkstanz und dem Formationstanz. Bei beiden Tanz­arten tanzt man paarweise in einer größeren Gruppe und das in einer Formation. Beim siebenbürgischen Volkstanz ist das, zumindest soweit ich es schon getanzt habe, immer ein Kreis und im Formationstanz sind es viele unterschiedliche Formen. Manchmal löst man die Haltung auch auf und die Männer gehen zur Mitte oder auch mal die Frauen. Das gibt es bei uns auch, dass wir mal ohne den Partner tanzen. Im Volkstanz hat man manchmal auch einen Partnerwechsel, was bei uns eher nicht üblich ist. Was auch gleich ist, ist, dass man eine bestimmte Choreografie zu einem bestimmten Lied einstudiert, und diese ist dann genau auf die Musik abgestimmt. So machen wir das im Formationstanzen auch. Im Einzel gibt es immer unterschiedliche Lieder.

Am 12. November findet in Bremen die Deutsche Meisterschaft Formationen statt. Welchen Platz peilt ihr an? Traut ihr euch zu, die immer sehr starken Teams aus Ludwigsburg und Braunschweig sowie die Europameister aus Göttingen anzugreifen?
Unser Plan für die Deutsche Meisterschaft ist auf jeden Fall, die anderen Teams, die sonst vor uns sind, anzugreifen. Bei der letzten DM haben wir es ja schon geschafft, die Ludwigsburger zu schlagen, haben es also zum ersten Mal geschafft, einen besseren Platz als den 4. auf einer Deutschen Meisterschaft zu belegen. Das wollen wir jetzt auf jeden Fall so beibehalten und weiter nach oben angreifen! Wenn man sich die Bewertung von der Europameisterschaft anschaut, kann man sehen, dass wir den Abstand zu Göttingen im Vergleich zu den letzten Turnieren reduziert haben, ich könnte mir also vorstellen, dass es knapp zwischen uns und den anderen drei oberen Teams wird. Ich freue mich schon sehr auf die Deutsche Meisterschaft und darauf weiter zu trainieren um dort nochmal einen drauf zu setzen.

Viel Erfolg dabei, liebe Kathrin, und danke für das Gespräch!

Schlagwörter: Interview, Jugend, Sport, Tanzen

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