1. September 2002

Christian Schoger

Seit Anfang Mai 2002 arbeitet der gebürtige Hermannstädter Christian Schoger (33) als Redakteur bei der "Siebenbürgischen Zeitung" in München. Bereits 1971 ist Schoger, der in Rosenheim wohnt, nach Deutschland ausgesiedelt. Der Historiker (M.A.) war bislang als Zeitschriften- und Online-Redakteur tätig. Das Interview führte Bundesinternetreferent Robert Sonnleitner.

Christian Schoger, du arbeitest seit vier Monaten für die Redaktion der "Siebenbürgischen Zeitung". Welchen Bezug hast du zu Siebenbürgen und den Siebenbürger Sachsen?

Ich bin in Hermannstadt geboren. Als meine Familie 1971 nach Deutschland übersiedelte, war ich zwei Jahre alt. Da meine Eltern am Vereinsleben der Siebenbürger Sachsen in Rosenheim, unserem Wohnort, rege teilnahmen, sind mir von klein auf Kultur- und Brauchtumspflege vertraut. Erst Anfang August diesen Jahres verbrachte ich zehn Urlaubstage in Hermannstadt und Umgebung.

Wie bist du auf das Stellenangebot aufmerksam geworden? Hast du die SbZ vor deiner Bewerbung schon gekannt?

Als Schüler las ich zuweilen die im Elternhaus ausliegende "Siebenbürgische Zeitung". Nach dem Konkurs der Internetfirma, bei der ich als Online-Redakteur tätig war, stieß ich in dem Fachmagazin "Journalist" auf die von der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen ausgeschriebene Redaktionsstelle. Eine sehr reizvolle Aufgabe.

Erzähle uns bitte etwas über deinen schulischen und beruflichen Werdegang.

In geraffter Form: Nach dem Abitur am Finsterwalder-Gymnasium in Rosenheim studierte ich Mittelalterliche Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Zwar nahm ich die Promotion auf, orientierte mich dann aber neu in Richtung Journalismus. In München absolvierte ich einen Fachlehrgang zum Redakteur. In der Folgezeit arbeitete ich erst als Redakteur eines Stadtmagazins, dann als Online-Redakteur und schrieb für diverse Publikationen ("Bild der Wissenschaft", etc.).

Was hat dich bewogen, Journalist zu werden?

Zunächst sind wissenschaftliches Arbeiten, insbesondere Quellenstudium, und journalistische Recherche "artverwandt". Ein Historiker schreibt primär für ein Fachpublikum. Meinen vielfältigen Interessengebieten entsprechend wollte ich mich thematisch nicht zu sehr beschränken. Der Journalismus eröffnete mir fantastische Entfaltungsmöglichkeiten in unterschiedlichen Medien und Darstellungsformen.

Bedeutet Journalismus für dich auch, eine gewisse Macht auf die Leser auszuüben?

Nein, vielmehr Verpflichtung und Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit, die einen Anspruch auf Information besitzt. Der Pressekodex, gleichsam unser berufsethischer Normenkatalog, definiert die "Achtung vor der Wahrheit", die "Wahrung der Menschenwürde" und die "wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit" als oberste Gebote der Presse.

Von neuen Leuten erwartet man frischen Wind und neue Ideen. Was bringst du mit und wem kommt es zugute?

Mehr als eine Absichtserklärung kann ich nicht abgeben. Das Urteil bleibt den Lesern vorbehalten. Ich bemühe mich zusammen mit meinem Kollegen Siegbert Bruss (Chefredakteur), für unsere Leser eine interessante Zeitung zu machen, informativ, ausgewogen in der Berichterstattung und ansprechend im Layout. Durch Bildung und Ausbildung greife ich mit Vorliebe Themen der Kultur, Wissenschaft und Politik auf. Zudem versuche ich meine Erfahrungen in den Neuen Medien in die SbZ-Online einzubringen.

Wenn du die Chance hättest, eine Persönlichkeit aus der Geschichte zu treffen, wen und warum?

Georges Danton (1759-1794), nach Möglichkeit zweimal: einmal als Revolutionär der ersten Stunde und führendes Mitglied des Wohlfahrtsausschusses, dann als "desillusionierter" Mitdreißiger vor seiner Hinrichtung. Dabei würde ich mit ihm sein Gesellschafts- und Menschenbild im Spiegel der Französischen Revolution erörtern.

Welche Charaktereigenschaft schätzt du bei anderen am meisten?

Manche "-keit" und "-tät", vor allem Zuverlässigkeit (ich meine nicht Pünktlichkeit), Sensibilität, Geradlinigkeit und (kommunikative) Offenheit.

Kurze Assoziationskette: Welche Stichworte fallen dir zu "Siebenbürgische Zeitung" ein?

Tradition, Gemeinschaft, Identität, Leidenschaft.

Welches sind deine Aufgaben in der Redaktion? Als Fußballfan: Beschreibe mal deine "Arbeitsphilosophie".

Den redaktionellen Tagesbetrieb bestimmt die eigene Berichterstattung, größtenteils aber das Redigieren eingegangener Beiträge in erster Linie für die "Siebenbürgische Zeitung", freilich auch für die "SbZ-Online". Hinzu kommen Hintergrundrecherchen, Korrespondenzen und Öffentlichkeitsarbeit. Eingedenk meiner Sympathie für den FC Schalke gilt: "Die Null muss stehen". Das bedeutet vor allem, "Eigentore" vermeiden.

Kannst du deine Meinung in der SbZ eigentlich äußern, oder bringt das der Job so mit sich, dass man eher andere Leute zu Wort kommen lässt?

Das hängt ab von der jeweiligen journalistischen Darstellungsform. In der kritischen Berichterstattung ist meine persönliche Meinung fehl am Platze und irrelevant. Anders verhält es sich beim Kommentar. Die "Siebenbürgische Zeitung" ist eine Mitglieder-, eine Verbandszeitung. Wir machen diese Zeitung für unsere Leser, folglich finden diese hier ihr Forum, sich mitzuteilen.

Die SbZ ist eine der wenigen deutschsprachigen Zeitungen, die auch über Rumänien und Siebenbürgen berichtet. Wo siehst du unseren Bonus gegenüber anderen Zeitungen?

Wir sind durch unser Kommunikationsnetz, durch Korrespondenten und (Presse)Kontakte vor anderen Zeitungen in der Lage, "aus erster Hand" zu informieren. Das ist eine unserer Kernkompetenzen.

Was ist eine gute Nachricht?

Eine schlechte, meint ein zynischer "Branchen-Aphorismus". Meines Erachtens entscheidet die "handwerkliche" Qualität: Eine gute Nachricht ist gründlich recherchiert, präzise und verständlich abgefasst.

Welche Unterschiede bestehen deiner Meinung nach zwischen Print-Journalismus und Online-Journalismus?

Der Redaktionsschluss in den Printmedien findet im Online-Journalismus keine echte Entsprechung. Die Drucklegung und Veröffentlichung einer Zeitung bedingt eine andere Arbeitsorganisation als in einer Online-Redaktion, die Internetseiten fortlaufend pflegt und aktualisiert. Auch das Lese- und Nutzerverhalten unterscheiden sich gravierend. Zeitungsleser haben in der Regel den längeren Atem. User suchen oft die (sekunden)schnelle Information, klicken rasch weiter. Layout-Formen und die Möglichkeiten der Interaktion heben den Online-Bereich zudem deutlich vom Print-Journalismus ab.

Wird das journalistische Onlineangebot irgendwann die Printangebote einholen oder gar überholen?

Kaum, abgesehen von der Aktualität. Trotz anhaltendem Verdrängungswettbewerb und Fusionswelle, wovon Zeitungen und Zeitschriften wie Internet-Portale betroffen sind. Ich hoffe und glaube, dass Print- und Online-Sektor koexistieren werden. Beide Varianten können auch in Zukunft ihre jeweiligen Zielgruppen erreichen. Die Informationsangebote (Inhalte, Formate) einerseits und Leser- bzw. Nutzergewohnheiten andererseits justieren sich gegenwärtig neu.

Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen.

Link: Link: SbZ Redakteur

Schlagwörter: Interview, Verbandsleben

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