8. Januar 2023

Kreisverband Nürnberg feiert Weihnachtsgottesdienst in Sankt Sebald

Die letzten zwei Jahre konnte der Siebenbürgische Weihnachtsgottesdienst nicht im gewohnten Rahmen gefeiert werden – Digitalisierung sowie die Versendung von Weihnachtsbriefen waren in den Jahren 2020 und 2021 das pandemiebedingte Bindeglied zu unseren Mitgliedern und Freunden des Kreisverbands. Am 4. Dezember öffneten sich endlich wieder die Pforten der schönen und altehrwürdigen St. Sebalduskirche in der Nürnberger Altstadt. Mehrere hundert Landsleute und Freunde der Siebenbürger Sachsen kamen zum traditionellen Advent- und Weihnachtsgottesdienst des Kreisverbandes Nürnberg, um miteinander zu feiern und sich auf Weihnachten vorzubereiten.
Auftritt der Kindergruppe des Kreisverbandes ...
Auftritt der Kindergruppe des Kreisverbandes Nürnberg. Foto: Gerlinde Zakel
Kirchenrätin Melitta Müller-Hansen, Beauftragte der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern für Hörfunk und Fernsehen beim Bayerischen Rundfunk, geboren und aufgewachsen in Siebenbürgen, begrüßte die Gemeinde und freute sich, vor einer außergewöhnlich vollen Kirche zu stehen und mit so vielen Landsleuten gemeinsam Gottesdienst zu feiern.

Nach dem adventlichen Eingangslied „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit…“ und dem Eingangsgebet trug Julia Hahnfeld sehr deutlich und klar die Weihnachtsgeschichte aus dem heiligen Evangelium nach Lukas (2,1-14) vor. Das von der Festgemeinde gesprochene Glaubensbekenntnis und das Lied „Hört der Engel helle Stimmen“ stimmten auf den Beitrag der Kindergruppe des Kreisverbandes Nürnberg ein. Das Tierkrippenspiel sowie die Lieder und Gedichte wurden in einer sehr erfrischenden und gekonnten Art von den Kindern unterschiedlicher Altersgruppen vorgetragen. Die Leiterinnen Alice Gottschling-Cao und Brigitte Krempels wählten ein sehr passendes und altersgerechtes Stück aus. Musikalisch umrahmt wurde die Vorführung von einem Bläsertrio, bestehend aus Fabian und Daniel Bartel sowie Tobias Krempels.

In Anlehnung an die Weihnachtsgeschichte hielt Kirchenrätin Melitta Müller-Hansen eine sehr tiefgehende und ansprechende Predigt. Zunächst begann Sie mit einer geschichtlichen Einordnung der Erzählung von Lukas. „Es begab sich aber zu der Zeit…“ – wer so anfängt, möchte keinen Tatsachenbericht weitergeben, sondern eine andre Geschichte erzählen, als die der Fakten. So hat auch Lukas, der Künstler dieses Textes, in die Geschichte Fakten gestreut, die bei näherem Hinsehen auch wieder keine sind. Quirinius war nicht Statthalter zur Zeit von König Herodes, der im Leben Jesu eine Rolle gespielt hat. Als Heimatstadt Jesu wird Nazareth überliefert, nicht Bethlehem … Lukas sagt, es ist der Friedenskaiser Augustus, mit dem der Friedensbringer Jesus verbunden ist. Jeder Mensch könnte also erzählen, geboren zu sein zur Zeit, da der oder die das Land regiert hat. Und so können wir alle, die in Siebenbürgen geboren sind, sagen unter wessen Herrschaft wir geboren sind und wie wir dort gelebt haben. Ein Despot, der Angst und Schrecken, Hunger und Kälte unter den Menschen verbreitete. Andersdenkende wurden verfolgt, eingekerkert, umgebracht. Schreckensjahre.

Wer geboren wird, findet eine Welt vor, die ihn zum Wanderer macht. Maria und Josef gehen von Nazareth nach Bethlehem. Warum brechen Menschen auf, ein Leben lang? Es sind unterschiedliche Gründe: Äußere Befehle, der Fluch tyrannischer Herren, innere Zwänge, die Sehnsucht nach Glück und Leben, Trennungen vom Partner, der Verlust eines lieben Menschen. Kein Platz in der Herberge. Der Mensch ist ein Gast auf Erden – so sagt es in aller Klarheit und Wehmut ein Psalmbeter. Manchmal muss er sich mit einem Stall begnügen. Dann beendet Frau Müller-Hansen diese geschichtliche Einführung mit dem Satz: Die Herren dieser Welt gehen, aber unser Herr kommt. Und nun zurück nach Bethlehem, dem Ort wo Gott zur Welt kommt. Maria und Josef, die Hirten mit ihrer Furcht, die Engel mit himmlischen Klängen und dem Trost „Fürchtet euch nicht, denn euch ist heute der Heiland geboren“. Und dann das Kind. Ihm neigen sich alle zu. Alles dient dem Kind – am Ende auch der Kaiser. Bethlehem ist ortlos und zeitlos. Bethlehem ist überall da, wo Menschen leben. Auf Deutsch „Haus des Brotes“ – wo sie ihr tägliches Brot für Leib und Seele suchen und hoffentlich auch finden. Und Bethlehem mit seiner Krippe, mit Engeln und Hirten kann auch die eigene Seele sein. Dort soll Gott geboren werden. „So lass mich doch dein Kripplein sein.“ So sagt es Paul Gerhard in seinem Weihnachtslied. „Ich steh an deiner Krippen hier.“ Dann führt die Predigerin weiter aus, dass für sie ein Satz aus der Weihnachtsgeschichte mit der Zeit der allerwichtigste geworden sei: „Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, denn sie hatten sonst keinen Platz in der Herberge“. Dieser Satz, den man so leicht überhören kann. Die Windeln sind zunächst das unzweideutige Zeichen, dass das Kind in der Kirche ein Mensch ist. Geboren wie du und ich und in Windeln gewickelt. Diese schützen es vor Keimen, vor Verletzungen, vor Ungeziefer. Und die vielen Lagen Stoff um seinen kleinen Körper sind ein guter Ersatz für die Wärme und den Schutz im Mutterleib. Mit diesem Satz aus der Weihnachtsgeschichte hat sich auch der berühmte Bischof Ambrosius von Mailand beschäftigt, im 4. Jahrhundert. Für ihn steckt in den Windeln aus der Weihnachtsgeschichte mehr drin. Er wurde eingewickelt in Windeln, damit du herausgewickelt werden konntest. Windeln sind Bänder der Liebe, der Fürsorge. Doch sie sind auch dafür da, um einmal abgelegt zu werden. Sie erzählen in der Weihnachtsgeschichte, dass es um einen Entwicklungsprozess im Leben geht Vom Baby zum Erwachsenen und dann wieder zum Greis. Wem das nicht gelingt, dem werden die Bänder, die ihm Halt geben sollten, zu Netzen des Todes.

„Er wurde eingewickelt in Windeln, damit du herausgewickelt werden konntest aus den Netzen des Todes“. Was sagt uns die Weihnachtsgeschichte wirklich? Dass in jedem von uns das göttliche Kind lebt. So lesen die Mystikerinnen und Mystiker die Weihnachtsgeschichte und die Sache mit den Windeln. Am Ende seiner liebevollen Kindheitsgeschichten schreibt Lukas über Jesus: „Er nahm zu an Weisheit, Alter und Gnade bei Gott und den Menschen“. Das ist die Bestimmung eines jeden Menschen: Dass er zunimmt an Weisheit, an Liebe, an Friedfertigkeit.

Nach der Predigt, dem Lied „O Heiland reiß den Himmel auf“ und den Fürbitten, im Wechsel vorgetragen von Kirchenrätin Müller-Hansen und Kai Kirschner, folgte die Musikeinlage der Jugendlichen aus dem Kreisverband. Sie sangen das sehr stimmungsvolle Lied „Weihnacht wie’s früher war“, begleitet auf der Gitarre von Tobias Krempels.

Dem Aufruf zur traditionellen Kinderbescherung folgten die jüngeren Besucher des Gottesdienstes sehr gerne. Wieder hatte sich Gerlinde Zakel mit ihren Helferinnen und Helfern optimal vorbereitet und ansprechende Süßigkeiten für die Kleinsten verpackt und ausgeteilt.

Vor dem abschließenden „Stille Nacht, heilige Nacht“ dankte Annette Folkendt im Namen des gesamten Vorstands den Besuchern für ihr Kommen, den Gastgebern, der Gemeinde St. Sebald, für den Einlass in diese wunderschöne Kirche, Kirchenrätin Melitta Müller-Hansen für ihre Predigt sowie der Orgelspielerin Beatrix Springer. Ein weiteres herzliches Dankeschön richtete Frau Folkendt an die Kindergruppe und Jugendgruppe des Kreisverbandes sowie an die Leiterinnen Brigitte Krempels und Alice Cao-Gottschling und Malwine Ludwig für den erbrachten Einsatz, überdies den zuverlässigen Eltern und der Jugendtanzgruppe Herzogenaurach für den Liedbeitrag. Dem Organisationsteam - Johann Rehner, dem Kirchenreferenten des Kreisverbandes. Kulturreferentin Gerlinde Zakel und Erwin Roth, Kirchenmesner der Sebalduskirche, wurde ebenfalls ein Dank ausgesprochen. Zu guter Letzt wünschte Annette Folkendt im Namen des Vorstandes des Kreisverbandes der Siebenbürger Sachsen Nürnberg allen Anwesenden einen guten Nachhauseweg, eine schöne Adventszeit und gesegnete Feiertage.

Johann Rehner, Hildegard Steger

Schlagwörter: Nürnberg, Weihnachtsgottesdienst, Brauchtumspflege

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