25. Juli 2023

Landesverband Bayern: Rumäniens wilde Donaukarpaten, ein Naturerlebnis

Die „Königin der Flüsse Europas“, wie Napoleon die Donau, diesen 2.850 km langen Fluss nannte, beherrscht mit unglaublich reicher Flora und Fauna das Landschaftsbild Europas, bestimmt und prägt das Leben der Menschen. Über ein Drittel der Gesamtlänge (1.075 km) passiert sie, teils als Grenzfluss, das Landesgebiet Rumäniens. Nachdem der Landesverband Bayern 2021 die Einzigartigkeit des Donaudeltas erkundet hatte, wurde 2023 eine Wanderreise zum Donaudurchbruch „Eisernes Tor“ und dem Südrand der rumänischen Karpatenkette geplant.
Reisende des Landesverbands Bayern im Cerna ...
Reisende des Landesverbands Bayern im Cerna-Gebirge. Fotoarchiv: Doris Martini
Diese Reise begann am 1. Juni in Temeswar, Europäische Kulturhauptstadt 2023, der donauschwäbischen Stadt im Dreiländereck Rumänien-Ungarn-Serbien gelegen. Viele Kulturen prägten diese zweitgrößte Universitätsstadt Rumäniens, auch „Klein Wien“ genannt, Toleranz und Vielsprachlichkeit das Leben der dort lebenden Menschengruppen. Ein geschichtlicher Rückblick des Reiseleiters zeigte uns ihre Entfaltung, beginnend mit der ersten urkundlichen Erwähnung von 1212, über ungarische, osmanische, habsburgische Herrschaften, bis zur Angliederung (nach dem 1. Weltkrieg) an Rumänien. 1989 war sie der Ausgangspunkt der Revolution Rumäniens. Zu Fuß bestaunten wir die Schönheiten dieser Stadt, ihren Reichtum an Kirchen verschiedener Konfessionen, historische Gebäude, monumentale Jugendstilbauten, großzügig angelegte Plätze mit Panoramablick. Am Domplatz erlebte unsere Reisegruppe am 2. Juni den Beginn der Heimattage der Banater Deutschen, deren Kulturprogramm sich am Nachmittag und in den folgenden Tagen fortsetzte. Wir trafen die Sänger der Siebenbürgischen Kantorei sowie Freunde aus der Gemeinschaft der Banater Schwaben, Bekanntschaften von unseren siebenbürgisch-sächsischen Veranstaltungen, alle angereist zum Eröffnungsfest der Kulturtage. Entspannung fanden wir am späten Nachmittag in den beeindruckenden Parkanlagen entlang des Bega-Kanals.
Domplatz in Temeswar nach der Eröffnung der ...
Domplatz in Temeswar nach der Eröffnung der Kulturtage der Banater Deutschen. Foto: Gerdi Gärtner
Per Reisebus ging die Fahrt am dritten Tag über Karansebesch, entlang engen Gebirgsstraßen am Cerna-Fluss, zur einfachen Übernachtungspension „Dumbrava“. Eine „Probewanderung“ führte die aus 16 Personen bestehende Wandergruppe in die Tesna-Klamm. Vorherrschend sind hier lichte Schwarzkieferwälder und Karstlandschaften mit tiefen Schluchten. Beim Holzkreuz, dem Zugang zur Klamm, war der schwierige, steile Aufstieg vergessen, der Blick auf die Landschaft mit dem Cerna-Gebirge und seinem Tal waren unbeschreiblich schön.
Tesna-Klamm im Nationalpark Domogled – Cerna-Tal. ...
Tesna-Klamm im Nationalpark Domogled – Cerna-Tal. Foto: Hans Gärtner
Am nächsten Morgen stiegen wir ins Cerna-Gebirge auf. Über steile Holzleitern und einen rutschigen Pfad wurden die nicht gemähten Bergwiesen erreicht, auf denen sich viele Insekten tummelten. Ein gemütlicher Wanderweg führte zum Weiler Inelet. Im Streusiedlungsgebiet, vorbei an der kleinen orthodoxen Bergkirche, erreichten wir schließlich das Anwesen von Förster Avramică. Hier stärkten wir uns mit Lebensmitteln aus dessen eigener Produktion. Die Wolken rissen auf und gaben einen herrlichen Ausblick auf die Berglandschaft frei. Warme Sonnenstrahlen begleiteten uns beim matschigen Abstieg.

Cerna-Gebirge, Aufstieg über Holzleitern Foto: ...
Cerna-Gebirge, Aufstieg über Holzleitern Foto: Harald Johannes Zelgy
Bevor wir am fünften Tag den Nationalpark Domogled-Valea Cernei verließen, besuchten wir Herkulesbad, schon im Jahre 153 bei den Römern unter dem Namen „Ad Aquas Herculi Sacras“ bekannt, den Kurort mit 16 Thermalquellen, aus denen 38 bis 68 Grad Celsius heißes Heilwasser austritt. Nach dem Friedensschluss mit den Osmanen von 1718 wurde dies Gebiet an Österreich angegliedert. Es entstand eines der schönsten Kurbäder Europas, auch von Kaiserin Sissi genutzt. Wir sahen das Wahrzeichen des Ortes, die bronzene Herkules-Statue von 1847, die österreichischen Bäder, das Sissi Haus, besuchten die katholische Kirche und das Museum Apollo Bad, alles zeugte von einer brillanten vergangenen Zeit. Leider ist dieser Ort heute in einem morbiden Zustand, und es bleibt zu hoffen, dass ihm zu neuem Glanz verholfen wird.

Dann ging es weiter nach Neu-Orschowa. Alt-Orschowa und die Donauinsel Ada-Kaleh wurden Opfer des 1970 erbauten Staudamms an der Donau. Wir besichtigten die Römisch-Katholische Kirche, errichtet in der Ceauşescu Zeit nach 1970, mit einer schönen Darstellung des biblischen Kreuzweges an den Seitenwänden. In diese Malerei schmuggelten die Erbauer, als Rebellion gegen die damalige Obrigkeit, Symbole aus der Welt des Sportes, der Ideologie, aus westlicher oder autochthonen Kultur (Nadia Comăneci, Lenin, John Lennon, Florin Piersic oder Anna Szeles). Beim Nonnenkloster Sankt-Anna (Mănăstirea Sfânta Ana), auf einer Anhöhe gelegen, genossen wir den herrlichen Blick auf die im Tal fließende Donau. Schließlich erreichten wir den Eingang zum Eisernen Tor und unser Quartier in Eşelniţa.

Wir nutzten das gute Wetter und machten gleich eine Bootsfahrt in den Donaudurchbruch, sahen am serbischen Ufer die Tafel des Traians „Tabula Traiana“, deren Inschrift an den römischen Kaiser erinnert, der um das Jahr 100 die Donauregion erobert hatte. Flussaufwärts bestaunten wir das 40 m hohe Konterfei des Dakerkönigs Decebalus, zwischen 1994-2004 von zwölf Bildhauern in den Felsen gemeißelt und finanziert vom rumänischen Geschäftsmann und Historiker Iosif Constantin Drăgan. Vorbei am Kloster Macronia und über den Golf von Dubova steuerte das Boot in den Großen Kessel „Cazanele Mari“ hinein. Dort gingen wir kurz an Land und besichtigten die Veterani-Grotte. Beindruckt von der Wucht des Wassers, das diesen imposanten Durchbruch schaffte, genossen wir auf der Terrasse der Vier-Sterne-Pension „Septembrie“, direkt am kleinen Donaukessel, den Sonnenuntergang und den Gesang der Nachtigallen in der Abendstille.

Bei der Panoramawanderung am Grünen Band Europas, im Gebiet „Ciucarul Mare“, hatten wir die Gelegenheit, das atemberaubende Naturwunder des Donaudurchbruchs vom Berg aus zu bewundern. Wir lernten in diesem Wandergebiet den Perückenstrauch, Pimpernuss, Felsenbirne, Blumenesche, wilden Flieder usw. kennen, sahen die giftige Hornnatter und den sehr selten gewordenen Hirschkäfer.
„Ciucarul Mare“,_Blick auf den Golf von Dubova. ...
„Ciucarul Mare“,_Blick auf den Golf von Dubova. Foto: Harald Johannes Zelgy
Wir verabschiedeten uns von diesem Naturparadies und fuhren donauaufwärts zum Tal des Nera-Flusses. Bei mehreren Zwischenstopps besuchten wir die vor 200 Jahren gegründete Ortschaft Eibenthal, ein tschechisches Dorf mit großem Traditionsbewusstsein, sahen die Überreste der „Festung der drei Türme“ – Cetatea Tricule –, einst erbaut zur Verteidigung der Donauregion, erstmalig erwähnt 1419 in einer Urkunde von Sigismund von Luxemburg, und das serbische Dorf Sviniţa, spezialisiert auf Erzeugnisse aus Feigen. Über Moldova Nouă verließen wir das Donaugebiet und fuhren nach Norden zu unserer letzten Bleibe, der Pension „Cheile Nerei“.

Flussaufwärts an der Nera, über enge Pfade mit handgeschlagenen Tunnels, wanderten wir am achten Tag im Nationalpark „Cheile Nerei-Beuşniţa“. Nach dem delikaten Forellenessen in der Forellenzucht am Bach Beuşniţa ging es in dieser schönen Landschaft weiter zum „Auge des Bei“ (Ochiul Beiului), dem augenförmigen, türkisfarbenen See. Vorbei an Kalktuffbächen mit Sinterstufen erreichten wir die Beuşniţa-Wasserfälle, einen Ort unberührter Natur und Wildnis.
Karstquelle Auge des Bei, im Nationalpark „Cheile ...
Karstquelle Auge des Bei, im Nationalpark „Cheile Nerei-Beuşniţa“. Foto: Georg Teutsch
Am nächsten Morgen starteten drei Teilnehmer zur anspruchsvollen Tagestour durch die 13 km lange Karstschlucht der Nera. Durch einen Mischwald am Fluss führt der Weg zu den Felswänden auf schmalen Pfaden, die mit in Stein gehauenen Ketten gesichert sind. In großen Schleifen durchschneidet die Nera die Kalkberge und muss bei beträchtlichem Wasserstand überquert werden. Schwierige Passagen mit vielen umgestürzten Bäume an den Felshängen erhöhten die Anstrengung. Offenbar wird dieser Weg durch die Klamm wenig genutzt und gepflegt. Über einen sehr steilen Anstieg, der viel Kraft erforderte, wurde die Schlucht verlassen und am späten Nachmittag die Herberge wieder erreicht.
Die Nera-Klamm. Foto: Harald Johannes Zelgy ...
Die Nera-Klamm. Foto: Harald Johannes Zelgy
Die restliche Gruppe wanderte im Locvei-Gebirge zur Susara-Klamm. Ihr Weg führte bei Sasca Montană durch ein Gebiet, in dem früher Bergbau betrieben wurde, zur Susara-Hütte und der „Türkischen Mühle“. Entlang am Susara-Bach, über einen in Fels geschlagen und mit Stahlseilen gesicherten Weg sowie einen Holzsteg wurde der Susara-Wasserfall erreicht.

An unserem Abreisetag, frühmorgens, trafen viele Biker ein, denn die Wirtsleute hatten zu einer Wohltätigkeitsfahrt eingeladen, mit deren Einnahmen sie ein Kinderkrankenhaus unterstützen. Auch unsere Gruppe beteiligte sich mit einer Spende. Nach einem letzten Halt in Deutsch-Orawitz, einst wichtiges Verwaltungszentrum der an Edelmetalle und Eisenerzen reichen Region, mit den ältesten Bahnhof Rumäniens, und Sehenswürdigkeiten aus der k.u.k. Monarchie, dem Theater (eine kleine Kopie des Wiener Burgtheaters), verließen wir das Banater Bergland in Richtung Banater Heide. Damit schloss sich der Kreis der wunderschönen Rundreise durch die Donaukarpaten. Unsere kleine, aber feine Reisegruppe, reichlich mit Naturschönheiten belohnt, trat die Heimreise an.

Ein herzliches Dankeschön den Organisatoren, dem Landesverband Bayern mit Werner und Renate Kloos, unserem Reiseleiter Dietmar Gross, den Verbandsmitgliedern, die mit viel guter Laune zum harmonischen Ablauf dieses Naturerlebnisses beigetragen haben.

Harald Johannes Zelgy


Bildergalerie: Rumäniens wilde Donaukarpaten, ein Naturerlebnis

Schlagwörter: Reisebericht, Banat, Donau, Karpaten, Wanderung

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