24. August 2024
Landesgruppe Niedersachsen / Bremen: Anabel und Oliver Zinz – eingebunden seit Kindertagen
Der 23. Juni 2024, anlässlich des Kronenfestes in Wolfsburg, war so ein Tag, an dem es einem Hobby-Reporter unter den Fingernägeln brennt: Dietmar-Udo Zey erlebte die jungen Geschwister Anabel und Oliver Zinz bei deren Mitwirken an dem traditionellen Kulturprogramm. Kurz entschlossen wurde vereinbart, sich über ein ganz aktuelles Thema in einem Gespräch auszutauschen: Was bewegt junge, siebenbürgisch-sächsisch-stämmige Menschen, deren Eltern in Siebenbürgen geboren und aufgewachsen sind, sich aktiv am Verbandsleben dieser großartigen Gemeinschaft zu beteiligen? Das Ergebnis dieser Aussprache verdeutlicht das folgende Interview.
Unter Bäumen lässt sich’s gut plaudern! Zunächst: Herzlichen Dank für eure Gesprächsbereitschaft, liebe Anabel, lieber Oliver! Unglaublich, was ich soeben erfahren habe: Du, lieber Oliver, hast gerade dein Abi, dein gutes Abitur, in der Tasche und heute tanzt du in der Jugendtanzgruppe mit und hältst die ungewöhnliche Kronenrede. Das muss doch alles sorgfältig vorbereitet werden, ist zeitraubend und anstrengend – oder?
Oliver: Das ist richtig, aber es ist auch beflügelnd. Und alles lässt sich nicht auf den letzten Drücker realisieren. Dass ich die Kronenrede nicht auf dem Baum, unter der Krone, sondern von hier unten gehalten habe, ist ein bewusstes Abweichen von der in Siebenbürgen gängigen Weise.
Welches waren deine Wahlfächer beim Abitur und wie geht’s weiter, was ist dein Ziel?
Oliver: Ich habe für meine Prüfung die Fächer Mathematik, Physik und Geografie gewählt. Natürlich habe ich ein Ziel: ein Jahr Bundesfreiwilligendienst beim THW. Ehrenamt war mir schon immer wichtig. Was danach kommt, ergibt sich während des Jahres.
Anabel, du bist uns aufmerksam gefolgt. Wann machst du Abitur? Warum hast du heute nicht mitgetanzt? Du tanzt doch auch in der Jugendtanzgruppe?
Anabel: Ich habe nicht mitgetanzt, weil ich verletzt bin. Doch bei der Veranstaltung nicht dabei sein – das geht gar nicht! Da ich erst 17 bin, habe ich noch etwas Zeit mit dem Abitur.
Seit zwei Jahren kenne ich euch als Mitgestalter der Wolfsburger Kulturprogramme: Anabel spielte ein Violinsolo von Brahms und Oliver spielte auf dem Piano die Polonaise in G-Moll von Chopin. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern. Es war anlässlich unseres Heimattages der Nordlichter. Wir waren alle sehr begeistert. Seit wann gehört ihr zu den Aktiven in eurer Kreisgruppe?
Anabel: Schon als Kinder, als wir noch in die Grundschule gingen, machten wir mit. Und es hat immer Spaß gemacht. Bei den Weihnachtsfeiern haben wir beim Krippenspiel mitgemacht und dabei auch, bei passenden Stellen, musikalisch begleitet. Nicht auf der Blockflöte, sondern von Anfang an auf unseren beliebten Instrumenten. In die Vorbereitungsphase unserer kirchlichen oder kulturellen Veranstaltungen waren wir schon früh eingebunden.
Du streichst die Saiten und Oliver greift in die Tasten …
Oliver: Ja, das machte den meisten Spaß. Ich spiele auch Orgel und durfte zum Beispiel den traditionellen Ostergottesdienst, den die Siebenbürger am zweiten Ostertag schwerpunktmäßig mitgestalten, an der Kirchenorgel begleiten.
Anabel: Wir machen auch bei dem traditionellen Reformationsgottesdienst mit. Und während der Liturgie übernehmen wir auch Lesungen und Fürbitten. Dazu ist eine vernehmliche und deutliche Aussprache erforderlich.
Woher kommt dieser Einsatz?
Anabel: Unsere Mutter war und ist „die treibende Kraft“. Sie ist und war uns immer ein gutes Vorbild. Die Traditionen, die siebenbürgischen Eigenheiten und das Brauchtum aufrecht zu erhalten ist uns ein liebes Bedürfnis.
Ich verstehe: Die prägende Wirkung aus dem Elternhaus. Kann man das an Beispielen konkretisieren?
Oliver: Kurz und bündig: Bildung, Musik, Sport und Einbringen im Ehrenamt sowie die Pflege des Kulturgutes unserer Ahnen – das sind die bisherigen Grundpfeiler. Und in unserer Familie wird nichts halbherzig ausgeführt. Es gibt bestimmte Werte, die unserer Familie heilig sind. Das sind die Werte, die immer genannt werden, wenn von den Siebenbürger Sachsen gesprochen wird.
Anabel: Zwei Beispiele zählen zu den eben genannten Werten, die ich so umschreiben möchte: Sich immer nur beschweren hilft nicht, trage zur Lösung bei! Eine zweite Maxime lautet: Wenn du etwas angehst, dann pack es richtig an und führe es zu deiner und anderer Zufriedenheit aus.
Das hört sich gut an! Ich bin völlig überrascht über so viel Reife, die ihr zum Ausdruck bringt. Gratuliere! Ich möchte noch erfahren: Sprecht ihr Sächsisch und kennt ihr Siebenbürgen?
Oliver: Wir kennen einen Teil Siebenbürgens und waren schon einige Male dort. Wir sprechen kaum Sächsisch, weil wir zu Hause Deutsch sprechen.
Wer’s glaubt …?!
Anabel: Das ist damit zu erklären, dass unsere Eltern aus unterschiedlichen Regionen Siebenbürgens stammen und unterschiedliche Idiome sprechen. Mutter stammt aus Keisd (Kokeltal) und der Vater aus Dobring (Unterwald). Um einander gut zu verstehen, haben sie Hochdeutsch gewählt. Aber wir verstehen, was unsere Großeltern sprechen. Ich weiß, dass Sprache bzw. Dialekt zum kulturellen Erbe gehören. Man identifiziert sich auch über die Sprache mit seiner Kultur.
Dann kann ich mir nur schlecht vorstellen, dass ihr nicht Sächsisch sprecht!? Nur einen Satz, bitte!
Anabel: Ja gut: „Nur zusammen sind wir stark“, lautet im Dialekt: „Nor zesummen sen mer stoark“.
Das hört sich wie ein Credo an. Wenn ihr das mit je einem Satz untermalen würdet, um es uns auf den Weg zu geben, wäre ich sehr dankbar.
Oliver: Der Mensch ist von Natur aus ein Gemeinschaftswesen und die Gemeinschaft erfordert das Zusammenarbeiten.
Anabel: Für eine lebendige Gemeinschaft ist die individuelle Beteiligung unerlässlich.
Ich schlussfolgere: Wer so denkt, wird wohl nicht anders handeln. Das wiederum ist für unsere Gemeinschaft gut. Vielen Dank für das Gespräch und hört nie auf in eurem Bemühen zum Erhalt unserer Kultur!
Oliver: Das ist richtig, aber es ist auch beflügelnd. Und alles lässt sich nicht auf den letzten Drücker realisieren. Dass ich die Kronenrede nicht auf dem Baum, unter der Krone, sondern von hier unten gehalten habe, ist ein bewusstes Abweichen von der in Siebenbürgen gängigen Weise.
Welches waren deine Wahlfächer beim Abitur und wie geht’s weiter, was ist dein Ziel?
Oliver: Ich habe für meine Prüfung die Fächer Mathematik, Physik und Geografie gewählt. Natürlich habe ich ein Ziel: ein Jahr Bundesfreiwilligendienst beim THW. Ehrenamt war mir schon immer wichtig. Was danach kommt, ergibt sich während des Jahres.
Anabel, du bist uns aufmerksam gefolgt. Wann machst du Abitur? Warum hast du heute nicht mitgetanzt? Du tanzt doch auch in der Jugendtanzgruppe?
Anabel: Ich habe nicht mitgetanzt, weil ich verletzt bin. Doch bei der Veranstaltung nicht dabei sein – das geht gar nicht! Da ich erst 17 bin, habe ich noch etwas Zeit mit dem Abitur.
Seit zwei Jahren kenne ich euch als Mitgestalter der Wolfsburger Kulturprogramme: Anabel spielte ein Violinsolo von Brahms und Oliver spielte auf dem Piano die Polonaise in G-Moll von Chopin. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern. Es war anlässlich unseres Heimattages der Nordlichter. Wir waren alle sehr begeistert. Seit wann gehört ihr zu den Aktiven in eurer Kreisgruppe?
Anabel: Schon als Kinder, als wir noch in die Grundschule gingen, machten wir mit. Und es hat immer Spaß gemacht. Bei den Weihnachtsfeiern haben wir beim Krippenspiel mitgemacht und dabei auch, bei passenden Stellen, musikalisch begleitet. Nicht auf der Blockflöte, sondern von Anfang an auf unseren beliebten Instrumenten. In die Vorbereitungsphase unserer kirchlichen oder kulturellen Veranstaltungen waren wir schon früh eingebunden.
Du streichst die Saiten und Oliver greift in die Tasten …
Oliver: Ja, das machte den meisten Spaß. Ich spiele auch Orgel und durfte zum Beispiel den traditionellen Ostergottesdienst, den die Siebenbürger am zweiten Ostertag schwerpunktmäßig mitgestalten, an der Kirchenorgel begleiten.
Anabel: Wir machen auch bei dem traditionellen Reformationsgottesdienst mit. Und während der Liturgie übernehmen wir auch Lesungen und Fürbitten. Dazu ist eine vernehmliche und deutliche Aussprache erforderlich.
Woher kommt dieser Einsatz?
Anabel: Unsere Mutter war und ist „die treibende Kraft“. Sie ist und war uns immer ein gutes Vorbild. Die Traditionen, die siebenbürgischen Eigenheiten und das Brauchtum aufrecht zu erhalten ist uns ein liebes Bedürfnis.
Ich verstehe: Die prägende Wirkung aus dem Elternhaus. Kann man das an Beispielen konkretisieren?
Oliver: Kurz und bündig: Bildung, Musik, Sport und Einbringen im Ehrenamt sowie die Pflege des Kulturgutes unserer Ahnen – das sind die bisherigen Grundpfeiler. Und in unserer Familie wird nichts halbherzig ausgeführt. Es gibt bestimmte Werte, die unserer Familie heilig sind. Das sind die Werte, die immer genannt werden, wenn von den Siebenbürger Sachsen gesprochen wird.
Anabel: Zwei Beispiele zählen zu den eben genannten Werten, die ich so umschreiben möchte: Sich immer nur beschweren hilft nicht, trage zur Lösung bei! Eine zweite Maxime lautet: Wenn du etwas angehst, dann pack es richtig an und führe es zu deiner und anderer Zufriedenheit aus.
Das hört sich gut an! Ich bin völlig überrascht über so viel Reife, die ihr zum Ausdruck bringt. Gratuliere! Ich möchte noch erfahren: Sprecht ihr Sächsisch und kennt ihr Siebenbürgen?
Oliver: Wir kennen einen Teil Siebenbürgens und waren schon einige Male dort. Wir sprechen kaum Sächsisch, weil wir zu Hause Deutsch sprechen.
Wer’s glaubt …?!
Anabel: Das ist damit zu erklären, dass unsere Eltern aus unterschiedlichen Regionen Siebenbürgens stammen und unterschiedliche Idiome sprechen. Mutter stammt aus Keisd (Kokeltal) und der Vater aus Dobring (Unterwald). Um einander gut zu verstehen, haben sie Hochdeutsch gewählt. Aber wir verstehen, was unsere Großeltern sprechen. Ich weiß, dass Sprache bzw. Dialekt zum kulturellen Erbe gehören. Man identifiziert sich auch über die Sprache mit seiner Kultur.
Dann kann ich mir nur schlecht vorstellen, dass ihr nicht Sächsisch sprecht!? Nur einen Satz, bitte!
Anabel: Ja gut: „Nur zusammen sind wir stark“, lautet im Dialekt: „Nor zesummen sen mer stoark“.
Das hört sich wie ein Credo an. Wenn ihr das mit je einem Satz untermalen würdet, um es uns auf den Weg zu geben, wäre ich sehr dankbar.
Oliver: Der Mensch ist von Natur aus ein Gemeinschaftswesen und die Gemeinschaft erfordert das Zusammenarbeiten.
Anabel: Für eine lebendige Gemeinschaft ist die individuelle Beteiligung unerlässlich.
Ich schlussfolgere: Wer so denkt, wird wohl nicht anders handeln. Das wiederum ist für unsere Gemeinschaft gut. Vielen Dank für das Gespräch und hört nie auf in eurem Bemühen zum Erhalt unserer Kultur!
Schlagwörter: Interview, Niedersachsen/Bremen, Zinz, Ehrenamt, Wolfsburg
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