27. Februar 2011

„Was man nicht aufgibt, hat man nie verloren!“

Horst Göbbel schreibt über den Erhalt unseres kulturellen Erbes und gibt Anregungen zum Mit-, Nach- und Weiterdenken.
„... es kommen einige, jedoch alles, was mit der Evangelischen Kirche getan wird, ist unnütz. Geld wird völlig umsonst eingesetzt, es wird repariert, es zerbröckelt. Ich weiß nicht, was das Amt für die Bewahrung des nationalen Patrimoniums (= kulturelles Erbe) für diese Kirche tut. Die Kirche haben wir so gelassen, wie wir sie gefunden haben, einerseits großartig, andererseits im Zerfall. Niemand hat ein Interesse, dieses wertvolle Kulturgut Siebenbürgens zu schützen. Auch die evangelischen Sachsen nicht, auch nicht diejenigen von den anderen Konfessionen, auch die Fachleute des nationalen Patrimoniums nicht, auch das Amt für die Erhaltung des Kulturerbes der Regierung nicht …“ Originalton Nicolae Zaharie, orthodoxer Pfarrer in Bußd im Sommer 2010 in einem Film von Andrea Man über die örtliche Kirchenburg (DVD „Die gute alte Zeit“ von Günter Czernetzky, 2010).

Trifft Pfarrer Zaharie den Nerv unserer Problematik? Ist nach der Evakuierung der rund 35000 Nordsiebenbürger Sachsen 1944, der Aussiedlung der ca. 6000 im Jahr1945 Zurückgekehrten sowie der Masse der über 200000 Südsiebenbürger Sachsen bis Anfang der 1990er Jahre auch das Ende ihrer bedeutenden kulturellen Hinterlassenschaft, etwa ihrer einzigartigen Kirchen(burgen) mit ihren wertvollen Altären, Orgeln, anderen Kunstgütern im Gange? Gibt es zum Ruin, zum Verfall dieser kulturhistorischen Preziosen eine realistische Alternative? In aller Kürze einige Anregungen zum Thema Rettung des siebenbürgisch-sächsischen Kulturerbes.
Kürzlich renoviertes Ostchordach der Bistritzer ...
Kürzlich renoviertes Ostchordach der Bistritzer evangelischen Kirche. Foto: Liviu Moise
Uns muss allen klar sein (bzw. werden): Das siebenbürgisch-sächsische Kulturebe in seiner Gesamtheit ist nicht zu retten. (Dr. Machat: „Man wird nie alles retten können.”) Jedoch kann mehr gerettet werden, als auf den ersten Blick möglich erscheint. (Bisher ist viel Positives geleistet worden, siehe Dokumentation des Kulturguts, Aufnahmen in das UNESCO-Kulturebe, Stiftungen mit vorbildlichen Projekten, Leitstelle Kirchenburgen, HOGs mit großartigen Leistungen, rumänischer Staat.)

Die in Siebenbürgen lebenden Siebenbürger Sachsen und die Evangelische Landeskirche in Rumänien sind von der Größe der Aufgaben überfordert.

Wer entscheidet darüber, was restauriert und instandgehalten wird? Der Zufall? Die freien Kräfte des Marktes? Die Kirchenleitung? Die Fachleute aus den Bereichen Architektur, Denkmalpflege, Tourismus? Der rumänische Staat? Die vor Ort lebenden evangelischen Christen? Externe, vernünftig bezahlte Experten? Motivierte potente Mäzene? Stiftungen? Die Heimatortsgemeinschaften? Welche Rolle spielen sie überhaupt? Welche Mittel stehen ihnen zur Verfügung? Wie lange noch? [Dr. Machat: „Ob wir es wollen oder nicht: Wir stehen (auch als HOGs) in der Verantwortung, solange wir uns als Teil der siebenbürgisch-sächsischen Gemeinschaft sehen!”; Dr. Sedler: „Kulturarbeit ohne Geld, ohne geschultes Personal, ohne Fachleute, ohne Kompetenz, ohne Engagement geht nicht.”; siehe dazu auch Beitäge von Dr. Hermann Fabini und Waltraut Eberle in Folge 2 der Siebenbürgischen Zeitung vom 31. Januar 2011].

Wir benötigen gleichgesinnte Partner vor Ort. Partner, die sich mit diesem Kulturerbe identifizieren können, wie zum Beispiel der Bistritzer Bürgermeister Ovidiu Crețu: Für den Wiederaufbau der Bistritzer Kirche nach dem Brand von 2008 sind bis Ende 2010 rund 1,9 Millionen Euro ausgegeben worden. Davon hat allein die Stadt Bistritz zusammen mit dem rumänischen Staat etwa 1 Million Euro beigesteuert (die Stadt allein etwa 300000 Euro, das ist fast so viel wie die Summe der Spenden aus dem Ausland).

Identität kann man nicht verordnen. (Problematik Identifikationsmöglichkeiten - Identifikationshindernisse). Identität kann man jedoch stiften, allerdings ist dies ein zeitaufwendiger, kleinschrittiger Prozess. (Dr. Sedler: „Kultur als Identitätsstifter.“)

Viele von uns müssen ihr Verhältnis zu „den Rumänen” grundlegend überdenken und sie langfristig als Erben unserer zivilisatorischen Hinterlassenschaft in Siebenbürgen sehen. Das Erbe ist wichtiger als der Erbe (Altbischof Dr. Christoph Klein).

Das erfogreiche nordsiebenbügische Modell der Übergabe von Kirchen an vorwiegend orthodoxe Gemeinden (bisher 23 Kirchen mit Zukunft) ist aus historischen Gründen auf Südsiebenbürgen (leider) nicht bzw. sehr schwer übertragbar.

Fazit: Wir benötigen klug durchdachte Strategien der künftigen sinnvollen, nachhaltigen Nutzung vieler Kulturgüter, der umgehenden Renovierung, Instandsetzung, des Unterhalts des siebenbürgisch-sächsischen Kulturerbes (in dieser Reihenfolge!). Und nochmals: Schilllers Wort aus „Maria Stuart“ bleibt auch unser Auftrag: „Was man nicht aufgibt, hat man nie verloren!“

Horst Göbbel

Schlagwörter: Kulturerbe, Siebenbürgen, Denkmalpflege

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  • 04.03.2011, 07:19 Uhr von Melzer, Dietmar: ...bla, bla, bla, wie langweilig... [weiter]
  • 03.03.2011, 23:58 Uhr von seberg: Oje, typisch Maria: statt wie Elisabeth zu sagen 'was man nicht aufgibt, hat man nie verloren', ... [weiter]
  • 03.03.2011, 22:26 Uhr von gloria: @Melzer,Dietmar:Warum gleich so ängstlich?? Wir sind doch alle erwachsen,nehme ich an und sollten ... [weiter]

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