24. Juli 2011

Ernst Wilhelm Müller, Jäger und Schriftsteller, wird 90

Das Leben und Wirken unseres Landsmannes Ernst Wilhelm Müller, geboren am 24. Juli 1921 in Schaas bei Schäßburg, ist den Lesern unserer Zeitung kaum bekannt. Er war während seines langen Lebens nicht nur ein erfolgreicher Manager und Firmenchef, sondern auch ein Jäger von altem Schrot und Korn, der seine schriftstellerische Begabung in zahlreichen Beiträgen und bisher sechs Büchern kundtat. Der Werdegang des kurz vor dem 90. Geburtstag stehenden Müller soll hier gewürdigt werden.
In Schaas betrieben die Eltern im Müllerhof, in der Nachbarschaft des Pfarrhofes gelegen, Landwirtschaft, Weinbau und führten gleichzeitig ein Gasthaus samt Dorfladen. Schon früh begleitete der Knabe seinen Vater auf dessen Jagdgängen in die Reviere des Gemeindehatterts. Im Alter von zwölf Jahren durfte der junge Wilhelm seinen ersten Hasen erlegen. Dazu schreibt er später: „Ich jagte seit Kindesbeinen und habe das Weidwerk durch meinen Vater lieben gelernt. Heute noch, nach so vielen Jahren, höre ich das Geschrei der Hirten und den giftigen Laut der Hunde, wenn der Bär in die Schafherde eingebrochen war.“ Mit Pfarrerssohn Fritz Schullerus sollten sich die beiden „Bischof – Teutsch“- Gymnasiasten so mancher Erlebnisse in den Weingärten und Waldungen der Umgebung ihres Heimatdorfes erfreuen. Nach dem 1942 in Schäßburg abgelegten Abitur wurden beide – gemäß staatlichem Abkommen zwischen Deutschland und Rumänien vom 12. Mai 1943 – in die Waffen-SS eingereiht. Nach Abschluss der Offiziersschule wurde Müller an der Ostfront eingesetzt. Als Kompanieführer geriet er 1945 bei Mariazell (Österreich) in Gefangenschaft, aus der er 1947 entlassen wurde.

Statt Theologe Firmenchef

Im Kampf um das tägliche Brot arbeitete er in einer Fabrik und lernte so das Leben eines deutschen Schichtarbeiters kennen. Sein Jugendfreund Fritz Schullerus, der zu jener Zeit bereits Theologie in Marburg studierte, schlug Wilhelm vor, das Gleiche zu versuchen, wäre doch ein Stipendium zur Unterstützung des Studiums zu erwarten gewesen. Gerne hätte Müller diesen Beruf ergriffen, studierte doch schon seinerzeit ein Bruder seines Vaters Theologie in Tübingen, doch es sollte anders kommen. Wir schalten zurück in das Jahr 1945: Als junger Kompaniechef half er kurz vor Kriegsende einer deutschen Gutsbesitzer- und Fabrikantenfamilie, die nach Österreich evakuiert war, sich vor der anrückenden Roten Armee in Sicherheit zu bringen. Vor dem Entschluss, Theologie zu studieren, nahm Ernst Wilhelm Kontakt zu dieser Familie auf, so wie er es damals versprochen hatte. Die dankbare Familie verhalf dem jungen Müller auf einen einträglichen Posten in der Industrie, dem anschließend 1951 die Einheirat in die Familie folgte (Bekleidungshaus Hoch in Geislingen). Im selben Jahr wurde er Chef dieses Betriebes und vervollständigte nun seine Kenntnisse an der Textilfachschule in Kirchheim bei Prof. Mecheels. Die Zeit verstrich und nach knapp 50 Jahren harter Arbeit, anlässlich des 100-jährigen Bestehens der Firma Hoch, übergab Müller 1995 die Leitung des Betriebes an seinen Sohn.

Ernst Wilhelm Müller ...
Ernst Wilhelm Müller
Während dieser Jahre frönte er in der Freizeit als leidenschaftlicher Jäger seinem alten Hobby. Schon 1954 bestand E. W. Müller die deutsche Jägerprüfung und wurde 1957 eigener Jagdherr und nebenbei begeisterter Jagdhornbläser; 30 Jahre lang wirkte er als Obmann der Jagdhornbläser des Kreisjagdverbandes Göppingen. Hauptsächlich für die Grüne Gilde schrieb er nun zahlreiche Sketche sowie das Theaterstück „Das Rehessen“, die allesamt zur Aufführung gelangten. Für sein langjähriges Wirken für die Jägerschaft wurde Müller mit der Verdienstnadel in Gold des Landesjagdverbandes Baden-Württemberg und mit der Verdienstnadel in Gold der Jagdhornbläser Baden-Württembergs gewürdigt. Hier sei zu erwähnen, dass E. W. Müller schon seit Beginn Mitglied der Einrichtungen unseres siebenbürgischen Verbandes ist.

Relativ spät nahm er sich Zeit auch für sein Hobby, die Literatur: So veröffentlichte er 1972 als Herausgeber der „Festschrift zur Fünfzigjahrfeier der Kreisjägervereinigung Göppingen“ drei Beiträge, die geprägt sind von seiner großen Liebe zur Tierwelt und deren Schutz und Hege. Seine Abhandlungen sind erfüllt von hoher ethischer Jagd- und Umweltverantwortung: „Das jagdliche Jahr“, „Jagdliche Sprache, jagdliches Brauchtum, jagdliche Sorgen“ und „Vom Beutejäger zum Hubertusjünger“.

Nach 1995 erschienen aus seiner Feder folgende fünf Bücher, die im Folgenden kurz vorgestellt werden sollen.

Im Roman „Im Rachen Luzifers“ (ISBN 3-00-000422-X), erlebt ein Junge von der Ulmer Alb im Rahmen der Kinderlandverschickung das weit im Osten gelegene, unbekannte Siebenbürgen mit seiner vielseitigen Kultur und seinem altehrwürdigen Brauchtum, seinem Glauben und dem unbändigen Fleiß des Bauernstandes. Gleichzeitig räumt der Schriftsteller auch mit der Hypothese „Dracula in Schäßburg“ auf.

In seinem Buch „Das Rehessen“ (ISBN 3-00-004761-1) gewährt E. W. Müller auch einen tiefen Einblick in die Tier- und Jägerseele und das ganze Drum und Dran. Das Essen wird nicht nur mit Gewürzen zubereitet, sondern auch mit würzigem Humor gepfeffert.

„Ein Hundertjähriger erzählt“ (ISBN 3-00-00081-X) ist eine Familien- und Firmengeschichte, in der das Kapitel „Und es kam einer von Jenseits der Wälder“ für siebenbürgische Leser von besonderem Interesse sein dürfte.

„Der Jagdhornklang“ bringt, wo immer er erklingt, stets Freude und Besinnung; sein Ton entführt uns in die Welt der Berge, der Wiesen und Wälder und simuliert die Erregung des Herzens beim Anblick des Wildes.

„Lustiges und Besinnliches über Hunde, Jagd und Jäger“ (ISBN 3-87517-008-3) enthält amüsante und lehrreiche Jagdgeschichten, tiefgründige Erzählungen und lustige Begebenheiten, wie sie mit Jägern, Hunden und Siebenbürgern immer wieder vorkommen.

In „Gedichte und Collagen über Tiere, Liebe, Lebenswege“ (ISBN 978-3-00-028299-7) lesen wir: „Was Tataren, Petschenegen, Kurutzen und anderes Kriegsvolk nicht fertig gebracht haben, ist einem Schustergesellen, der als Kommunist zum Staatschef Rumäniens avancierte, gelungen: Das überaus erfolgreiche Siedlungswerk der Siebenbürger Sachsen zu vernichten.“ Abschließend sei aus dem Gedicht „Sehnsucht“ die ewige Liebe eines Hochbetagten zu seiner alten Heimat Siebenbürgen verkündet: Die Erinnerung an den Glanz der „Lichtertchen“ in der weihnachtlich geschmückten Kirche von Schaas, vor dem einst das Kind mit leuchtenden Augen, voller Hoffnung und Freude stand. Nach einem langen und erfolgreichen Leben, steht nun ein Greis, wie einst der Knabe mit tiefer Ehrfurcht vor dem altüberlieferten ewigen „Lichtert – Lebensbaum“!

Sehnsucht

Ade ihr Kirchen und ihr Burgen
ade mein Siebenbürger Land,
seit wir gegangen wurden...
ist unsere Sehnsucht eklatant.
Ich seh’ den Wald mit seinen Tieren,
ich seh’ mich pirschen durch den Tann,
ich seh’ mich in Gedanken verlieren...
weil ich nicht mehr dort sein kann.
Ich seh’ im Traum den Lichtert leuchten
wie machte er die Nächte hell,
er half das Dunkle zu verscheuchen
und war uns tröstender Gesell.
Nun leben wir in hellen Gassen,
man merkt die Finsternis kaum,
das Herz jedoch kann es nicht fassen ...
es sehnt sich nach dem „Lichtert – Baum...“

Die fünf vorgestellten Bücher unseres Landsmannes Ernst Wilhelm Müller sind aus Anlass seines Geburtstages zu einem Sonderpreis für 8 Euro je Exemplar im Helfstein-Verlag, Karlstraße 3, 73312 Geislingen, Telefon: (0 73 31) 4 36 26, Fax: (0 73 31) 4 35 45, zu erhalten. Sie sind für jeden von uns und für alle unsere Lieben ein Erinnerungsgeschenk an unsere verlorene Heimat, das so manches siebenbürgische Herz höher schlagen lässt.

Rudolf Rösler

Schlagwörter: Geburtstag, Porträt, Schriftsteller, Jagd

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