18. Oktober 2011

Eröffnung der Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturwoche in Berlin

Der Bundesverband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland und seine Landesgruppe Berlin/ Neue Bundesländer veranstalten gemeinsam mit dem Deutschen Kulturforum östliches Europa und dem Rumänischen Kulturinstitut „Titu Maiorescu“ in Berlin eine Siebenbürgisch-Sächsische Kulturwoche. Mit der Eröffnungsveranstaltung „Heimat – Kultur“ startete am 20. September im Kulturinstitut „Titu Maiorescu“ die bis zum 1. Oktober laufende Veranstaltungsreihe.
Ein wunderschöner Herbsttag, wie er im ­Buche steht, und eine Landesgruppe in heller Aufregung, da unser Beitrag an diesem Eröffnungstag lange unklar war. Aber flexibel, wie wir Berliner nun mal sind, fanden sich Mitglieder der Berliner Singgruppe in der kleinen ­Küche des Rumänischen Kulturinstitutes „Titu Maiorescu“ ein und die vielen helfenden Hände schmierten Berge von Broten mit „Evangelischem Speck“ und schnitten Baumstriezel für den Empfang, der im Anschluss an die Eröffnungsfeier stattfinden sollte. Während die ersten Gäste eintrafen, blieb nicht mehr viel Zeit, um sich einzusingen und die Tracht anzulegen.

Die „Singgruppe der Siebenbürger Sachsen Berlin“ unter der Leitung von Brigitte Schneider eröffnete im Konzertsaal des Kulturinstitutes die Veranstaltung mit „Et schallt e Klong“ (Es schallt ein Klang) und begleitete sie im weiteren Verlauf mit Heimatliedern in sächsischer Mundart. Dem ,hohen‘ Anlass entsprechend wurden einige Hochzeitslieder zu Gehör gebracht, daneben das ebenso passende „Sommerowend“ (Sommerabend) von Grete Lienert Zultner im Satz von Hans Mild. Zum Abschluss sangen Singgruppe und Publikum gemeinsam „Af deser Iërd“ (Auf dieser Erde), das der vor 150 Jahren geborene Hermann Kirchner auf einen Text von Ernst Thullner komponiert hatte. Vorher war allerdings noch einiges passiert.
Die „Singgruppe der Siebenbürger Sachsen Berlin“ ...
Die „Singgruppe der Siebenbürger Sachsen Berlin“ unter der Leitung von Brigitte Schneider umrahmte mit Liedern in sächsischer Mundart die Eröffnungsveranstaltung im Konzertsaal des Rumänischen Kulturinstitutes „Titu Maiorescu“ in Berlin. Foto: H.-W. Schuster
Dr. Alexandrina Panaite, die Stellvertretende Leiterin des Rumänischen Kulturinstitutes, begrüßte die Mitwirkenden und Gäste – erst gegen Ende der Veranstaltung hatte sich der Saal gefüllt –, darunter namentlich auch den Künstler Kaspar Lukas Teutsch, Anni Schenker, die Vorsitzende der Landesgruppe, und Peter Böhm, den Botschafter Kanadas.

Respekt für die Kulturleistungen der Siebenbürger Sachsen, „um deren Erhalt wir uns offenkundig keine Sorgen machen müssen“, zeigte Susanne Kastner, MdL, in ihrem Grußwort. Die Vorsitzende der Deutsch-Rumänischen Parlamentariergruppe des Deutschen Bundestages sowie des Deutsch-Rumänischen Forums führte nach einem Rückblick auf den diesjährigen Heimattag in Dinkelsbühl und sein Motto aus: „Auch diese Kulturwoche in Berlin beweist, dass die Siebenbürger Sachsen beides haben: Wurzeln und Flügel. Die alten Traditionen sind in ihrer Mitte fest verankert, es gibt aber keinen Stillstand, sondern auch den Mut zur Veränderung.“ Der „elftägigen“ Kulturwoche wünschte sie einen erfolgreichen Verlauf.

Festrede „Heimat – Kultur“

„Heimat – Kultur“ hatte Karin Servatius-Speck, Stellvertretende Bundesvorsitzende unseres Verbandes, ihre Festrede betitelt. Auf sehr persönliche Art näherte sie sich dem Begriffspaar, umkreiste es mit Witz und Esprit, dann wieder nachdenklich hinterfragend, stellte es wohl auch auf die Waage, aber niemals in Frage.

Nachdem sie mit dem sprachlichen Beispiel des „Joi“ die persönlichkeitsprägende Kultur des heimatlichen Umfeldes sichtbar gemacht hatte, führte die Festrede, dem Begriff „Heimat“ nachgehend, in die Heimat Siebenbürgen mit ihrer Geschichte und Kultur. „Kultur, das Schöpferische, das Gegenteilige zur gesetzesgleichen Natur, lebt nicht nur aus Kreativität, sondern gleichermaßen dank der Pflege der Werte einer Gemeinschaft“, führte Servatius-Speck aus. Als Hauptmerkmal der intakten Gemeinschaftskultur, die die Siebenbürger Sachsen durch Jahrhunderte gepflegt haben, hob die Rednerin die Toleranz hervor.

Karin Servatius-Speck, Festrednerin und ...
Karin Servatius-Speck, Festrednerin und Stellvertretende Bundesvorsitzende. Foto: Hans-Werner Schuster
Der Vortrag rückte dann den einzelnen Menschen ins Blickfeld, und das, was ihn am nachhaltigsten prägt: das Elternhaus, diesen Ort verlässlichen, ritualisierten Lebens, den man mit allen Sinnen wahrnimmt und wo das Individuum auch die Sprache erlernt, durch die es primär in die Gemeinschaft eingebunden wird. Über die Sprache verfolgte Servatius-Speck dann die Verbindung und die Vermittlungsrolle der Siebenbürger Sachsen zum deutschsprachigen mitteleuropäischen Raum bis in die jüngste Vergan- genheit: „Diese Sprachkenntnis und das Wissen um deutsche Kultur haben dem Flüchtling und Vertriebenen der Nachkriegsjahre und dem späteren Aussiedler aus Siebenbürgen die Eingliederung in das kulturelle Lebensumfeld der neuen Heimat sehr erleichtert.“ Der Vortrag ­zitierte am Schluss die aussagestarken Worte einer jungen Aussiedlerin aus Rumänien: „Meine Heimat ist zweifelsohne Deutschland, Nürnberg, meine Straße, mein Haus, mein Kinderzimmer. Aber ich bin reicher an Heimat. Meine Heimat ... basiert auf der Vergangenheit meiner Eltern und ragt hinein in die Zukunft, deren Grundstein meine Eltern durch ihre Ausreise und ihr Vorbild für mich gelegt haben.“

Ausstellung Kaspar Teutsch

Im Rahmen der Eröffnungsveranstaltung im Konzertsaal fand auch die Vernissage der Ausstellung von Kaspar Lukas Teutsch „Figuration – Transfiguration“ statt. Die Ausstellung selbst war im benachbarten Ausstellungssaal aufgebaut worden, wo sie schon vor Veranstaltungsbeginn von den Besuchern besichtigt worden war. Bundeskulturreferent Hans-Werner Schuster, Kustos der Ausstellung, eröffnete sie und brachte dem Publikum den Künstler und sein Werk näher. Auch wenn der Begriff Retrospektive angesichts von nur 28 ausgestellten Werken zu hoch greift, erlaubte die Ausstellung doch einen Einblick in das vielfältige Werk und die unterschiedlichen bildnerischen Techniken in den 50 Jahren künstlerischen Schaffens von Kaspar Lukas Teutsch – das früheste Werke stammt noch aus der Studienzeit, 1963, das jüngste ist in diesem Jahr entstanden.

Schuster, der das Fehlen einer Teutsch-Monographie bedauerte, bot mit seinen Einführungen manche Interpretationshilfe für die ausgestellten Werke und versuchte auch den Ausstellungstitel zu erhellen. Dem unterschiedlichen Gehalt des Begriffes „Figuration“ nachgehend, u.a. auch als von Norbert Elias in die Soziologie eingeführte Bezeichnung eines Interdependenzgeflechtes, schlussfolgerte er: „Es entstehen Konstellationen, die unerwartet sind, die überraschen, mitunter auch frappieren – aber nie schockieren. Dafür sind sie einfach zu maßvoll, im Bildaufbau zu ausgewogen, in der Farbgebung zu edel. Es ist d i e Fähigkeit des Künstlers, Disparates zusammenzuführen und etwas Neues als überzeugende Einheit entstehen zu lassen: – Transfiguration.“
Die Ausstellung von Kaspar Lukas Teutsch ...
Die Ausstellung von Kaspar Lukas Teutsch „Figuration – Transfiguration“ war während der Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturwoche im Ausstellungssaal des Rumänischen Kulturinstitutes „Titu Maiorescu“ in Berlin zu besichtigen. Dort fand auch der Empfang nach der Eröffnungsveranstaltung statt. Vorne, ganz rechts im Bild der Künstler im Gespräch mit seinem Kollegen Helmut Fabini. Foto: H.-W. Schuster
Nach der abschließenden musikalischen Darbietung der Singgruppe hatten die Besucher Gelegenheit, sich näher mit den Werken von Kaspar Teutsch auseinanderzusetzen oder mit dem Künstler ins Gespräch zu kommen. Dass das bei einem Gläschen Wein und siebenbürgischen Spezialitäten leichter ging, ist genauso selbstverständlich, wie die Tatsache, dass die Gespräche mit den anwesenden Künstlerkollegen – ­darunter Helmut Fabini, Helmut Arz von Straussenburg– angeregter verliefen.

G. Wentrup; H.-W. Schuster

Schlagwörter: Kulturwoche, Berlin, Eröffnung, Ausstellung

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