30. November 2012

Lebenserinnerungen des Hermannstädter Archivars Franz Josef Zimmermann

Nein, wirklich nicht! Es war nicht alles so wunderschön in Hermannstadt und in Siebenbürgen, aber auch nicht in Wien und im ganzen k.u.k. Österreich-Ungarn: was man da zu lesen bekommt im jüngsten Band der Schriften zur Landeskunde Siebenbürgens. Es sind die Lebenserinnerungen von Franz Josef Zimmermann (1850-1935), der in Hermannstadt Archivar war (1875-1906) der Sächsischen Nation im Alten Rathaus, dem uralten Altemberger-Bau.
Bekannt ist der in Wien geschulte Historiker durch sein „Urkundenbuch zur Geschichte der Deutschen in Siebenbürgen“, 3 Bände (1892, 1897, 1902), mehr als 2000 Seiten, fast 2000 Urkunden, fortgesetzt in 4 Bänden (1937-91) durch Gustav und Hertha Gündisch mit nochmals ca. 3000 Urkunden bis 1486 quer durchs ganze Mittelalter. Nirgendwo in deutschen Landen gibt’s so was! – Dass die Hallerwiese vor Hermannstadt (ab 1890) ein Villenviertel wurde, verdankt man ebenfalls dem Zimmermann.

Nichts ist freilich ohne Schwierigkeiten gegangen. Schlendrian und Vetternwirtschaft machten Ärger und auch die besserwisserischen, überall kompetenten Theologen. – Geschichte und Gegenwart mit all ihren politischen Problemen diskutierte man im „Vatican“ bei Bischof Teutsch (in der Sporergasse) jeden Donnerstag in den „Leseabenden“: dass die Sächsische Nation 1876 wieder einmal aufgelöst und aus Hermannstadt Nagyszeben geworden war durch ungarische Dekrete, dass also der Andreanische Freibrief von 1224 und das Leopoldinische Diplom von 1691 nichts mehr gelten sollten. Da konnte ein junger Historiker nur mit historischen Hintergründen helfen. – Der war außerdem verliebt. Berta hieß sie in der Reispergasse und war 17. Man gönnt es dem 25-Jährigen, Plauderstunden und Leseabende, und liest darüber in seinem Tagebuch: „Lächerlich vom starken Geschlecht zu sprechen. Ein Mädchen guckt mal und …“ Ein Happy End hat’s nicht gegeben, weil die lieben Verwandten anders kuppeln wollten mit ihm. Der hat getrotzt: „Keine aus Hermannstadt“ – und holte sich eine aus Kronstadt, auch keine schlechte Idee.

Übrigens, der Dienst in Hermannstadt endete dumm mit einem Disziplinarprozess, den man dringend noch einmal untersuchen sollte aufgrund der Akten im Archiv. – Freilich ist das alles längst passé, nur mehr ein Rückblick auf Land und Leute, auf Zeit und Zustände damals vor mehr als 100 Jahren. – Mehr wird nicht verraten.

H. Z.


Franz Zimmermann: „Zeitbuch. Autobiographi­sche Aufzeichnungen eines Hermannstädter Archivars (1875-1925). Ed. H. Zimmermann“, Böhlau Verlag, Köln, Wien, Weimar (Schriften zur Landeskunde Siebenbürgens 34), 260 Seiten, 20 Abbildungen, ISBN 978-3-412-21520-0.

Schlagwörter: Buch, Hermannstadt

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