29. August 2013

Stadtpfarrkirchen, Klosterbauten und Synagogen

Die Pfarrkirchen der sächsischen Stadtgründungen in Siebenbürgen stehen im Mittelpunkt des jüngsten Buches von Hermann Fabini. Neben den religiösen Leitbauten widmet sich der Hermannstädter Architekt in „Sakrale Baukunst in siebenbürgisch-sächsischen Städten“ auch weniger bekannten oder verschwundenen Kirchen und Synagogen. Das Buch schließt an den 1998 und 1999 erschienen zweibändigen „Atlas der siebenbürgisch-sächsischen Kirchenburgen und Dorfkirchen“ an, der mittlerweile längst zum Standardnachschlagewerk geworden ist.
Bistritz, Hermannstadt, Klausenburg, Kronstadt, Mediasch, Mühlbach und Schäßburg – diese einst von sächsischen Siedlern gegründeten Städte waren laut Fabini Kristallisationspunkte des lokalen, aber auch gemeinschaftlichen Identitätsbewusstseins der sächsischen Bevölkerung Siebenbürgens. In ihrer Gründungs- und Baugeschichte spiegele sich auf vielfältige Weise das sächsische Wesen wider mit all seinen religiösen, wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Implikationen. Besonderen Ausdruck erhielten diese in der sakralen Architektur, die „die verschiedenen geschichtlichen Zeitabschnitte der vergangenen acht Jahrhunderte in überzeugender Form widerspiegelt“.

Bis auf die Michaelskirche in Klausenburg kennt der Hermannstädter Architekt und Denkmalexperte die Kirchenbauwerke genau – hat er doch in den vergangenen fünf Jahrzehnten intensiv an und in ihnen gearbeitet. Besonders genaue Kenntnis besitzt Fabini nach eigener Aussage in den evangelischen Stadtpfarrkirchen in Hermannstadt, Kronstadt und Mediasch, wo er längere Zeit Projektleiter von Restaurierungsvorhaben war. „In Schäßburg, Mühlbach und Bistritz habe ich an den dortigen Stadtpfarrkirchen Detailprojekte durchgeführt, so dass ich auch diese Baudenkmäler im Laufe der Zeit gründlich kennengelernt habe.“

Für das 280 Seiten umfassende großformatige Buch schöpfte Fabini aus seinem umfangreichen Fundus an Plänen, Werkzeichnungen, alten Stadtansichten sowie historischen und aktuellen Fotografien. Mit diesen Materialien illustriert der Kenner siebenbürgischer Baugeschichte die einzelnen Kapitel, so dass sich der Leser ein sehr genaues Bild des Geschriebenen machen kann. Leider fehlt an mancher Stelle die eine oder andere aktuelle Fotografie, beispielsweise hätten Fotografien der zu großen Teilen wieder hergestellten Bistritzer Stadtpfarrkirche ihren Platz verdient gehabt.

Diesen, wie auch den übrigen – überwiegend in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts entstandenen – Leitkirchen widmet sich Fabini in den sieben Hauptkapiteln seines Buches. Jedem Kapitel stellt er einen Abriss der jeweiligen Stadtgeschichte voran, wobei Fabini auf die Arbeiten von Dr. Hellmut Klima zurückgreift. Die historisch bedeutsamen Kirchen selbst stellt Fabini anhand einer Vielzahl von Grundrissplänen, Aufrissen, baugeschichtlichen Daten und Beschreibungen vor. Unerwähnt bleiben die derzeit laufenden Sanierungsmaßnahmen an den Stadtpfarrkirchen wie Hermannstadt und Mühlbach, die aus Gründen der Vollständigkeit in die Zeittafeln hätten einfließen können.

Der Leser erfährt in den Begleittexten manch interessantes Detail. Häufig stehen die eindrucksvollen Stadtpfarrkirchen auf den Fundamenten älterer Vorgängerbauten, wie Fabini anhand von Grundrissplänen veranschaulicht, teilweise gibt es Fundamente, die von nie vollendeten Kirchenerweiterungen zeugen, beispielsweise in Hermannstadt. Besonderes Augenmerk widmet der Autor unter der Bezeichnung „Das menschliche Antlitz“ den skulpturalen Darstellungen der Kirchenfassaden. Fabini erläutert, dass der Betrachter über den Gesichtsausdruck und die Haltung der als Bauplastik auf Grabsteinen, Altären, Kirchenfenstern und Epitaphien dargestellten Heiligen oder weltlichen Personen wesentliche Elemente der geistigen Ausrichtung bei den Erbauern der mittelalterlichen und neuzeitlichen Kirchen erfahre.

Anderen Kirchenbauten in den einzelnen Städten widmet sich der Autor je nach historischer Bedeutung in kürzerer Form. Interessant ist insbesondere auch die Dokumentation nicht erhaltener Kirchen- und Klosterbauten, die teilweise erst in der Spätzeit des Kommunismus der Abrissbirne zum Opfer fielen.

Das Buch solle seine bisherigen Untersuchungen siebenbürgischer Baudenkmäler ergänzen und abrunden, schreibt Fabini im Vorwort. Mit dem Buch versuche er, der sächsischen Stimme mehr Kraft und Geltung beim Schutz und Erhalt des baukulturellen Erbes in Siebenbürgen zu verschaffen, nicht zuletzt über die von ihm unlängst gegründete Stiftung „Patrimonium Saxonicum“, die auch an der Herausgabe des Buches beteiligt war – ebenso wie der Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde. Fabini legt mit dem aufwändig gebundenen und gedruckten Werk tatsächlich einen sehr lesenwerten dritten Band seines Kirchenburgenatlas vor, der jedem architektur- und kunstgeschichtlich interessierten Freund Siebenbürgens empfohlen werden kann.

HW


Hermann Fabini: „Sakrale Baukunst in siebenbürgisch-sächsischen Städten“, Monumenta-Verlag, Hermannstadt, und Arbeitskreis für Sie­benbürgische Landeskunde, Heidelberg, 280 Seiten, zahlreiche Schwarz-Weiß- und Farbabbildungen, Großformat, im Buchhandel 79 Euro (für AKSL-Mitglieder 55,30 Euro zzgl. Versand), ISBN 978-3-929848-96-0
Sakrale Baukunst in siebenbürgisch-sächsischen Städten
Hermann Fabini
Sakrale Baukunst in siebenbürgisch-sächsischen Städten

Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde

256 Seiten
EUR 79,00 (+ Versandkosten)
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Schlagwörter: Buch, Architektur, Siebenbürgen, Rezension

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