29. September 2015

Bühnenreif: Vortrag zu Lula Mysz-Gmeiner in München

Am Abend des 16. September referierte Raika Simone Maier im Münchner Haus des Deutschen Ostens (HDO) über „Die Konzertsängerin Lula Mysz-Gmeiner (1876-1948) aus Kronstadt“. Die Musikinteressierten, die der Einladung der drei Veranstalter Folge geleistet hatten, kamen in den Genuss eines Vortrags, den man zurecht als multimediale „Aufführung“ bezeichnen kann.
Das Institut für deutsche Kultur und Geschich­te Südosteuropas an der Ludwig-Maximilians-Universität München hatte in Zusammenarbeit mit dem Haus des Deutschen Ostens und dem Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V. für Mittwoch, den 16. September, in das HDO München eingeladen. Der Einladung zum öffentlichen Vortrag über „Die Konzertsängerin Lula Mysz-Gmeiner (1876-1948) aus Kronstadt“ war nur ein elitärer Kreis an Musik und Siebenbürgen interessierter Personen gefolgt. Ob es diesem privaten Rahmen und der für das Musikleben der 1900er Jahrhundertwende typischen „Salon-Atmosphäre“ zu verdanken war, dass die Referentin Raika Simone Maier zu großer Form auflief? Vielleicht. Vielleicht aber doch eher dem Umstand, dass Maier als Mezzosopranistin und als Musikwissenschaftlerin und -pädagogin über eine verwandte Seele sprach, die ebenfalls Mezzosopranistin und Musikpädagogin war.

Die Referentin, 1982 in Biberach an der Riss geboren, seit 2001 in Hamburg, London und Köln sowie in mehreren Meisterkursen zur Sängerin, Gesangspädagogin und Musikwissenschaftlerin ausge­bildet, beschäftigt sich seit 2012 mit Lula Mysz-Gmeiner. Sie tut es im Rahmen eines inter­disziplinären Forschungs- und Promotionsprojektes an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg, an der sie – neben ihrer künstlerischen Tätigkeit im Bereich Lied und Oratorium – auch unterrichtet.
Über die Sängerin und Gesangspädagogin Lula Mysz ...
Über die Sängerin und Gesangspädagogin Lula Mysz-Gmeiner (rechts, Porträt von Emil Honigberger) referierte Raika Simone Maier. Fotocollage: Hans-Werner Schuster
Ihre Promotionsarbeit steht kurz vor dem Abschluss und zeigt mit gut 400 Seiten auch, wie viel Material zu Lula Mysz-Gmeiner existiert. Auf die zahlreichen Quellen ging die Referentin in ihrer Einführung ein. Im weiteren Verlauf stellte sie, dem Ort und der Zielgruppe entsprechend, die siebenbürgischen Bezüge in Mysz-Gmeiners Leben in den Vordergrund. Maier gelang es, ein ansprechendes Porträt der 1876 als Julie Sophie Gmeiner in Kronstadt geborenen Künstlerin zu skizzieren. Dabei weitete sie den Blick auch auf die äußerst musikalischen Familien Gmeiner und Hintz – vier Geschwister Lulas wurden ebenfalls Berufsmusiker – und vermittelte manch überraschenden Einblick in das damalige Musikleben. Auch dadurch verdeutlichte sie, dass Lula Mysz-Gmeiners eine der ersten bürgerlichen „hauptberuflichen“ Sängerinnen war, die über fünf Jahrzehnte hinweg als Konzert- und Oratoriensängerin bei 1500-2500 Auftritten international gefeiert und 1905 in Wien zur k.u.k. Kammersängerin ernannt wurde. Schon während ihrer Ausbildung in Kron­stadt, Wien und Berlin hat sich ihre Vorliebe für die Lieder von Johannes Brahms, Carl Loewe, Franz Schubert, Robert Schumann, Gustav Mahler, Emil Mattiesen, Max Reger, Richard Strauss und Hugo Wolf gezeigt. Manche Komponisten haben Lula Mysz-Gmeiner Lieder gewidmet – so wie Rudolf Lassel sein „Bußlied“.

Alle Facetten von Mysz-Gmeiners künstlerischer Tätigkeit beleuchtend, stellte Maier auch deren gesangspädagogische Verdienste heraus. Und zwar nicht erst seit sie 1921 als Professorin an die Staatlich Akademische Hochschule für Musik in Berlin und 1944 als Leiterin des Fachbereichs Gesang am Landeskonservatorium Schwe­rin berufen worden war.

Und obwohl die Künstlerin 1948 in Schwerin auch verstarb, betonte die Referentin immer wie­der Luly Mysz-Gmeiners enge Bindung zu Sieben­bürgen und zu Kronstadt, ein Umstand, der auch durch ihre Auswahl an aussagekräftigen Fotos unterstrichen wurde. Sie trugen ebenso wie die zu Gehör gebrachten Einspielungen zu der Unmittelbarkeit und Anschaulichkeit des Vortrags wie zu der lebhaften anschließenden Diskussion bei. Bei Johannes Brahms „Immer leiser wird mein Schlummer“, Robert Schumanns „Der Nussbaum“ und Franz Schuberts „Frühlingslaube“ handelte es sich um Einspielungen, die mit Waldemar Liachowsky am Klavier in den 1920er Jahren bei Deutsche Grammophon aufgezeichnet und von Preiserrecords bearbeitet 1999 in Wien in der Reihe „Lebendige Vergangenheit“ veröffentlicht wurden. Schade nur, dass sich so viele Musikfreunde diese Aufnahmen wie den Vortrag haben entgehen lassen.

Hans-Werner Schuster

Schlagwörter: Musik, Pädagogin, Vortrag, München

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