18. Dezember 2016

Etymologischer Spaziergang (26): "Nomm deng Kniwel ewech" / Nimm deine Finger weg!

Die mundartliche Bezeichnung der Finger als Kniwel scheint im Schriftdeutschen keine Entsprechung zu haben. Es lässt sich aber zeigen, dass neuhochdeutsche Wörter wie Knöchel, Knubbel, Knebel, Knopf oder knibbelig und knifflig die gleiche Wurzel haben wie Kniwel.
An der Hand sind die vielen Fingergelenke auffällig, sie werden als Knöchel bezeichnet. Man klopft mit dem Knöchel an die Tür oder ans Rednerpult. Unter den vielen Bedeutungen des Wortes Knebel, das dem Wort Kniwel ähnelt, findet sich auch Knöchel, Knorren und Knoten, daneben gibt es aber auch Kniebel für Knöchel. „Wir müßten ihm fein die kniebel ins Gesicht setzen“ (Grimm WB). Die mittelhochdeutschen Wörter knübel, chnubil, knuwel bedeuten Knöchel und Knopf. „Der Kaiser ergrimmte und schlug sich mehrmals mit den Knöcheln und Faust aufs Haupt“ (Grimm WB). Interessant ist, dass es im Schwedischen die Bezeichnung „knuplä“ für die Finger gibt.

Das schriftdeutsche Wort kniff(e)lig lässt prima vista nicht erkennen, dass es sich auf die Finger bezieht. Dass die Wortbedeutung Finger im Wort knifflich steckt, erkennen wir jetzt, weil wir Kniwel kennen. „Dazu gehören Frauenzimmer Hände, das ist für uns zu knifflich“ (Grimm WB). Es leuchtet ein, dass eine Arbeit als kniffelig bezeichnet wird, wenn sie Fingerfertigkeit und Fingerspitzengefühl erfordert. Die Anforderung an die Finger findet die Analogie zur Arbeit des Verstandes, wenn eine schwierige Frage als knifflig bezeichnet wird.

Im „Etymologischen Wörterbuch des Deutschen“ (Pfeifer 2011) wird knifflig auf das mundartliche Verb „kniffeln, kneffeln“ bezogen mit der Bedeutung „genau arbeiten, mühselige, Nachdenken erfordernde Arbeit verrichten“. Dann heißt es „Die weitere Herkunft ist unklar“ (Pfeifer). Ich zitiere Schiller: „Dem Manne kann geholfen werden.“

Dr. Roland Phleps

Schlagwörter: Etymologischer Spaziergang, Mundart

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