18. Februar 2017

Von der Ritterburg zum Kulturzentrum der Siebenbürger Sachsen (Folge 3)

3. Folge der Geschichte von Schloss Horeck in Gundelsheim am Neckar: Götz von Berlichingen und die Zerstörung des Schlosses im Bauernkrieg (1525)
„Anno domini 1525 bei der Reigiung Herr Ditterich von Cleen von Ostermondag den XVII. dags aprillis bis uff den sontag exaudii [28. Mai] zu rechnen an blibe dis schloss aus forcht der bawern grimmickeitt gantz ode und on ein haupt verlossen stan. Am sondag noch ostern [23. April] warde es von dem hauffen der bawer geblundert und genomen an, am freitag nach quasimodogeniti [28. April] den V. dags maii durch XIIII dorzu verordnthen von bawern in boden verbrennet. [...] Dornoch umb den sondag exaudii [28. Mai] name der bavern wüthen mit blut vergissen ein ende.“ Heute noch kündet eine Inschrift über dem ehemaligen Portal der Wendeltreppe von Schloss Horneck über den härtesten Schlag, der dieses Baudenkmal im Laufe seiner Geschichte getroffen hat – die fast vollkommene Zerstörung.
Wappenstein im Innenhof von Schloss Horneck mit ...
Wappenstein im Innenhof von Schloss Horneck mit der Jahreszahl 1533, die den Abschluss des Wiederaufbaus markiert. Fotos: Anneliese Vater
Das hängt gewiss auch mit der Ausbreitung der Hornecker Herrschaft im Neckartal zusammen, über die in der zweiten Folge dieser geschichtlichen Reihe berichtet wurde, mit den Abgaben und Diensten, welche die Ordensritter und ihre im Schloss residierenden Deutschmeister von den Gundelsheimer Bürgern und von den Bauern der Umgebung eingefordert hatten. Im Kontext des Bauernkrieges, der 1525 in mehreren Gebieten des römisch-deutschen Reiches ausgebrochen war, sammelten sich Anfang April die Bauern aus dem Neckartal und dem Odenwald unter Jäcklein Rohrbach und verübten zu Ostern (16. April) die „Weinsberger Bluttat“, welche die Bauernerhebung nachhaltig diskreditierte und auch Martin Luther veranlasste, die Schrift „Wider die mörderischen und räuberischen Rotten der Bauern“ zu verfassen. Danach übernahm Götz von Berlichingen, der bekannte „Ritter mit der eisernen Hand“, die Führung. Die Hauptmannschaft soll ihm am 30. April in Gundelsheim, in der damaligen Deutschordens-Bannwirtschaft in der Schlossstraße übertragen worden sein. Ob seine Zustimmung mit der Drohung erzwungen wurde, seine benachbarte Burg Hornberg zu zerstören und seiner Familie etwas anzutun, wie Götz später behauptete, oder ob er es freiwillig tat, kann nicht mehr aufgeklärt werden; dass der in seinem Standesdenken befangene Ritter wenig mit den Aufständischen gemein hatte, ist aber sicher.

Angesichts der Weinsberger Untaten, der anschließenden kampflosen Besetzung von Heilbronn, Neckarsulm und anderen Orten in der Umgebung, floh Deutschmeister Dietrich von Cleen mitsamt „Pretiosen“ sowie Teilen der Verteidiger nach Heidelberg und überließ seine Hornecker Residenz ihrem Schicksal, wovon auch in der eingangs zitierten Inschrift die Rede ist. Auch Götz schilderte die Situation in seinen Erinnerungen „Mein Gottfriden von Berlichingen zw Hornberg vhedt vnd handlungen“ ähnlich: Ihm fiel auf, dass Horneck: „khein geschutz hettenn, nit ein buchßenn, das sie khonndtenn ein stein vsser einner maurn schießenn“. Der geflüchtete Cleen aber gab den Gundelsheimern den Befehl, das Gewölbe mit dem Archivgut und den Wert- sachen zu sichern, woraufhin diese auf seine hastige Abreise und die versprochene, aber ausbleibende Hilfe aufmerksam machten und berichteten, einiges sei schon am 17. April 1525 über den heimlichen Ausgang des Schlosses (den heutigen „Felsenkeller“) entwendet worden, als die ersten Plünderungen begonnen hatten, eine Angabe, die mit den Informationen von der Inschrift vor der Wendeltreppe übereinstimmt.
Inschrift von 1529, in gotischer Minuskel, über ...
Inschrift von 1529, in gotischer Minuskel, über dem Portal zur Wendeltreppe des Schlosses, heute im Lesesaal der Siebenbürgischen Bibliothek.
Die Bauern, berichtet Götz in seinen Memoiren, zogen „dennechstenn vff Hornneckh, vnd namen es ein, onne alle wehr.“ Dass er am 5. Mai mit zwei weiteren Bauernführern angeordnet hatte, die Deutschmeisterburg „bis auf den Grund“ zu zerstören, erfährt man nicht von ihm, wohl aber aus einer erhaltenen Kopie des Befehls selbst. In unserer Inschrift unterlief ein Datierungsfehler, denn der Freitag nach dem Sonntag Quasimodogeniti wäre der 28. April, nicht der 5. Mai (der Freitag nach Misericordia), der korrekterweise anschließend genannt wird. Noch am gleichen Tag wurde Horneck in Brand gesteckt, bis zur Vesperzeit sei alles bis auf drei Türmchen in Flammen aufgegangen, berichtete die Tochter des Ordenskanzlers Dorelin ihrem Vater. Das ­historisch äußerst wertvolle Ordensarchiv, Kunstgegenstände sowie Urkunden und Wertsachen, die benachbarte Adlige hier in Sicherheit gebracht hatten, gingen für immer verloren.

Kurz danach zog sich Götz auf seine benachbarte Burg Hornberg zurück, leistete nach der Unterdrückung des Aufstandes und einer zweijährigen Haft in Augsburg Urfehde und entging damit der Rache der Sieger. Glorreich war sein Gundelsheimer Auftritt aber mitnichten.

Am 17. Mai bereits gab Deutschmeister Cleen dem Hornecker Hauskomtur Georg von Wallenrode den Befehl, die Aufrührer zu bestrafen, Restitution und Schadensersatz für zerstörten Ordensbesitz sowie die Erbhuldigung zu fordern, welche Gundelsheim, Neckarsulm und Stocksberg am 23. Mai auch geleistet haben. Am 2. und 4. Juni schließlich schlugen die Truppen des Schwäbischen Bundes, dem auch der Deutschmeister beigetreten war, die Bauern bei Königshofen und Sulzdorf vernichtend.

Umgehend wurden körperliche und hohe Geldstrafen auch in Gundelsheim und Umgebung verhängt, zudem die Verpflichtung zur Fronarbeit beim Wiederaufbau der Burg Horneck angeordnet. Allein die Deutschordensstadt musste bis 1529 eine Strafzahlung von 1000 Gulden leisten. In einer Rekordzeit von acht Jahren (auf dem Wappenschild im Schlosshof kann man die Zahl 1533 lesen) wurde die zerstörte Burg als Renaissanceschloss wiederaufgebaut. Doch das half wenig, der Deutschmeister verlegte seinen Sitz nach Mergentheim, Horneck büßte seine zentrale Funktion im Ordensgebiet endgültig ein. Darüber wird in der nächsten Folge die Rede sein.

Dr. Konrad Gündisch


Links:

Von der Ritter- zur „Sachsen“-Burg, erste Folge, SbZ Online vom 30. November 2016

Von der Ritterburg zum Kulturzentrum der Siebenbürger Sachsen: Aus der Geschichte von Schloss Horneck, zweite Folge, SbZ Online vom 14. Januar 2017

Schlagwörter: Schloss Horneck, Geschichte, Deutscher Orden

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