6. Dezember 2017

Mahnmal gestohlen: Annemarie Suckow von Heydendorffs Bronzeplastik erinnert an Gefallene der Schlacht im Hürtgenwald

Mehrere Hundert Teilnehmer aus acht Nationen, die im Oktober dieses Jahres zum 34. Internationalen Hürtgenwaldmarsch gestartet waren, zogen diesmal am leeren Sockel des Hürtgenwald-Mahnmals vorbei. Das Denkmal war samt den Tafeln gewaltsam entfernt worden. Diese Zeitung berichtete in ihrer Ausgabe vom 31. Oktober 2004 schon einmal über dieses von der siebenbürgischen Künstlerin Annemarie Suckow von Heydendorff geschaffene Mahnmal.
Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges, vom 12. September 1944 bis zum 23. Februar 1945, tobte südlich von Aachen eine der blutigsten Schlachten, bei der etwa 13000 deutsche und 55000 amerikanische Soldaten den Tod fanden. Die Amerikaner gaben dem gesamten Kampfgebiet den Namen Huertgen Forest, vermutlich weil der Name eines der Dörfer, Hürtgen, ähnlich klingt wie „to hurt“ (verletzen).

Und dennoch, inmitten dieses Grauens gab es auch Menschlichkeit: Zwei Militärärzte, Dr. Günter Stüttgen und sein US-Kollege Dr. M. B. Davis, nahmen im Kalltal Kontakt zueinander auf und halfen sich gegenseitig mit Schmerzmitteln bzw. Verbandsmaterial aus. Während die Verwundeten beider Seiten gemeinsam versorgt wurden, herrschte Waffenruhe. Diese Tatsache wurden in dem von deutschen und amerikanischen Veteranen einem Maler mit authentischen Angaben in Auftrag gegebenen Bild „A time for healing“ (Zeit zu heilen) für die Nachwelt festgehalten. Es wurde 1996 in einer Feierstunde in Harrisburg/Pennsylvania enthüllt und Dr. G. Stüttgen hierzu eingeladen und geehrt. 1997 überreichten amerika- nische Offiziere dem Geschichtsverein Hürtgen eine Kopie dieses Bildes. Für Leutnant Friedrich Lengfeld errichteten amerikanische Veteranen auf dem Friedhof bei Hürtgen eine Ehrentafel. Er starb, als er einen schwerverwundeten amerikanischen Soldaten aus einem Minenfeld retten wollte.
Das Mahnmal im Hürtgenwald mit der von Annemarie ...
Das Mahnmal im Hürtgenwald mit der von Annemarie Suckow von Heydendorff geschaffenen Bronzeplastik vor dem Diebstahl. Foto: K. Nücken
Für die Gefallenen der „Allerseelenschlacht“ im Hürtgenwald gibt es zwei Ehrenfriedhöfe. Der eine liegt neben Vossenack, der andere bei Hürtgen. Neben dem Ehrenfriedhof von Vossenack wurde auf Wunsch der Hinterbliebenen der Windhund-Division und des Fördervereins „Windhunde mahnen zum Frieden“ im Jahre 1961 eine Gedenkstätte für ihre während der Hürtgenwald-Kämpfe gefallenen Kameraden errichtet. Hierfür schuf Annemarie Suckow von Heydendorff eine Bronzeplastik, die einen sterbenden Soldaten in den Armen eines Kameraden darstellt. Darunter ist eine Tafel mit der Inschrift: „Tote Soldaten sind niemals allein, denn immer werden treue Kameraden bei ihnen sein“ angebracht. Links und rechts des Eingangs erinnern Bronzetafeln an den Opfertod der Soldaten aller Nationen bzw. wird die Welt zum Frieden ermahnt. Das Mahnmal wurde am 13. November 1966, am Volkstrauertag, feierlich eingeweiht.

Ebenfalls der Aussöhnung ist der alljährliche Hürtgenwaldmarsch gewidmet. Die Idee dazu entstand, weil immer wieder US-Amerikaner in den Hürtgenwald kamen, um das ehemalige Kampfgebiet zu besuchen. Der Marsch folgt den Linien der historischen Lage von 1944 und führt auch an dem Mahnmal vorbei. Die Teilnehmer des 34. Internationalen Hürtgenwaldmarsches, aktive Soldaten, Reservisten, Veteranen und Zivilisten aus Deutschland, Belgien, England, Frankreich, Israel, Niederlande, Österreich und den USA marschierten 20 und 40 Kilometer lange Strecken und gaben sich im Hürtgenwald die Hand, um die Erinnerung an das furchtbare Geschehen wach zu halten und zum Frieden zu mahnen. Dies wurde auch in den Reden der Vertreter von Bundeswehr, Politik und im morgendlichen Feldgottesdienst deutlich. Das Motto der Veranstaltung „Versöhnung über Gräbern“ ist treffend, denn niemand weiß, ob er nicht auf der Marschroute an Stellen vorbeikommt, wo noch gefallene Soldaten unentdeckt in der Erde ruhen.

In den letzten Jahren wurden Stimmen laut, die diese Veranstaltung als Spielplatz für Militärfreaks in Frage stellen, die die Ausstellung „Hürtgenwald 1944 und im Frieden“ als zu kritiklos bezeichnen und im Mahnmal einen Ort der Verehrung von Heldenmythen sehen, bei dem eine kritische Auseinandersetzung mit der Rolle der Wehrmacht fehle und das sich zum Treffpunkt für Rechtsextreme entwickeln könne. Und weil nur noch wenige Veteranen leben, hinterfragen die Kritiker auch den Sinn einer solchen Gedenkstätte. Während der laufenden Auseinandersetzungen um die Gedenkstätte wurde das über zwei Meter hohe und 1,5 Tonnen schwere Mahnmal samt den Tafeln in der Nacht auf den 11. Mai gestohlen.

p.z.

Schlagwörter: Mahnmal, Künstlerin, Heydendorff, Zweiter Weltkrieg

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