15. Dezember 2025

„Wir zerlegen ja die Legende und Dracula“: Filmemacher Eduard Schneider im Gespräch über Doku zu Spukorten in Siebenbürgen

In Siebenbürgen verwurzelt, global agil. Der 55-jährige Filmemacher und Musikproduzent Paul Eduard (Edi) Schneider (verheiratet, ein Sohn) ist 1970 in Mühlbach im Kreis Alba geboren, als 13-Jähriger nach Deutschland ausgesiedelt, hat in Hamburg das Abitur gemacht, in Frankreich studiert (BWL an der Universität Stendhal in Grenoble) und danach weltweit gearbeitet, sei es in Europa, den USA, Japan, Thailand, China oder Katar. Definitiv zu Hause fühlt er sich in seinem Geburts- und seit 1996 wieder Wohnort, in Mühlbach: „Hier lade ich meine Akkus – technisch und geistig“. Große mediale Beachtung findet sein jüngstes großes Projekt, die 43-minütige Doku „Haunted Places – Draculas Transsilvanien“, die noch bis zum 28. Januar 2026 in der Arte-Mediathek verfügbar ist (https://www.arte.tv/de/videos/107786-001-A/haunted-places/). Anders als es der Titel suggeriert, werden darin in eindrucksvollen Aufnahmen Landschaft, Mythen und Menschen dem Publikum nähergebracht. In dem nachfolgenden Gespräch mit Christian Schoger über das Making-of lässt uns Eduard Schneider hinter die Kulissen der Filmproduktion blicken.
Herr Schneider, wie ist die bisherige Resonanz auf die Doku „Haunted Places – Draculas Transsilvanien“ ausgefallen?

Wir freuen uns, dass die Doku auch nach der Fernsehausstrahlung in der Arte-Mediathek bis zum 28. Januar 2026 verfügbar ist. Wir laden herzlich ein, unsere Mühe auf einem möglichst großen Bildschirm zu genießen. Leider ist der Link aus rechtlichen Gründen nur aus dem deutschsprachigen Raum Westeuropas und Frankreich zugänglich. Daher haben wir von hier aus Siebenbürgen nur „auf technischen Umwegen“ Zugang. Die Resonanz ist bislang großartig ausgefallen, denn der Titel ist „catchy“ für Leute, die noch nie in Rumänien bzw. Siebenbürgen waren. Etwas – erwartete – Kritik kam von Stimmen, die die Dracula-Thematik satthaben, dabei ist die Doku doch viel weitreichender als man vom Titel her denken mag. Der Bezug zu Dracula ist eigentlich nur der Anlass gewesen, Land, Leute und Kultur weiter zu erkunden und einem Publikum zugänglich zu machen. Wir zerlegen ja die Legende und Dracula und sagen deutlich, dass es sich um eine Romanfigur handelt, die inspiriert ist durch rumänische Kultur und Folklore.

Filmemacher und Musikproduzent in Mühlbach: Paul ...
Filmemacher und Musikproduzent in Mühlbach: Paul Eduard (Edi) Schneider, fotografiert von seinem 23-jährigen Sohn Victor Schneider, Masterand in Kinematographie an der Universität Bournemouth in England. Er arbeitete beim Dreh als Kameraassistent mit.
Sie haben als 1st Assistant Director maßgeblich mitgearbeitet an der Doku. Was alles beinhaltete dabei Ihr Aufgabenbereich?

Es war eine Freude und Ehre für mich, der Firma Mineworks aus Aachen Rumänien und vor allem Siebenbürgen vorzustellen. Durch meine zwanzigjährige Erfahrung im Filmbereich habe ich bei der Gestaltung mitgeholfen, die Verbindung zu den Protagonisten hergestellt, Drehgenehmigungen beantragt, gedolmetscht und mit Fachwissen, Herz und Muskeln geholfen, dass die Aufnahmen „im Kasten sind“. Regisseur Frank Mirbach und Produktionsmanager Hanno Gerken sind Weltklasseprofis, sie haben für ihre Serie „Haunted“ überall auf der Welt gedreht. in Louisiana in den USA, Frankreich, Schottland usw. Es war eine Herausforderung, Siebenbürgen mit dem letzten Schrei der Technik in 12K-Auflösung darzustellen.

Der Film zeigt vielfältige Facetten Siebenbürgens, Landschaft, Mythen, Menschen. Welchen Zeitraum beanspruchte das Projekt? Was waren die schwierigsten Herausforderungen, die Sie und das Team zu bewältigen hatten?

Richtig, darauf wurde von Anfang an bestanden, abgesehen von der Titelthematik auch Land, Leute und Mythen darzustellen. Die ersten Gespräche fanden vor vielen Jahren statt, dann funkte uns die Pandemie dazwischen. Frank und Hanno kamen dann auf Erkundungsreise und noch zwei Mal für den Hauptdreh.

Die schwierigste Herausforderung war den Leuten hierzulande klarzustellen, dass es in der Doku um viel mehr als nur „Dracula“ geht. Zum Glück hat da mein professionelles Netzwerk geholfen und sowohl Protagonisten als auch Zuständige an den Drehorten Vertrauen in mich hatten. Wenn es um Spuk, das Paranormale, also Übernatürliches oder Unerklärliches, um Mythen und Romanfiguren geht, befürchten mit gutem Recht viele, dass die Ergebnisse einer solchen Produktion zumindest fragwürdig sind.

Dracula ist zwar titelgebend, doch geht es eben um viel mehr als nur die literarische Gestalt, die historischen Bezüge und die mit ihr in Verbindung gebrachten Schauplätze in Siebenbürgen. Wobei die Siebenbürger Sachsen nur am Rande vorkommen. Was waren die für Sie siebenbürgenspezifischen Motive, die Sie in der Doku zur Geltung bringen wollten?

Inhaltlich hatte ich für das Drehbuch zwar Vorschläge. Das ging aber über viele Schreibtische, beim Sender und so weiter. Die Siebenbürger Sachsen waren und sind immer noch ein Hauptthema für eine mögliche zukünftige Produktion, die nichts mit Spuk und Dracula zu tun hat.

Sie leben in Mühlbach im Kreis Alba. Wie kam es zu Ihrer Mitarbeit an dieser Produktion? Haben Sie sich beworben?

Es kam zu dieser Mitarbeit über eine Empfehlung. 2016 hat mich die berühmte Drehbuchautorin und Regisseurin Brigitte Drodtloff besucht und mit ihr kam Frank Glencairn, ein exzellenter Fachmann in Filmaufnahmen und Nachbearbeitung, der leider dieses Jahr verstorben ist. Er hat mich Frank Mirbach empfohlen. Vor allem ging es um meine Hilfe bezüglich Drehlogistik, Land und Leute, aber natürlich kamen mir auch meine technischen und beruflichen Qualifikationen zugute.

Nachts auf dem Friedhof von Urwegen: Kein ...
Nachts auf dem Friedhof von Urwegen: Kein Untoter, nein, ein Ornithologe auf der Suche nach Rabennestern. Foto: Victor Schneider
Wie war die Zusammenarbeit mit Regisseur Frank Mirbach? Ihre Rumänisch- und Ihre Ortskenntnisse waren sicherlich kein Nachteil.

Die Zusammenarbeit mit Frank Mirbach und Hanno Gerken war ausgezeichnet. Noch bevor wir uns persönlich kennengelernt haben, hat es zwischen uns „gefunkt“ – wir sind Technikfreaks und Meister darin, mit manchmal bescheidenen Mitteln große Ergebnisse zu erzielen. Natürlich waren meine Sprachkenntnisse von Vorteil, aber ohne die Verbindung zu meinen Freunden Harald und Michael Sifft aus Urwegen wäre der Dreh am Bergfriedhof kaum zustande gekommen. Es ging um Vertrauen, dass kein Unfug am Friedhof geschieht und respektvoll gedreht wird. Ursprünglich sollte am Friedhof in Schäßburg gedreht werden, aber umsonst habe ich versucht zu erklären, dass es nur um eine Szene geht, in der im Dunkeln eine Gestalt über den Friedhof geht, die sich nachher als Vogelkundler herausstellt, der nach Rabennestern Ausschau hält. Kein Spuk, kein Unfug.

Sie sind gebürtiger Mühlbacher und offensichtlich sehr heimatverbunden. Sie sind aber auch in Hamburg aufgewachsen und international unterwegs. Hatten Sie niemals im Sinn, aus privaten oder beruflichen Gründen auszusiedeln?

Ja, ich bin in Mühlbach geboren, im Alter von 13 Jahren, 1984, nach Hamburg ausgewandert, nach 1990 habe ich in Frankreich studiert und bin seit 1996 wieder in Mühlbach ansässig. Hier fühle ich mich im wahrsten Sinne des Wortes zu Hause, hier lade ich meine Akkus – technisch und geistig. Seit mehr als 20 Jahren bin ich weltweit im Einsatz, habe überall in Europa gedreht, USA, Japan, Thailand, China, Katar usw. Gott sei Dank ist es heutzutage kein Problem mehr, überall auf der Welt tätig zu sein, wo man gefragt ist. Wo man sich wohl und verbunden fühlt, entscheidet jeder für sich selbst. Auszusiedeln kommt für mich nicht in Frage. Ich habe von hier aus so vieles erreicht, von dem ich aus Hamburg oder Grenoble gar nicht zu träumen wagte! Niemals hätte ich mir in Westeuropa ein 400 Quadratmeter großes Firmengebäude erlauben können. 2016 habe ich einen wesentlichen Teil der alten Hut- und kleinen Lederfabrik aus Mühlbach erworben. Seither ist es viel mehr als ein Studio geworden, ein „Spielplatz“ für kreative Künste in Musik, Foto, Film und Bildung. Seit Jahren organisiere ich hier Workshops und Kurse, die meisten ehrenamtlich. Ein Mini-Technikmuseum ist auch in Planung, mit legendären elektronischen Musikinstrumenten und eine Sammlung von mehr als 100 Computern, die meisten funktionstüchtig.


2010 wurden Sie zum Ehrenbürger Rumäniens ernannt. Welchen Hintergrund hatte diese Auszeichnung und was bedeutet Ihnen dieser Titel?

1996 bis 2006 habe ich für die meisten wohl bekannten rumänischen Künstlern und Bands der jungen Generation elektronische, moderne Musik produziert. Obwohl ich sehr verlockende Angebote aus Bukarest bekam, habe ich Mühlbach nie verlassen wollen, und wer mit mir arbeiten wollte, hatte keine andere Wahl, als sich hierher zu begeben. Bei allen meinen Fernsehauftritten und in den Medien generell habe ich Mühlbach gepriesen und ehrenamtlich über Mühlbach gedreht. Seit jeher mobilisiere ich hiesige Jugendliche und bringe ihnen das Filmen bei. Sehr gerne erfreue ich ältere Leute mit meinen Aufnahmen über die Gegenwart und Vergangenheit Siebenbürgens, wie zum Beispiel mein Film „Das ist Siebenbürgen!“ (online verfügbar: https://youtu.be/8X V3awfaQLo) oder „Das Leben und Wirken von Hans Otto Roth“, zusammen mit Projektpartner und Regisseur Wolfgang Köber.

Welche Projekte verfolgen Sie aktuell mit Ihrer Firma Schneider Productions? Robert Sonnleitner, einer der vier Webmaster von Siebenbuerger.de, hob mir gegenüber u.a. den Online-Weihnachtsgottesdienst hervor, den Sie und Alfred Dahinten realisieren.

Aktuell arbeite ich gerade am Feinschliff der neusten Doku, wieder in Zusammenarbeit mit Regisseur Wolfgang Köber, „Heimat ohne Grenzen“, eine Zusammenfassung der Highlights des Großen Sachsentreffens 2024 in Hermannstadt, aber auch gefühlvolles Bildmaterial und Musik, die uns mit unserer Heimat Siebenbürgen verbindet.

Parallel drehe ich auch den diesjährigen „Weihnachtsgottesdienst von Daheim für Daheim“, in der Tradition der Gottesdienste, die ich aufgrund der Initiative unseres Mühlbacher Stadtpfarrers Alfred Dahinten seit der Pandemie weiterhin pflege. Weitere abgeschlossene Projekte dieses Jahres sind der neuste Imagefilm für Star Assembly Mühlbach, der Stern der Industrie Siebenbürgens und der neue Imagefilm für Albota.

So kurz vor Weihnachten, welche Botschaft haben Sie für unsere „siebenbürgische Welt“?

Ich wünsche der „siebenbürgischen Welt“ eine besinnliche Adventszeit und frohe Weihnachten, auf dass wir weiterhin, obwohl in der ganzen Welt verstreut, zusammenhalten und uns gesund in Siebenbürgen wiedersehen!

In diesem Sinne weiterhin alles Gute!

Schlagwörter: Film, Dracula, Schneider, Mühlbach, Arte

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Neueste Kommentare

  • 15.12.2025, 18:51 Uhr von marzi: Coole Sache [weiter]

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