2. März 2018

Museenleiterin Dr. Irmgard Sedler wird mit Sonderausstellung in den Ruhestand verabschiedet

Das Museum im Kleihues-Bau in Kornwestheim (Stuttgarter Straße 93; Öffnungszeiten: Freitag bis Sonntag, 11.00-18.00 Uhr) zeigt vom 3. März 2018 bis 13. Januar 2019 die Ausstellung „Das Reich war uns kein Traum mehr. – Wahn und Wirklichkeit. Kornwestheim 1931-1945". Die Ausstellung wird am Freitag, dem 2. März, um 19.00 Uhr gemeinsam mit der Ausstellung "Hap Grieshaber & Gert Fabritius Biblische Geschichten - Parabeln des Gegenwärtigen" (siehe SbZ Online) eröffnet. Mit musikalischer Umrahmung und einer dramatischen Darbietung von Eva-Maria Piringer; Oberbürgermeisterin Ursula Keck spricht; Dr. Irmgard Sedler führt in die Ausstellungen ein. Gleichzeitig wird damit Dr. Irmgard Sedler als Leiterin der Städtischen Museen Kornwestheim in den Ruhestand verabschiedet.
Die Präsentation thematisiert den gesellschaftlichen wie auch den politischen Wandel im Ort: von ländlich-bäuerlicher Geschlossenheit am Beginn des 20. Jahrhunderts zu sozial-urbaner Offenheit und politischer Zerrissenheit in den 1920er bis 1930er Jahren. Sie wirft Streiflichter auf den Prozess der Stadtwerdung Kornwestheims, die, da in den 1930er Jahren noch nicht abgeschlossen, dem angestrebten „Volksgemeinschaft“-Ideal der Nazis vor Ort besondere Akzente verliehen hat. Dem Besucher werden diejenigen Veränderungen im Stadtbild vor Augen geführt, die eine gleichgeschaltete örtliche Volksgemeinschaft im Zeichen des Hakenkreuzes heraufbeschwören sollten, oder aber – wie der neue Rathausbau – den symbolischen Macht- und Entscheidungsanspruch seitens der NSDAP zu verkörpern hatten.

Das nächste Kapitel ist der nationalsozialistischen Durchdringung des Alltags und der individuellen Lebensbereiche sowie der ideologischen Unterwanderung von Kirche und Schule im Ort gewidmet. Eine Sonderstellung nehmen in der Schau die deutlichen Umstrukturierungen innerhalb des traditionsreichen Schuhunternehmens SALAMANDER ein – der Wandel von einer christlich-jüdisch geprägten Firma zu einem „arischen“ Unternehmen, wobei die mit dem Ausschluss der jüdischen Entscheidungsträger verbundenen Schicksale, die Rolle der Banken in diesem Prozess sowie das Schicksal von Zwangsarbeitern beleuchtet werden. Das Thema „Mobilisierung und Krieg“ führt den Weg Kornwestheims in die Katastrophe vor: Soldatentod statt Siegestaumel, Krieg, Bombenhagel und Rassenwahn statt eines blühenden „Tausendjährigen Reichs“. Das Tagebuch eines Kriegsheimkehrers zu Neujahr 1946 hält eine bittere Zukunftsvision fest: „Die Preise hoch, die Kleider längst verschossen./ Nur noch der Kohldampf hält den alten Schritt./ Doch hungern nur die dummen ‚Volksgenossen‘./ Wer’s besser kann, marschiert im Geiste mit.“ (G. H.)

Über die Suggestivkraft materieller Zeugnisse und die Dinggeschichten dahinter trägt nun diese Ausstellung das Thema mit zum Teil noch unbekannten, neuen Aspekten in die breite Öffentlichkeit.

Markus Lörz

Schlagwörter: Ausstellung, Kornwestheim, Geschichte, Sedler, Ruhestand

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