23. Mai 2018

Das Binderinum in Herrenberg

Der aus Hermannstadt stammende Buchautor Kurt H. Binder hat zum Gedenken an seine Frau Erika Binder ein Hausmuseum mit vielfältigen Exponaten in Herrenberg errichtet. Zuletzt veröffentlichte der 85-Jährige den autobiographischen Roman „Unter Roten Wolken“ (2011) und Erlebnisberichte einiger Siebenbürger Sachsen in dem Band „Die lange Nacht der Erzählungen“ (2014). Seine Sammlung mit 620 Limericks, „Mr. Lim Erick gibt sich die Ehre“ steht kurz vor der Edition.
Schon beim Eintreten fühle ich mich wie zu Hause, denn es duftet köstlich nach Bertramsuppe. Der Hausherr geleitet mich in sein Arbeitszimmer, den Ausstellungsraum. Kurt H. Binder erklärt mir, dass die Urlaube mit seiner am 19. August 2017 verstorbenen Frau Erika immer der aktiven Erholung gedient haben. Von den unzähligen Wanderungen auf Berggipfel hat das Ehepaar konsequent Steine mitgeschleppt. Alle liegen nun geordnet auf Regalen und in Vitrinen und sind mit je einem Foto und schriftlichen Hinweisen auf den Fundort versehen. Selbst im fortgeschrittenen Alter hat das Paar mehrere Hochgebirgswanderungen gemacht, angefangen von Norwegen über die Alpen und Dolomiten bis hinunter nach Griechenland.
Erika und Kurt H. Binder im Schein der ...
Erika und Kurt H. Binder im Schein der Mitternachtssonne bei Tromvik in Norwegen.
Seinen 70. Geburtstag beging Kurt mit seiner Frau, die früher Gymnasiallehrerin war, auf dem Mitikas, dem höchsten Gipfel des Götterberges Olymp in Griechenland. Beinahe perfekt symmetrische, runde und ovale Kiesel vom Dinosaurierstrand, Vulkansteine und ein Serpentin aus Griechenland, Schiefergestein vom Nordkap in Norwegen, roter Granit und Porphyre aus Finnland, ein Spektrolith und ein Amethiststein aus einer Amethistenmine in Lappland erinnerten an diesen dynamischen Lebensabschnitt. Ein Hasel-Wanderstock hat die Wanderfreudigen treu auf der 1 850 Kilometer langen Deutschland-Wanderung auf dem Europäischen Fernwanderweg E1 von Dänemark bis Konstanz am Bodensee begleitet. Ein beträchtlicher Teil der Sammlung besteht aus Relikten aus dem Ersten Weltkrieg, wie Stacheldraht, scharfe Gewehrkugeln, Granatsplitter, Stahlbeschläge und Holz von Unterständen aus den Südtiroler Dolomiten vom berüchtigten Col di Lana oder aus Griechenland. In einem anderen Bereich fallen uralte Dokumente, Bücher sowie zwei über hundert Jahre alte Zeitungsblätter auf, in denen sein Großvater und sein Urgroßvater, beide Pfarrer, mit Artikeln und Gedichten vertreten sind.

Das Binderinum wird ständig erweitert, auch durch Beiträge der fünf Kinder und Enkelkinder. Die Exponate erinnern an Bedeutsames im Leben der Familie oder wecken einfach nur amüsante Erinnerungen. Bevor ich mich verabschiede, zeigt Kurt H. Binder mir sein Lieblingsfoto: Erika und Kurt an einen Stein gelehnt, im Schein der Mitternachtssonne, nördlich des Polarkreises bei Tromvik in Norwegen. Das Bild mutet wie eine romantische Allegorie ihres Zusammenlebens an, in dem trotz gelegentlicher Gewitterwolken die Sonne nie untergegangen ist. „Unsere 54-jährige Ehe war eine einzige, oft anstrengende, aber wunderbare Wanderung“, meint der Autor. Sie habe ihn gelehrt, dass „die bessere Hälfte“ keine leere Worthülse sei – eine zärtliche Liebeserklärung an seine verstorbene Frau.

Runa Verdandi

Schlagwörter: Binder, Autor, Hermannstadt, Herrenberg

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