27. September 2020

Preisverleihung schlägt Brücken nach Siebenbürgen: Emil Michael Kleins Künstlerfamilie mit sächsischen Wurzeln

Am 20. August wird Emil Michael Klein mit dem Kunstpreis der Paul Boesch Stiftung in Bern ausgezeichnet. Der Präsident Dr. Rolf Grädel zeigt sich zufrieden: Die Wahl des Preisträgers hat erstmalig eine internationale Resonanz für den hochdotierten Kunstpreis ausgelöst, berichtet er stolz. Ganz besonders freut ihn, dass die Siebenbürgische Zeitung (Folge 13 vom 10. August) bereits im Vorfeld darauf aufmerksam gemacht hat. Am 20. August 2020 – wir wohnen nachmittags im Berner Kunstmuseum der Preisverleihung bei – ist der Beitrag samt drei schönen Bildern, seit morgens auch auf www.siebenbuerger.de zu lesen. Sogar die Hermannstädter Zeitung, die in Rumänien erscheint, druckt den Artikel gerne ab, samt der rührenden Geschichte, die im siebenbürgischen Heltau beginnt.
Dr. Rolf Grädel, Präsident der Paul Boesch ...
Dr. Rolf Grädel, Präsident der Paul Boesch Stiftung Bern, freut sich ganz besonders, dass die Siebenbürgische Zeitung über die Verleihung des Kunstpreises an Emil Michael Klein in Bern berichtet. Foto: privat
Mit der Verleihung des Paul-Boesch-Kunstpreises an Emil Michael Klein schließt sich der Kreis: Seine Urgroßmutter Amalia Wilhelmine Klein, schenkt 1966 seinem Vater Peter Klein ein Buch mit Grafiken des Künstlers Paul Boesch. Dieser schönen Band „10.000 Jahre Schaffen und Forschen“ begleitet den Vater – inzwischen selbst freischaffender Künstler - auf allen Wegen von Schäßburg nach Bukarest und Deutschland sowie später in die Schweiz.

Eindrücke aus Siebenbürgen

Zurück nach Heltau: Diesen malerischen Ort mit seiner imposanten Kirchenburg, kennt auch Dr. Grädel aus seinen Reisen nach Siebenbürgen, der alten Heimat seiner Ehefrau. Geboren in Târgu Mures kommt sie als Neunjährige in die Schweiz. Auf ihren acht Rumänien-Reisen lernt Familie Grädel vorwiegend Siebenbürgen kennen, aber auch die Maramures im Norden und das Moldaugebiet im Osten, mit seinen wunderschönen Klöstern. Besonders gefallen ihnen die freundlichen Leute, die abwechslungsreiche Landschaft, die Spuren der unterschiedlichen Kulturen, aber auch die Küche – mit ausgezeichneten Kuchen und Keksen in den wenigen, verbliebenen guten Bäckereien und Konditoreien. Ihn beeindrucken insbesondere die alten Kirchenburgen und Architektur, wie beispielsweise im gut erhaltenen Deutsch-Weißkirch.

EMK – preisgekrönter Künstler mit Pioniergeist

Dr. Nina Zimmer, Direktorin des Kunstmuseums Bern ...
Dr. Nina Zimmer, Direktorin des Kunstmuseums Bern und des Zentrums Paul Klee, lobte in ihrer Laudatio für den diesjährigen Preisträger Emil Michael Klein den mutigen Kunstansatz in seinen Werken. Foto: Kunstmuseum Bern
Doch nun sitzen wir im „neuen Erdgeschoss“ im Atelier 5-Bau. Hier eröffnet und präsentiert das Berner Kunstmuseums üblicherweise Ausstellungen. Miriam Hässig hat uns eingangs mit ihrem Gesang in „höhere Sphären“ und eine feierliche Stimmung versetzt. Rechts an der Wand hängt das fragmentarische Gemälde des Künstlers Ferdinand Hodler „Aufstieg und Absturz“ – sechs Männer erklimmen den bis dahin unbezwingbaren Gipfel des Matterhorns. Links an der Wand lehnt das Bild von Emil Michael Klein, das die Paul Boesch Stiftung im Rahmen des Kunstpreises von ihm erworben hat. Ich erkenne in der abstrakten Linie die Konturen der Flügel eines riesigen Vogels, der schräg nach oben weggeflogen ist. Dies passt auch zur Brücke, die Dr. Nina Zimmer, Direktorin des Kunstmuseums Bern und des Paul-Klee-Zentrums, in ihrer Laudatio schlägt: Sie vergleicht den mutigen Kunstansatz von EMK mit der alpinistisch-sportlichen Großtat in Hodlers Bild: „Es braucht für einen Künstler im 21. Jahrhundert besonderen Mut, besondere Beharrlichkeit und besondere Widerständigkeit um sich auf das Terrain des Malereidiskurses zu begeben.“ Mutig sind auch Kleins Vorfahren, die vor Jahrhunderten aus der nördlichen Rheingegend aufbrechen und als Siebernbürger Sachsen eine neue Zivilisation im Karpatenbogen aufbauen. Dieser Pioniergeist führt auch zu Kleins Kunst-Exprimenten, wie seine neue Werkserie 2019 „Curtains“ – malerische Vorhänge. „Das so eingesetzte Medium referiert auf die Tradition von Vorhang, Malerei und Wandteppich zu gleich, darunter die Spezialtradition der gemalten Vorhänge.“ erläutert Nina Zimmer.

Der Vater Peter Klein – Künstler, Autor und Dozent

Abstrakte Bilder malt auch Emil Michael Kleins Vater. Anlässlich seiner Ausstellung im Schloss Dottenwil beschreibt Michael Juon sie als „organisiertes farbiges Chaos“ – mit intensiven Farben und klaren Strukturen. Peter Klein zeige keine Vorliebe für eine bestimmte Farbe, sie ergäben sich während des Malens. Jede Farbe brauche ihr Umfeld, um zur Geltung zu kommen. Seine Bilder - www.peterklein.ch - zeigt er auch in Einzelausstellungen in Brig, St. Gallen, Bern, Augsburg, Darmstadt und München.
Die Bilder von Peter Klein – hier sein Atelier in ...
Die Bilder von Peter Klein – hier sein Atelier in Ernen – zeigt die Galerie C. Klein ab 15. November in Darmstadt, im Anschluss an das Symposium „Der Kreis als prägende Form in Kunst, Religion und Philosophie“. Foto: Galerie C. Klein
Geboren 1953 und aufgewachsen in Schäßburg, studiert Peter Klein Bildende Kunst in Bukarest und München, auch für das künstlerische Lehramt am Gymnasium. Später in Bern bildet er auch Bühnenmaler am Stadttheater aus parallel zu Lehrtätigkeiten. Ab 1991 lebt er als freischaffender Künstler mit seiner Familie im Walliser Bergdorf Ernen und unterrichtet in Brig an einer kantonalen Mittelschule „Bildnerisches Gestalten und Werken“. Als Autor verfasst er drei Bücher: im Jahr 2000 den „Bilderstern“ mit 120 Bildkarten, 2004 das „Kaleidoskop“ im Genius Verlag sowie 2018 „Der Gegensatz im Kreis und das Spiel der Lebensmöglichkeiten“ im Verlag „Text und Dialog“. Der Autor erklärt: „In diesem Buch habe ich das Motiv des Gegensatzes, das sich durch alle Lebensbereiche zieht, philosophisch ausformuliert. Ich lasse dabei Autoren zu Wort kommen wie R. Guardini, N. Hartmann, R. Steiner, E. Cassirer, oder M. Scheler. Mit ihrer Hilfe entfalte ich dieses Thema, das alle, etwa im Motiv des altchinesischen "Yin und Jang", kennen dürften. Den Kreis, als prägende Form in Kunst, Religion und Philosophie nimmt Peter Klein auch als Ausgangspunkt für sein Konzept für das Symposium, das seine Schwester Christiane Klein im Atelierhaus Vahle am 15. November 2020 in Darmstadt organisiert. Rene Kaufmann aus Dresden führt anhand Kleins Buch in das Thema ein, gefolgt von Vorträgen zu Fragen wie „Kreis als Zeichen der Vollendung - oder gibt es auch dazu eine Gegenspannung?“ von Prof. Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz aus Erlangen. Dr. Hildegard Kurt aus Berlin referiert zu „Der Kreis als Grundform schöpferischen Denkens“ und Hartmut Schröter aus Bochum spricht über „Leben im Widerstreit - Nietzsches Polarität des Dionysischen und Apollinischen und die plastische Kraft“. Anschließend eröffnet Christiane Klein in der Galerie C. Kleine die Ausstellung mit Peter Kleins Bildern. Weitere Informationen unter www.atelierhaus-vahle.de.

Die Mutter Ursula Klein – Pädagogin für textiles Gestalten

EMKs Mutter, 1957 geborene Kaufmann, ist Schweizerin aus dem Kanton Sankt Gallen. Sie studiert Philosophie, Kunstgeschichte und Germanistik in Zürich und Tübingen. Später bildet sie sich als Lehrerin aus sowie als Pädagogin für textiles und technisches Gestalten, das sie in Ernen und Fiesch unterrichtet. Zweimal fährt Ursula Klein nach Siebenbürgen – kurz vor der Wende und Mitte der 90er Jahre. Sie erinnert sich: „Die Tradition war überall „mit Händen zu greifen“ als Stadtanlagen, Kirchenburgen, Häuser und Denkmäler. In den von Siebenbürger Sachsen verlassenen Häusern lebten nun hauptsächlich Rumänen. Am besten hat mir Schäßburg gefallen, wegen seiner wunderbaren, in waldiges Hügelland eingebetteten Lage mit der mäandernden Großen Kokel um die Burg. Auch an den Stundturm, die verwinkelten Gassen, die Torbogen der Wehrtürme, die gedeckte Schülertreppe und den Friedhof bei der Bergkirche erinnere ich mich gerne. In politisch besseren Zeiten, hätte ich mir gewünscht, dort zu leben. Auch die siebenbürgisch-sächsische Mundart hat mir sehr gut gefallen. Am meisten hat mich die nicht über-genutzte Landschaft beeindruckt: Die uralten Eichenbäume auf der Breite bei Schäßburg, der Wanderweg zwischen Heltau und Michelsberg - dessen Dorfbild mich anmutete wie vor Hunderten von Jahren - das lauschige Silberbachtal und die alte Kulturlandschaft in und um Birthälm.“

Die Schwester Lena Klein – Art Direktorin für Kommunikations-Design

Die Kommunikations-Designerin Lena Klein hat in ...
Die Kommunikations-Designerin Lena Klein hat in Bern und Basel studiert. Als Art Direktorin entwickelt sie Design und Werbe-Konzepte für eine Kommunikations- und PR Agentur in der Schweiz. Foto: Dieter Seeger
Auch Emils Schwester Lena erinnert sich gerne an Siebenbürgen. Geboren 1984, absolviert sie ein Bachelor- und Masterstudium in Kommunikations-Design in Bern und Basel. Heute entwickelt sie Design- und Werbekonzepte in einer Schweizer PR-Agentur als Art Direktorin – zu Erneuerbaren Energien sowie politischen und sozialen Themen. Lena Klein, heute wohnhaft in Bern und Basel, lebt und arbeitet auch einige Jahre in Berlin. An ihre Familienreise nach Siebenbürgen 1997 erinnert sie sich gerne, trotz des anfänglichen Kulturschocks: „Das Toilettenpapier, die Autos und die Hunde sind mir besonders aufgefallen. Doch es war insgesamt eine schöne Reise. Wir haben mit den Kindern aus Michelsberg sehr viel gespielt, wir bildeten gleich eine Gruppe – mit sächsischen, rumänischen und Roma Kindern. Sehr beeindruckt hat mich auch die Landschaft, die Architektur und die Ruhe, alles war dort weniger hektisch. Als Erwachsene bin ich nochmals dahin gereist und Rumänien schien mir weniger ärmlich. Unsere Groß- und Urgroßeltern waren der siebenbürgisch-sächsischen Tradition sehr stark verbunden und in deren Strukturen fest verankert. Ich hätte mir gut vorstellen können dort aufzuwachsen und möchte öfter den Sommer dort verbringen, wenn es beruflich möglich ist. Ich finde es erfreulich, dass sich viele Menschen dafür einsetzen die siebenbürgisch-sächsischen Bauweise zu erhalten.“

Die Schwester Flora Klein – freischaffende Künstlerin und Dozentin

Flora Klein studierte an der Kunsthochschule in ...
Flora Klein studierte an der Kunsthochschule in Lausanne und lebt seit Jahren als freischaffende Künstlerin in Berlin. Ihre abstrakten Malereien stellt sie auch in Galerien in Düsseldorf und Kopenhagen aus. Foto: privat
Emils Schwestern sind auch beide künstlerisch begabt. Flora - geboren 1988 - studiert an der Kunsthochschule in Lausanne. 2014 führt sie ein Atelierstipendium des Kanton Wallis nach Berlin wo sie seither lebt und arbeitet. Sie widmet sich hauptsächlich der abstrakten Malerei, ist jedoch auch als Dozentin lehrend tätig. 2016 verleiht ihr die Kiefer Hablitzel / Ernst Göhner Stiftung einen Schweizer Kunstpreis und ihre Arbeiten werden in Deutschland, Frankreich, der Schweiz und Amerika ausgestellt. Aktuell zeigt die Galerie Christian Andersen in Kopenhagen ihre Werke (https://christianandersen.net/Exhibitions/2020). Auch Flora Klein erinnert sich gerne an die gemeinsame Familienreise 1997 nach Siebenbürgen: „Am besten haben mir Michelsberg sowie die Kinder und Jugendlichen, die wir im Dorf kennengelernt haben, gefallen. Jeden Tag haben wir mit ihnen gespielt und sind gemeinsam in der Umgebung herumgestreift. Beeindruckt hat mich auch, dass die Kühe und die Ziegen jeden Tag, von alleine, pünktlich um sieben Uhr abends von der Weide kamen. Einen bleibenden Eindruck hat mir auch hinterlassen, wie „ganz anders“ die Menschen dort gelebt haben als wir es in der Schweiz gewohnt waren. Dies lag sicherlich auch daran, dass ich mich zum ersten Mal für längere Zeit in einem anderen Land aufhielt. Heute weiß ich, diese Erfahrungen haben mich sehr geprägt und ich denke gerne an unsere Reise zurück.“

Die Paul Boesch Stiftung in Bern

Emil Michael Klein verleiht seinen Bildern meistens keine Namen und lässt unserer Phantasie freien Lauf. Dazu Robert Wenger, Gründungspräsident der Paul Boesch Stiftung, zum angekauften Bild: „Emil denkt in Flächen, der Betrachter sieht Linien. Daraus entsteht eine spannende Diskrepanz, die nie zu einem gemeinsamen Ergebnis führt. Der Ruhe der Fläche steht die unstete Linie gegenüber. Wie zwei komplementäre Farben, erzeugen die Elemente in Kleins Werken wieder Harmonie!“
Der Stiftungsrates der Paul Boesch Stiftung in ...
Der Stiftungsrates der Paul Boesch Stiftung in Bern, von links nach rechts: Dr. Nina Zimmer, Direktorin Kunstmuseum Bern und des Zentrums Paul Klee; Stefan Gelzer, Direktor Schule für Gestaltung Bern+Biel; Valérie Knoll, Direktorin Kunsthalle Bern; Rolf Grädel, Präsident und Peter Gurtner, Geschäftsführer der Stiftung; Dr. Claudia Engler, Direktorin Burgerbibliothek Bern und Robert Wenger, Stiftungsrat. Foto: Paul Boesch Stiftung, Bern
Welche Aufgaben erfüllen die Mitglieder des Stiftungsrates? Nina Zimmer und Valérie Knoll wählen die Hauptpreisträger und Stefan Gelzer die Kandidaten für die Förderpreise an Schüler der Schule für Gestaltung aus. Robert Wenger organisiert die Druckprodukte und hilft, wenn niemand weiter weiß... Die Mitglieder des Stiftungsrates arbeiten ehrenamtlich und treffen sich jährlich zu einem gemeinsamen Essen.

Dieses Jahr schlug die Preisverleihung neue mediale Wege ein. Die Reaktionen auf die Live-Übertragung über Facebook waren durchwegs positiv, freut sich Maria-Teresa Cano, Leiterin Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit am Kunstmuseum Bern. So konnten auch Interessierte, die wegen der aktuellen Situation nicht teilnehmen konnten, die Preisverleihung mitverfolgen. Diese gute Erfahrung kann die Stiftung (www.paulboesch.ch) künftig fortsetzen. Viel Erfolg!

Melita Tuschinski

Schlagwörter: Maler, Schweiz, Heltau, Schäßburg, Auszeichnung, Kunst

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