27. September 2021

Das Alzner Kirchenburgprojekt. Ein Anfang

Seit bald drei Jahrzehnten trägt die Zusammenarbeit zwischen der Heimatortsgemeinschaft Alzen und der Heimatgemeinde im Harbachtal beachtenswerte Früchte. Dabei geht es vor allem um den Erhalt der ehrwürdigen Kirchenburg, so die Restaurierung der Wehrmauern, die Neueindeckung des Kirchenschiffes und des Kirchturms. Hinzu kommen wichtige Arbeiten auf dem Friedhof in unmittelbarer Nähe zur Burg.
Es lag und liegt letztlich an den zwei Persönlichkeiten, deren Ausnahme-Engagement im Sinne der Verantwortung für das kulturelle Erbe, zugleich aber auch für den Zusammenhalt der Alzner über Grenzen hinweg, hier Einmaliges leisten: In Alzen ist nach der großen Auswanderungswelle die Lehrerin und Kirchenkuratorin Rosemarie Müller zur Seele des Dorfes geworden – Ansprechpartnerin als Ersatzkrankenschwester, Seelendoktor und Sozialarbeiterin für die älteren Menschen im Ort, Touristenführerin und historisches Gedächtnis der Gemeinde, die die Gemeinschaftsprojekte sinnstiftend initiiert und die Zusammenarbeit mit den Ausgesiedelten sucht. In Deutschland ist es der HOG-Vorsitzende Hans Martin Tekeser, erfolgreiche Unternehmerpersönlichkeit und charismatischer Zeitgenosse, dessen Organisationstalent und großzügige finanzielle Unterstützung aus Plänen Tatsachen werden lässt.
Dass entschiedenes Handeln gerade in der Gegenwart bitter nötig geworden ist und dabei zu einer Herausforderung weit über die Möglichkeiten einer hier und dort lebenden Dorfgemeinschaft erscheint, ist eine zwingende Folge der Ereignisse vom November 2020. Damals kam es zum Einsturz des jahrhundertealten Gewölbes im Mittelschiff des bis ins frühe Mittelalter zurückgehenden Kirchenbaues in Alzen (siehe Die Alzner und ihre Kirche: Herausforderungen nach dem Einsturz eines Teils des Kirchengewölbes).
Freiwillig geleistete Aufräumarbeiten im ...
Freiwillig geleistete Aufräumarbeiten im Mittelschiff der Alzner Kirche am 7. August 2021. Foto: Werner Sedler
Zu dem Zeitpunkt weilte auch die in Alzen geborene Germanistin und in Hamburg tätige Deutschlehrerin Edith Dengel-Feleki in ihrem Heimatort. Sie ist die Dritte im Bunde, die sich aktiv eingebracht haben, wichtige Verbündete mit ins Boot zu holen, das zeitaufwändige und kostspielige Projekt der Restaurierung des Kirchengebäudes in die Wege zu leiten, Unterstützungsnetzwerke zu knüpfen. Letztlich gelang es den Protagonisten, über den Abgeordneten des Demokratischen Forums der Deutschen Minderheit in Rumänien, Ovidiu Ganț, die Nationale Entwicklungsagentur (Compania Națională de Investiții) auf Alzen aufmerksam zu machen mit dem Versprechen auch auf finanzielle Förderung. Unterstützung signalisierten auch die übergeordneten kirchlichen Behörden – das Landeskonsistorium der Evangelischen Kirche in Rumänien und das Evangelische Bezirkskonsistorium Hermannstadt.

Getragen von solcher Zuversicht und dem vielseitigen, auch ehrenamtlichen Engagement zahlreicher Persönlichkeiten und Vereine, setzte ein erstes konkretes, gemeinschaftliches Handeln vor Ort am 7. August d. J. ein deutliches Zeichen: Mit dem frühmorgendlichen Glockenläuten machten sich drei Generationen Alzner auf den Weg zur Kirchenburg, ihnen angeschlossen freiwillige Helfer aus der nahen Kreishauptstadt, Handwerker und Architekten von nah und fern. Die knapp hundert Freiwilligen verband mehr oder weniger reflektiert neben dem Willen, ein Zeichen des Handelns zu setzen durch die Aufräumarbeiten im Kircheninneren, die Entfernung der Unmengen von Schutt und die Rettung wertvoller historischer Baumaterialien sowie der zu restaurierenden Kirchenbänke und vom Schutt überlagerter Totengedenkfahnen, das Gemeinschaftsgefühl aus alten Zeiten: Im Bild der arbeitenden Frauen und Männer unter dem sommerlichen Himmel, umschlossen vom Wehrmauerring am Kirchenberg fand manch einer die Bestätigung dessen, was ein zutiefst emotionales Heimatgefühl ausmacht, wie es heute nicht mehr immer und überall selbstverständlich ist: Ein Gefühl der selbstverständlichen Dazugehörigkeit zu den Menschen und dem Ort, welches man nicht zu hinterfragen braucht, ein wenn auch vergänglicher Moment der totalen Harmonie mit dem Umfeld, den gemeinsamen Handlungszielen. Wen wunderte es, dass schon wenige Stunden danach, in seit Generationen eingespieltem Handeln die Aufräumarbeiten geschafft, der Wildwuchs von Ringmauern und Wehrtürmen entfernt, die Friedhofswege und -allee hergerichtet waren, auf dem Pfarrhof und im Pfarrgarten nach dem Rechten gesehen wurde.

Bei dem anschließenden, zum Dorffest sich gestaltenden Beisammensein fand der HOG-Vorsitzende Hans-Martin Tekeser die richtigen Dankesworte für alle, die sich handelnd und unterstützend an dem erst am Anfang stehenden ehrgeizigen Projekt des Wiederaufbaues des Gewölbes im Mittelschiff der Alzner Kirche beteiligt hatten. Sein persönlicher Dank galt auch einzelnen siebenbürgischen Verbänden und den Heimatortsgemeinschaften der Nachbargemeinden, wie den HOGs Holzmengen, Braller, Mortesdorf, Probstdorf, Rode und Großscheuern, dem Ingenieurbüro von Spiess & Partner, der Landesgruppe Baden-Württemberg des Verbandes der ­Siebenbürger Sachsen sowie dem ­Verband der Siebenbürgisch-Sächsischen Heimatortsgemeinschaften in Deutschland. Ein Anfang, der Hoffnung erlaubt.

I. S.

Schlagwörter: Alzen, Kirche, Kirchenburg, Restaurierung, DFDR, Gant, HOG, Hermannstadt

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