18. Januar 2022

Peter Jacobi – ein Name, der für sich spricht

Dem vielseitigen und überaus regen Peter Jacobi, dessen Hauptwerk wohl das Bukarester Holocaust-Mahnmal ist, widmeten sich 2021 gleich zwei Ausstellungen. Die hier zu besprechenden Ausstellungskataloge bringen uns das Werk und den vielfach ausgezeichneten Künstler Peter Jacobi – u.a. mit dem Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturpreis 2003 und zuletzt mit dem Constantin Brâncuși-Nationalpreis 2020 – näher. Am 11. November 1935 in Ploiești geboren, siedelte der schon international erfolgreiche Künstler 1970 aus, unterrichtete von 1971 bis zur Emeritierung 1998 an der Hochschule für Gestaltung Pforzheim als Professor für Skulptur, ist weiterhin künstlerisch rege in seinem Atelier in Wurmberg bei Pforzheim und unterstützt mit der 2017 gegründeten „Peter Jacobi Stiftung für Kunst und Design“ junge Künstler.
Peter Jacobi: Reflexionen im Gedenkraum des ...
Peter Jacobi: Reflexionen im Gedenkraum des Holocaust-Memorials in Bukarest 2009. Fläche 50x50x50 m, enthält 8 Skulpturen und Texte.
Es gibt viele Künstler unter den Siebenbürger Sachsen. Aber nicht allen, die es verdient hätten, wurde die Ehre einer Retrospektiv-Ausstellung noch zu Lebzeiten zuteil. Und wenn doch, fand diese im Rahmen des „siebenbürgischen Kosmos“ statt. Ganz anders bei Peter Jacobi: Ihm widmete schon 2002 die Nationalgalerie Rumäniens die Retrospektiv-Ausstellung „Palimpsest“ mit seinen seit 1972 entstandenen Werken, und das Nationalmuseum für zeitgenössische Kunst setzte noch einen drauf und ehrte ihn mit der Retrospektiv-Ausstellung „Bilderfahrzeuge“, die dank der Unterstützung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg sowie des Demokratischen Forum der Deutschen in Rumänien vom 11. Dezember 2020 bis zum 28. März 2021 im Bukarester Parlamentspalast zu besichtigen war. Leider lag damals nur ein achtseitiges Faltblatt aus, da der Katalog nicht rechtzeitig fertiggestellt werden konnte. Schade, kann man da nur sagen. Zum einen, weil Kataloge vor allem in der Ausstellung abgesetzt werden. Zum anderen aber, weil der interessierte Besucher ohne die Information und Betrachtungen zum Künstler und den ausgestellten Werken auskommen musste. Gerade in diesem Fall, wo sie in solchem Umfang und solcher Güte angeboten werden, wie das bei den zahlreichen vorangegangenen Katalogen zu Jacobis Ausstellungen noch nie der Fall war. Damit wird das gerade geäußerte Bedauern dahingegen relativiert, dass ein Katalog, der erst nach der Ausstellung vorliegt, aber so fundiert erarbeitet wurde, allemal einem in der Ausstellung vorliegenden, aber nur oberflächlich erarbeiteten Katalog vorzuziehen ist.

Auf den ersten Blick, zeigt sich der großformatige Katalog gediegen und verhalten. Der Umschlag dunkelgrau mit einer Schwarz-Weiß-Abbildung und darüber dem Schriftzug Peter Jacobi. Nichts weiter. Das ist auch nicht nötig, der Name spricht für sich.

Der Band umfasst auf 255 Seiten all das, was man zu Peter Jacobi wissen sollte. Manch einer wird sich denken, dass das bei einem dreisprachigen Katalog – rumänisch: S. 7-35, englisch: S. 79-107; deutsch: S. 173-206 – und dem gewaltigen Bildteil, der einer 60-jährigen Schaffensperiode geschuldet ist, nicht allzu viel sein kann. Es ist aber viel! Gerade auch angesichts der zahlreichen kleinformatigen Abbildungen. Aber es ist nicht nur viel, sondern es dürfte kaum etwas fehlen. Nicht in den dreispaltig in kleiner Schriftgröße gesetzten Anhängen Bibliographie (S. 246-248) und auch nicht in den biographischen Daten samt Verzeichnis der Ausstellungen, Werke in öffentlichem Besitz sowie Gastvorlesungen und Workshops (S. 249-255).

Dass wir gewissermaßen eine Peter-Jacobi-Monographie in Händen halten, ist vor allem der Kuratorin und Herausgeberin Sandra Demetrescu zu verdanken. Sie hat neben dem Vorwort auch die sehr hilfreiche Einleitung in Peter Jacobis Werk verfasst. Von Cătălin Davidescu, dem Mitherausgeber, stammt der Beitrag „Peter Jacobi – die Anfänge“, Magda Predescu beleuchtet „Fotografische Praktiken – Hintergrund des Schaffens von Peter Jacobi“, während der Beitrag von Liviana Dan „Der Graf von Stauffenberg in einem friedvollen Kleefeld“ auf eine frühere Ausstellung zurückgeht.

Peter Jacobi: Modulare Säule, Bronze, 2000, 6 x 1 ...
Peter Jacobi: Modulare Säule, Bronze, 2000, 6 x 1 x 1m, Kunstsammlung der Sparkasse Pforzheim.
Der umfangreiche und aussagekräftige Bildteil enthält größtenteils Schwarz-Weiß-Abbildungen und ist thematisch gegliedert: 1963-1968: Frühe Skulpturen (S. 36-51); 1965-1980: Ritzi & Peter Jacobi: Das Experiment in der Textilkunst (S. 52-69); 1973-1978/84: Figurative Abstraktion in der Skulptur (S. 70-77); 1979-1993: Fotografische Gestaltungen: Spuren der Erinnerung und das Skulpturale (S. 108-123); 1976-2020: Von der Werkstatt zum Denkmal (S. 124-161); 1974-2019: Der Körper: Abdrücke der Zeit (S. 162-171); 208: Siebenbürgen: Work in Progress (S. 208-215); Retrospektive Ausstellung (S. 216-245). Dieser letzte Block mit großformatigen farbigen Ansichten von der Bukarester Ausstellung, die über zwei Seiten laufen, tröstet mich darüber hinweg, dass es mir nicht vergönnt war, die Ausstellung zu besichtigen.

Ausgestellt waren in Bukarest auch sechs Blätter aus der Serie „Studien zu einer historischen Figur / Brukenthal“. Sie und weitere 30 Werke Peter Jacobis waren vom 22. April bis 5. Oktober 2021 im Terrassensaal des Begegnungs- und Kulturzentrums „Friedrich Teutsch“ in Hermannstadt zu sehen. Sie wurden unter dem Titel „Brukenthal 300 – Ideen für ein Denkmal. Collagen und Modelle“ vom Landeskirchlichen Museums als Beitrag zum Brukenthal-Jubiläumsjahr präsentiert.

Dieser zweisprachige (deutsch und rumänische) Katalog ist vom Umfang her bescheidener – 48 Seiten in knapper DINA4-Größe – aber durchgehend in Farbe auf hochwertigem Bilderdruckpapier gedruckt. Die Kuratorin Heidrun König steuert neben einem vierseitigen biographischen Überblick zu Samuel von Brukenthal auch einen zweiseitigen Einführungstext zu Peter Jacobis Modellen und Skizzen bei. Neben den Beweggründen, die zur Beschäftigung Jacobis mit Brukenthal führten, setzt sie sich insbesondere mit der künstlerischen Technik der Collage auseinander. Auf den Punkt aber bringt es der Bischof der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien Reinhart Guib. Wie er in seinem Vorwort hervorhebt, „gelingt es Jacobi mit seinen Ideen, Skizzen und Modellen das geistige und materielle Erbe Brukenthals in neue Formen zu fassen und auf ungewohnt-anregende und aufregende Art vor unseren Augen erstehen zu lassen“.

Heidrun König erwähnt auf S. 3, dass eines der 36 Exponate Jacobis Beitrag zum 2021 ausgeschriebenen Wettbewerb für eine Statue vor dem Brukenthal-Palais in Hermannstadt ist. Leider wird das nicht weiter präzisiert und aus den spärlichen Angaben des Bildteils, in dem man Entstehungsjahr und Technik vergeblich sucht, lässt es sich auch nicht erschließen. Auch Peter Jacobis zweiseitiges „Statement zu einem Entwurf für einen Gedenkpavillon für Baron Samuel von Brukenthal“ hilft da nicht weiter, handelt es sich doch nicht um ein Standbild. Sollte es sich bei Jacobis Studien für ein Standbild aber um „Brukenthal der Vielfältige vorwärts, seitlich und zurückschauend – Variante 2“ (Abb. S. 25) handeln, so hätte Jacobi nicht nur Brukenthal sehr treffend charakterisiert, sondern auch sich selbst und uns, die heutigen Siebenbürger Sachsen.

Augenzwinkernd und alles andere als devot nähert sich Jacobi dem Jubilar Brukenthal auch auf weiteren Studien und auf den früheren „Bildern zu einem unveröffentlichten Text“. Das bezeugt noch eindrucksvoller als die beiden Ausstellungen die Vitalität und Schaffenskraft dieses begnadeten Künstlers, der erst vor kurzem seinen 86. Geburtstag begehen konnte.

H-W


Jacobi, Peter: „Bilderfahrzeuge. Eine Peter Jacobi Retrospektive“. Dreisprachiger (Deutsch, Rumänisch, Englisch) Katalog zur Ausstellung. Editura MNAC, Bukarest, 255 Seiten, 25,00 Euro, zuzüglich 4,70 Euro Versand, ISBN 978-606-9044-24-7.
Peter Jacobi: „Brukenthal 300 – Ideen für ein Denkmal. Collagen und Modelle / Idei pentru un monument. Colaje și machete“. Begleitheft zur Ausstellung. Teutsch-Haus, Hermannstadt, 48 Seiten, 4,00 Euro, zuzüglich 4,70 Euro Versand.
Beide Publikationen sind bei Peter Jacobi, Telefon: (07044) 43264, E-Mail: jacobi[ät]gmx.li, zu beziehen.


Externer Link:

Radio Bukarest: Artikel und Interview mit Peter Jacobi, der mit dem Constantin Brâncuși-Preis ausgezeichnet wurde

Schlagwörter: Peter Jacobi, Ausstellungen, Katalog, Kunst, Besprechung

Bewerten:

13 Bewertungen: +

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.