2. April 2022

Theateraufführung in Temeswar über den Freikauf der Rumäniendeutschen

„Menschen. Zu verkaufen“ ist der Titel einer Aufführung, die am 14. April um 19.30 Uhr am Deutschen Staatstheater Temeswar Premiere (DSTT) haben wird. Darin geht es um ein ebenso umstrittenes wie leidvolles Thema, den Freikauf der Deutschen Rumäniens und deren Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland in der Zeit der Ceaușescu-Diktatur. Autorin ist Carmen Lidia Vidu, die auch für die Inszenierung verantwortlich zeichnet. Vidu, die mit dem Regiepreis des rumänischen Theaterverbands UNITER für das Jahr 2020 ausgezeichnet wurde, arbeitete erstmals 2018 am DSTT.
In der ersten, 1969 zwischen Rumänien und der Bundesrepublik Deutschland geschlossenen vertraulichen Vereinbarung wurde den Vertretern des Geheimdienstes Securitate, die im Auftrag des Diktators Nicolae Ceaușescu verhandelten, ein Kopfgeld für jeden Angehörigen der deutschen Minderheit zugesagt, den man ausreisen ließ: Für Menschen der Kategorie A, die nicht unter die nächstfolgenden Kategorien fielen, 1 700 D-Mark, für Menschen der Kategorie B, die über eine Ausbildung verfügten, 5 000 D-Mark, und für Menschen der Kategorie C, die ein Studium abgeschlossen hatten, 10 000 D-Mark. Eine Menge Geld für jene Zeit.

Bis Ende 1989 verließen etwa 220 000 Deutsche das Land, wobei der geforderte Preis stieg oder „angepasst“ wurde. In ähnlicher Weise wurden auch die Angehörigen der jüdischen Minderheit verkauft. Menschenhandel im 20. Jahrhundert, während die offizielle Propaganda gleichzeitig vor den „Abgründen“ der freien Welt warnte. Nach der Wende erfolgte der massenhafte Exodus der Mehrheit der Deutschen, die noch in Rumänien lebten. Es war ein Drama für alle, die ihre auch kulturell traditionsreichen Gemeinschaften verloren, und es war zugleich ein hoher Verlust für die Wirtschaft und die sozialen Strukturen der einstigen Heimat.

Das Deutsche Staatstheater Temeswar (DSTT) will sich an der Aufklärung der jüngsten Vergangenheit beteiligen, selbst wenn der Weg von einem Gespräch mit dem einstigen Unterhändler der Bonner Regierungen, Dr. Heinz Günther Hüsch, bis zur Aufführung weit war. Einige der rumänische Unterhändler leben heute nicht mehr, doch der deutsche öffentlich-rechtliche Sender ARD überließ für die Aufführung die Aufzeichnung eines Interviews mit Stelian Octavian Andronic, einem einstigen Securitate-Oberst. Und während die Spielleiterin Carmen Lidia Vidu in den Unterlagen des Nationalrats für das Studium der Securitate-Archive (CNSAS) forschte, befragte das DSTT Betroffene, für die ihre Ausreise ein tiefer Einschnitt bleibt. Mit der Inszenierung „Menschen. Zu verkaufen“ will das DSTT vor allem jüngeren Generationen die menschenverachtende, zynische Ideologie der kommunistischen Diktatur vor Augen führen. Ticketverkauf: https://bit.ly/3JwFNfX.

Schlagwörter: Theater, Temeswar, Freikauf, Hüsch, Securitate, CNSAS

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