15. Dezember 2024
Seltene Exponate des Siebenbürgischen Museums und der Siebenbürgischen Bibliothek ergänzend zur Andreanum-Ausstellung präsentiert
Die Wanderausstellung „Andreanum. 800 Jahre Recht und Verfassung der Siebenbürger Sachsen“ macht bis zum 23. Februar 2025 Station im Siebenbürgischen Museum auf Schloss Horneck in Gundelsheim. Das ist für die zehn Präsentationstafeln der zwanzigste Ort, an dem sie der Öffentlichkeit gezeigt werden.

Die Wanderausstellung im eigenen Haus war für das Siebenbürgische Museum ein guter Anlass, sie um eine museale Präsentation zu ergänzen. Wertvolle historische Objekte aus dem 13. bis zum 19. Jahrhundert und wichtige Dokumente, die mit der Geschichte des Andreanums in Verbindung stehen, wurden aus den Depots geholt. Passend zu den Informationstafeln werden zu den Themen: Ansiedlung der Hospites; Umbrüche im 16. Jahrhundert; Die sächsische Nation unter Druck; Aus ständischen werden moderne Nationen sowie Das Ende der Autonomie und Nachwirken bis in die Gegenwart; Originalzeugnisse jahrhundertealter sächsischer Geschichte im Karpatenbogen ausgestellt. Sie stammen aus den eigenen Sammlungen und aus den Sammlungen des Siebenbürgen-Instituts an der Universität Heidelberg (Siebenbürgische Bibliothek mit Archiv/Gundelsheim). Aus konservatorischen Gründen dürfen sie nur selten und zeitlich befristet ans Licht gebracht werden. Es bietet sich hier nun die einmalige Gelegenheit, die Texte und Bilder der Wanderausstellung zusammen mit originalen, historischen Objekten und Dokumenten zu betrachten.
Im Zentrum des Raumes im Erdgeschoss, in dem sich die Sonderausstellung befindet, steht auf einer Staffelei ein Faksimile der Urkunde, aus welcher die Siebenbürger Sachsen in den nachfolgenden Jahrhunderten ihre Rechte ableiteten: der Goldene Freibrief oder das Andreanum. Allerdings ist das Originalschriftstück aus dem Jahr 1224, in dem König Andreas den Siebenbürger Sachsen die Rechte garantierte, verloren gegangen. Was man im Museum sehen kann, ist die Bestätigung der Rechte durch dessen Enkel, Kaiser Karl Robert von Anjou aus dem Jahr 1317. Die darin definierte weitreichende Autonomie war für jene Zeit nichts Einzigartiges. Sie wurde es erst durch die konsequente Wahrung und Ausbau im Laufe der Jahrhunderte.
Die Sonderausstellung zeigt Münzen und Tontöpfe aus der Ansiedlungszeit, beziehungsweise aus den ersten Jahrhunderten. Als Unikat ist das Hausbuch von Johannes Schirmer, weiland Stadtrichter in Kronstadt, ausgestellt. Es zeigt sein zeitgenössisches Portrait und ist damit etwas ganz Besonderes. Die Einträge beginnen im Jahr 1480 und enden 1686. Aus dem 16. Jahrhundert sind das Reformationsbüchlein von 1543 (Reformatio Ecclesiae Coronensis Ac totius Barcensis Provinciae Cvm Praefatione Philippi Melanthon, Wittembergae M.D.XLIII) und die Grundzüge der Weltbeschreibung von 1552 (Rudimenta cosmographica) von Johannes Honterus zu sehen.

Bis 1876 konnten die Sachsen ihre immer wieder bestätigte und im kollektiven Bewusstsein verankerte Rechtsstellung halten. Ein visuelles Beispiel bildet die 1824 entstandene und weit verbreitete Grafik „Siebenbürgisch-sächsische Nationalpyramide“, die von Bischof Daniel Georg Neugeboren anlässlich der Ernennung von Johann Tartler zum Sachsen-Comes vorbereitet und vom Sohn des Bischofs, Carl Neugeboren realisiert wurde. Sie stellt die Ereignisse aus der Geschichte der Siebenbürger Sachsen von der Einwanderung im 12. bis zum 19. Jahrhundert auf vier Seiten einer Pyramide dar. Als wichtigen Ausgleich für den verlorenen politischen Einfluss bestimmte ab dem 19. Jahrhundert ein hochdifferenziertes Vereinswesen das Leben. Aus dieser Zeit werden bedeutende Vereins-Zeugnisse wie Abzeichen, Anstecknadeln, Tanzordnungen und Statuten gezeigt. Darunter das Statut des 1842 gegründeten Vereins für Siebenbürgische Landeskunde, dessen Rechtsnachfolger der heute noch bestehende Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde ist, oder die Konzertprogramme und Jahresberichte des Kronstädter Männer-Gesangsvereins seit 1859. Mit den Medaillen des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturpreises und der aktuellen Brukenthal-Medaille des Brukenthalmuseums werden heute bewusst an Tradition und Symbolik der Sächsischen Nation angeknüpft.

Im weiteren Verlauf des spritzigen Dialogs nennt Şindilariu dann König Andreas einen „Loser“, der vom ungarischen Adel keine Unterstützung mehr erwarten konnte, weil er ihm „alle nur denkbaren Rechte auf alle Zeiten“ zugesichert habe. „Die Schwäche dieses Königs war auf lange Sicht das Glück der Siedler“, kontert Dr. Roth und führt weiter aus, dass es genau diese stabile Rechtsgrundlage war, die den Wiederaufbau Siebenbürgens nach dem Mongolensturm ermöglichte. „Der Zusammenhalt in der Gemeinschaft war ihre besondere Stärke, die es ermöglichte, dass im Laufe der Jahre immer weitere Gebiete hinzukamen.“ Es sei eine „Glücksgeschichte der Tüchtigen“, weil an Wendepunkten immer die „richtigen Männer an den entscheidenden Hebeln“ gewesen seien. Als Beispiel nannte er, dass sich 1480 auf Grundlage des Andreanums ein von den Städten angeführter Landstand gebildet habe. Mit der Versammlung der gesamten Nation (Nationsuniversität) entstand eine Struktur, die alle Territorien mit sächsischem Recht zusammenband. Die lutherische Reformation sei ein weiterer „Geniestreich“ gewesen und ein weiterer Glücksfall war es, dass die Stände Siebenbürgens 1691 den Österreichern die Bestätigung der Landesverfassung abringen konnten, samt Religionsfreiheit. 1867 fiel Siebenbürgen vollständig an Ungarn und 1876 war Schluss mit der sächsischen Verwaltungsautonomie. In den 1930er Jahren ging schließlich ein zentrales und über viele Generationen hin verteidigtes geistiges Gut verloren, die selbstbestimmte und unabhängige politische Positionierung. Nach Krieg, Deportation, Regimewechsel und Enteignung konnten zunächst nur in Österreich und Westdeutschland organisatorische Strukturen neu geschaffen werden. Als 1989/90 das Demokratische Forum in Rumänien entstand, waren es zu Beginn Siebenbürger Sachsen, die ihre Organisationserfahrung einbrachten und sich an alten Strukturen orientierten. Ein Grundsatz war und ist, eigenständige Positionen zu vertreten und sich jeder Art von Instrumentalisierung zu entziehen.
Das materielle Erbe, das die Sächsische Nation im Laufe der Jahrhunderte hervorbrachte, ist vielfältig, auch wenn die Nation nicht immer unmittelbar zu erkennen ist, beispielsweise Archive, Städte, Dörfer, Kirchen und Kirchenburgen. Entsprechend betont Şindilariu, dass das gut funktionierende deutschsprachige Schulwesen in Rumänien auch heute noch mit der Geschichte der Sachsen als eigenständige Nation zusammenhänge. Gedächtnisspeicher gewinnen zunehmend an Bedeutung. Auf Schloss Horneck in Gundelsheim/Neckar hat die Siebenbürgische Bibliothek (heute Siebenbürgen-Institut) seit 1963 ihren Sitz. Das Siebenbürgische Museum kam bald hinzu. Beide werden von einer Vielzahl sächsischer Institutionen in Deutschland, Österreich, Siebenbürgen und der Schweiz getragen. In Siebenbürgen wurde im kirchlichen Rahmen die Kultursicherung durch die Gründung des Friedrich-Teutsch-Hauses mit Bibliothek, Archiv, Museum und Begegnungszentrum 2003 institutionalisiert. Die genannten Institutionen arbeiten eng zusammen und sind sich ihrer Bedeutung als Gedächtnisspeicher der Sächsischen Nationsuniversität bewusst. Die gemeinsame Ausstellung im Siebenbürgischen Museum in Gundelsheim bietet erstmals einen einmaligen schlaglichtartigen Überblick über 800 Jahre Recht und Verfassung der Siebenbürger Sachsen anhand von originalen historischen Objekten und Dokumenten.
Ein dreisprachiger Katalog (deutsch, rumänisch, englisch) kann kostenlos mitgenommen werden und ist auch beim Deutschen Kulturforum östliches Europa erhältlich. Weitere Infos: www.siebenbuergisches-museum.de
Margrit Csiky
Schlagwörter: Andreanum, Ausstellung, Siebenbürgisches Museum, Gundelsheim, Harald Roth
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