17. Dezember 2025
Kulturtagung auf Schloss Horneck: "Die Heltauer Kirche in katholischer Zeit"
Der Heltauer Kirche in katholischer Zeit war die Kulturtagung gewidmet, die vom 7. bis 9. November von der Heimatortsgemeinschaft Heltau e. V. in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Kirchengemeinde Heltau im Siebenbürgischen Kulturzentrum „Schloss Horneck“ in Gundelsheim am Neckar ausgerichtet worden ist. Die Veranstaltung hatte das Ziel, den Heltauerinnen und Heltauern sowie weiteren Teilnehmenden Kenntnisse über die ersten rund vierhundert Jahre ihrer Kultur und Geschichte zu vermitteln und – auch im Kontext der Freilegung mittelalterlicher katholischer Fresken – für Akzeptanz und Interesse zu werben.

Das ursprünglich romanische Baudenkmal, das im gotischen Stil ausgebaut worden ist, wurde in den Jahren 2019-2023 dank der großzügigen Förderung durch die Europäische Union, die Regierung Rumäniens und die Heimatortsgemeinschaft Heltau e.V. umfassend und sachgerecht renoviert. Es beherbergt bedeutende Zeugnisse der siebenbürgischen Kunst- und Kulturgeschichte des Mittelalters, darunter für die Herkunftsforschung der Siebenbürger Sachsen essenzielle Objekte wie den Heltauer Bildstein aus dem 12. Jahrhundert, das Vortragekreuz aus dem 13. Jahrhundert und das Missale (Codex Heltensis) aus dem 14. Jahrhundert. Die im Zuge der Restaurierungsarbeiten freigelegten Fresken aus dem 13.-16. Jahrhundert, der heute im Chor stehende den Braller Altar von 1520 sowie der alte, von Meister Vincentius de Cibinio geschaffene Heltauer Altar von 1525 (der zum Teil im Hermannstädter Brukenthalmuseum aufbewahrt wird), sind weitere hervorragende, für die gesamte Region wichtige Zeugnisse aus den ersten rund 400 Jahren siebenbürgisch-sächsischer Kultur und Geschichte.

Dr. Emese Sarkadi Nagy (Gran/Esztergom) referierte über den alten Heltauer Altar, der im 19. Jahrhundert einem neueren weichen musste. Es handelt sich um die letzte bekannte Arbeit des Malers Vincentius aus Hermannstadt. Dieser war einer der wenigen vorreformatorischen siebenbürgischen Meister, die ihre Werke signiert haben, unter anderen die Retabeln aus Taterloch/Seiden und Großschenk/Meschen oder die Wandmalereien in Salzburg bei Hermannstadt. Zwei Fragmente, die als Teile der ehemaligen Heltauer Flügelaltars identifiziert wurden, die Predella und die Lunetta, befinden sich seit Anfang des 20. Jahrhunderts in den Sammlungen des Brukenthalmuseums in Hermannstadt. Der mittlere Teil des Retabels war lange Zeit verschollen und ist 2013 in einem deutschen Privatbesitz aufgetaucht. Zu diesem gehören die Mitteltafel mit einer Darstellung der Taufe Christi und zwei bewegliche Flügel mit Darstellungen aus dem Leben des Hl. Johannes des Täufers bzw. des Hl. Johannes des Evangelisten. Aufgrund von Farbfotografien, die um 1955, gemacht worden sind, konnte festgestellt werden, dass außerdem die Heiligen Wolfgang, Antonius der Eremit, Paul der Eremit und Nikolaus von Myra zum Bildprogramm gehört haben.
Dr. Maria Crîngaci Ţiplic (Hermannstadt), die zusammen mit ihrem Mann, Prof. Dr. Ioan Marian Ţiplic, die archäologischen Grabungen in der Heltauer Kirche geleitet hat, die vor Beginn der Restaurierungsarbeiten vorgenommen werden mussten, erläuterte kurz die Grabungsergebnisse und konzentrierte sich dann auf die fünf mittelalterlichen Kapellen, die neben bzw. im näheren Umfeld der Kirche identifiziert werden konnten: die gotische Kapelle an der Südseite der Kirche; die in den westsüdwestlichen Turm (den „Speckturm“) integrierte kreisfömige Kapelle; jene auf dem Gelände des heutigen Gustav-Gündisch-Lyzeums; die Wallfahrtskapelle außerhalb des Ortes, in Verlängerung der Kloosgasse (wohl zur 1204 erwähnten „villa Ruetel“ des Johannes Latinus gehörend); die Michaelskapelle in Michelsberg. Außerdem beschrieb die Referentin die Glockenguss-Grube, die im Innern der Kirche ausgegraben werden konnte und wichtige Rückschlüsse auf die Baugeschichte des Ensembles ermöglicht.
Am Abend präsentierte der Fotograf Volker Plattner (Gerlingen) in eine Bilder-Show die Heltauer Basilika vor und nach der Renovierung. Es wurde deutlich, wie dringend notwendig die Restaurierung war, und wie umsichtig die Sicherungs- und Erneuerungsarbeiten an den Mauern, im Dach- und Turmgebälk durchgeführt worden sind.
Am Samstag wurde die Tagung nach Führungen durch das Siebenbürgische Museum (Kulturreferentin Dr. Heinke Fabritius) und durch die Stadt Gundelsheim auf den Spuren des Bauernkrieges von 1525 (Stadtführer Leo Achtziger) fortgesetzt.

Universitätsdozent Dr. Adinel C. Dincă (Klausenburg) und Hon.-Prof. Dr. Konrad Gündisch (Nürnberg) stellten die mittelalterliche Pfarrbibliothek der Heltauer Kirchengemeinde vor. Dank einer Förderung durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien konnten die alten Kodizes und Drucke identifiziert, gesichert, sachgerecht restauriert und wissenschaftlich ausgewertet werden. Es handelt sich um zwölf Kodices sowie um weitere Handschriften aus dem 14.-15. Jahrhundert, unter ihnen das „Heltauer Missale”, das einzige liturgische Buch der Sammlung und das einzige, das auf Pergament abgeschrieben wurde, außerdem um drei bis dahin in Rumänien nicht bekannte Inkunabeln (Wiegendrucke). Aufgrund von Besitzvermerken konnten weitere zur Heltauer Bibliothek gehörende Werke identifiziert werden, die sich heute in der Bibliothek der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, in der Bibliothek der Klausenburger Filiale der Rumänischen Akademie und in der Brukenthal-Bibliothek in Hermannstadt befinden, unter ihnen ein „Chronicum pictum“, das 1531 „Johanni de Peterfalwa, rector scholae Heltensis“ gehört hat. Mit ihren noch erhaltenen mittelalterlichen Kodizes und Wiegendrucken, die in situ geblieben sind, bildet die Heltauer Pfarrbibliothek eine Einzelerscheinung in Siebenbürgen und eine europaweite Rarität; sie gehört zu den wichtigsten Handschriftensammlungen Siebenbürgens.
Pfarrer i.R. Volker Petri (Seewalchen) interpretierte in einem theologisch fundierten und rhetorisch exzellenten Vortrag den Heltauer Kirchenschatz als Spiegel der tiefen Frömmigkeit, von der die Bewohner des mittelalterlichen Heltau durchdrungen waren. Die Rolle des Kruzifixes wurde am Beispiel des einzigartigen Heltauer Vortragekreuzes erklärt, das die ersten Siedler unterwegs begleitet hat und später in der Kirche gezeigt wurde. Anhand der mittelalterlichen Kelche wurden die „Transsubstantiationslehre“ und das katholische Priesterverständnis erläutert. Die Monstranzen verweisen auf das Fronleichnamsfest. Die Hostie als sichtbarer Leib Christi wurde bei Prozessionen den Menschen und der Natur gezeigt. Nach Ausführungen über die Rolle der katholischen Heiligen und deren Funktion und weitere Formen der vielfältigen mittelalterlichen Frömmigkeit wurde abschließend ein Bogen vom Mittelalter zur Gegenwart geschlagen, um die Bedeutung und prägende Kraft des christlichen Glaubens aufzuzeigen.
Abschließend moderierten Dr. Heinke Fabritius und Dr. Konrad Gündisch eine Podiumsdiskussion, in der die Ergebnisse der Tagung erörtert und Rückfragen aus dem Publikum beantwortet wurden. Die Wortmeldungen hoben die Qualität der Referate und die neuen Erkenntnisse hervor, die ihnen diese Veranstaltung vermittelt hat.
Die von der Kulturreferentin für Siebenbürgen aus Mitteln des Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten geförderte Veranstaltung hat erfolgreich Wissen über das mittelalterliche Heltau durch fachlichen Austausch vertieft, breitenwirksam vermittelt und das Bewusstsein für die Erhaltung der kulturellen Werte gestärkt, die in diesem Ort in der Zeit geschaffen wurden, als dessen Bewohner römisch-katholischen Glaubens waren.
Gustav Bittner
Schlagwörter: Tagung, Schloss Horneck, Heltau, HOG, Kirche
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