18. März 2007

Dialog zwischen Generationen fördern

Ruth Eder, Autorin, Journalistin und Enkelin des Kronstädter Malers Hans Eder, trifft mit ihrem neuesten Buch „Netzwerk der Generationen. Gemeinsam statt einsam“ den Nerv der Zeit. Die Großfamilie, in der mehrere Generationen unter einem Dach wohnen, ist fast ausgestorben, Kinder sind immer öfter Einzelkinder und müssen sich mit den Eltern als Ansprechpartner zufriedengeben. Ruth Eder schreibt daher in ihrem neuesten Buch „Netzwerk der Generationen. Gemeinsam statt einsam“ zu Recht über den gerade stattfindenden demographischen Wandel in unserer Gesellschaft und propagiert einen „grundlegenden Paradigmenwechsel“, dessen Anfänge sich gerade abzeichnen.
Die Gruppe der Menschen über 60 wird stetig größer, und sie ist gefragt. Die Werbung hat diese neue Zielgruppe gerade für sich entdeckt, die Werte, die für ältere Menschen selbstverständlich sind, werden in allseits beliebten Benimmkursen neu aufgerollt, Teenager gehen wieder in die Tanzschule. All dies sind Zeichen dafür, dass die Erfahrungen älterer Menschen gefragt sind, aber es hapert an der Kommunikation, und trotz des großen Interesses ist Altern immer noch ein Tabu, geradezu ein Makel, den sich niemand ans Revers heften, mit dem niemand gerne in Berührung kommen möchte.
Ruth Eder und Ursula von der Leyen auf der Frankfurter Buchmesse im Oktober 2006. Foto: Herder Verlag, Freiburg
Ruth Eder und Ursula von der Leyen auf der Frankfurter Buchmesse im Oktober 2006. Foto: Herder Verlag, Freiburg


Auf das Thema Alter geht auch Ursula von der Leyen, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, in ihrem Beitrag ein, den sie für Ruth Eders Buch verfasst hat. Der demographische Wandel in unserer Gesellschaft ist offensichtlich und es gilt, diesen zu gestalten und das Kapital der Älteren zu nutzen. Da die traditionelle Großfamilie nahezu verschwunden ist, sind „Mehrgenerationenhäuser“, in denen generationenübergreifende Projekte zur Kommunikation und Interaktion angeboten werden, als „Brücken im Alltag“ unerlässlich. Von der Leyen hat sich zum Ziel gemacht, diese Netzwerke zwischen Alt und Jung flächendeckend in ganz Deutschland aufzubauen, um einen Dialog zwischen den Generationen herbeizuführen und das Potenzial älterer Menschen, die zwar Senioren sind, aber noch lange nicht „aufs Abstellgleis“ gehören, zu nutzen.

Der Netzwerk-Gedanke, über den sich Ruth Eder in ihrem Buch Gedanken macht, soll dazu beitragen, das Verständnis zwischen den Generationen zu verbessern und vor allem die Interaktion anzustoßen. Bei ihren Recherchen ist Ruth Eder auf viele Projekte gestoßen, die sich diesen Gedanken auf die Fahnen geschrieben haben, und ihr Buch dokumentiert einige davon. So hat sie in Germering bei München „Senioren-Trainer“ gefunden, die Jugendlichen bei den Hausaufgaben helfen oder für ein paar Stunden die Kinderbetreuung für viel beschäftige Eltern übernehmen. In Berlin gibt es das Kreativhaus, das die Generationen mit Vorträgen, Theater und Weiterbildung zusammenbringt. Der Verein Jung trifft Alt e. V. in Mainz hat mit dem Projekt „Schau doch mal rein“ ein Gymnasium und ein Altenheim zusammengebracht. Die Gymnasiasten besuchen die Heimbewohner, führen mit ihnen Interviews über ihr Leben und kommen so mit Zeitzeugen in Kontakt – gelebte Geschichte, mit der sich leichter etwas anfangen lässt als mit dem Geschichtsbuch in der Schule. Darüber hinaus haben sich regelrechte Freundschaften zwischen Jungen und Alten entwickelt, „Ersatzgroßeltern“ und „Ersatzenkel“ wurden geboren.

Viele weitere nationale und internationale Projekte werden vorgestellt, unter anderem Netzwerke an Hochschulen, die den Erfahrungs- und Informationsaustausch zwischen Jung und Alt fördern, und spezielle „Generationen-Wohnprojekte“. In einem Anhang finden sich Literaturangaben und zahlreiche Internetadressen, die zum Schmökern und Stöbern einladen und einen breiten Überblick über Aktionen bieten, die sich dem Netzwerkgedanken verschrieben haben.

Ruth Eders Buch bietet eine Fülle von Anregungen, die sich jeder zu eigen machen kann. Den „Dialog der Generationen“ kann man auch im Kleinen anstoßen und praktizieren. Und wer weiß – vielleicht wird irgendwann ein großes Projekt daraus, an dem sich andere ein Beispiel nehmen...

Doris Roth




Ruth Eder, „Netzwerk der Generationen. Gemeinsam statt einsam“, Verlag Herder Spektrum, Freiburg im Breisgau, 2006, 176 Seiten, 9,90 Euro, ISBN-10: 3-451-05732-8, ISBN-13: 978-3-451-05732-8.

Schlagwörter: Rezension

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