29. Dezember 2009

Bukarester Musikhochschule kauft siebenbürgische Kirchenmusikwerke

Vor einiger Zeit hat die Hochschule für Musik, Bukarest, auf Vorschlag von Prof. Dr. Octavian Lazăr Cosma, ein Konvolut von Musikalien von einem anonymen Anbieter angekauft. Es handelt sich um Handschriften und Autographe der evangelischen Kirche von Streitfort in Sieben­bürgen. Wie der anonyme Verkäufer zu diesen Musikalien gelangt ist, bleibt ein Geheimnis.
Anlässlich eines Konzertes in Bukarest konnte ich mir diese Noten ansehen, die sich in der Bibliothek der Musikhochschule befinden. Die meisten Noten stammen aus der Zeit zwischen 1800-1840. Es sind aber auch ältere Abschriften dabei. Die meisten Abschriften hat Martin Schus­ter erstellt, dessen Namenszug wir auf vielen Noten finden. Diese sind meist als Aufführungs­materialien in Mappen zusammengefügt. Man­che Abschriften stammen aus Alisch, Pretai, Mühlbach, Neppendorf, Reußen oder Schäßburg.

Bei den meisten Materialien wird der Name des Komponisten angegeben, darunter bekannte Namen der Musikgeschichte sowie einheimische Kantoren, Kapellmeister und Komponisten. Viele dieser Kirchenmusikwerke sind für katholische Gottesdienste entstanden, wurden aber in Streitfort, wie in Siebenbürgen vielerorts üblich, mit deutschem Text aufgeführt, wie z.B. eine Messe von Joseph Haydn. Hier die Namen einiger Komponisten: J. S. Bach, Carl Philipp Ema­nuel Bach (datiert 1780), Binder, Caudella, Dit­tersdorf, Duschek, Fischer, Fuss, Groll, Hann, Hasse, Haydn (Messe mit unterlegtem deutschem Text), Heinrich, Hessmann (auch Hössmann), Himmel, Hirschberger (Kyrie und Gloria einer Messe), Hoffmeister, Hubatschek (Messe und eine Arie aus der Oper Die Fürstengrille), Knall, Lau­be, Lazar, Mayerbeer, Meindt, Mennert, Mozart, Müller, Nägel, Pangratius, Pausch (Te Deum), Pichl, Polder, Richter, Rosetti, Sartorius, Schus­ter, Schicht, Schiedermayer, Singer, Velter, Weiß (aus Schäßburg).

Die Initiative von Professor Octavian Lazăr Cosma ist nicht nur lobenswert, sondern müsste auch auf kulturpolitischer Ebene eine Nach­ahmung finden, was in Rumänien leider zurzeit – trotz EU-Beitritt – nicht zu beobachten ist. In Bukarest beschäftigt man sich noch immer viel zu viel mit der Musikgeschichte der Rumänen, anstatt mit der Musikgeschichte Rumäniens. Des­halb muss man nicht staunen, wenn man sich in Ungarn und Deutschland besser mit der ungarischen und deutschen Musikkultur des heu­tigen Rumäniens auskennt, als die rumänische, staatlich-monopolisierte Musikforschung es heute zulassen würde. Arbeit für zukünftige Generationen von Musikwissenschaftlern gäbe es in diesem Land in Fülle.

fm

Schlagwörter: Kirche, Musik, Siebenbürgen

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