8. Januar 2010

Schulausstellung auf Siebenbürgen-Tour

Die Ausstellung „Die Schulen der Siebenbürger Sachsen“ wurde bisher an 15 Standorten in Deutschland und Österreich, darunter an den Heimattagen in Dinkelsbühl (2006) und Wels (2008), gezeigt. Im Herbst 2009 war sie nun auf einem dreimonatigen „Heimatbesuch“ in Hermannstadt (6. – 27. Oktober 2009), Kronstadt (3. – 20. November 2009) und Klausenburg (1.- 14. Dezember 2009).
„Die Schule ist unsere Sache“. Mit diesen Worten begrüßte Dr. Hans Klein, Vorsitzender des Hermannstädter Forums, die etwa 60 Gäste, die zur Vernissage der Ausstellung am 6. Oktober in den Spiegelsaal des Forums gekommen waren. Dieser Satz sollte die Ausstellung auf ihrem Weg durch Siebenbürgen begleiten wie ein Leitmotiv, das von der hohen Wertschätzung der Schule in der Geschichte bis zur Gegenwart der Siebenbürger Sachsen zeugt. Kreistagspräsident Martin Bottesch bezeichnete in seinem Grußwort die Schule als „integrierenden Bestandteil des Lebens der Siebenbürger Sachsen“ (zitiert aus der Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien, die am 8. Oktober 2009 unter dem Titel „Stifterin von Identität und Kultur“ über die Eröffnungsfeier berichtete). Den Festvortrag hielt Prof. Dr. Paul Philippi.

Der Eröffnungsfeier waren monatelange Verhandlungen und Vorbereitungen vorausgegangen. Bereits in der Entstehungsphase der Ausstellung hatte der jetzige Landeskirchenkurator Friedrich Philippi auf einer Tagung der Sektion Schulgeschichte des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde (AKSL) 2004 in München Interesse gezeigt und dafür geworben, die Ausstellung auch in Siebenbürgen zu zeigen. Dass der Stein dann aber tatsächlich ins Rollen kam, ist vor allem den ehemaligen Kronstädter Lehrern Werner Kuchar und Hansgeorg von Killyen zu verdanken. Sie übersetzten die Ausstellungstexte und Exponatbeschriftungen ins Rumänische, warben aktiv in Siebenbürgen für das Projekt und vermittelten zwischen dem Demokratischen Forum der Deutschen in Rumänien und dem Schulmuseum Nürnberg. Im Jahre 2008 entschied dann der Vorstand des Demokratischen Forums der Deutschen in Hermannstadt, die Ausstellung unter die Kulturveranstaltungen des Jahres 2009 aufzunehmen. Mit der gesamten Organisation wurde der Kulturreferent Helmut Lerner beauftragt. Als idealer Termin wurde der Oktober 2009 ins Auge gefasst, weil in dem Zeitraum auch der Lehrertag in Hermannstadt geplant war. Leider wurde der Lehrertag dann nach Schäßburg verlegt. Das Hermannstädter Forum agierte federführend und bemühte sich um Anschlussveranstaltungen in Kronstadt und Klausenburg, aber auch um Sponsoren. Transport und Versicherung der über eine Tonne schweren Ausstellung, aber auch der Druck von Plakaten, zweisprachigen Einladungen und der rumänischen Ausstellungstexte verursachten erhebliche Kosten. Die aus 56 Ausstellungstafeln bestehende Wanderausstellung des Schulmuseums Nürnberg wurde sowohl in Hermannstadt, als auch in Kronstadt mit zahlreichen dreidimensionalen Exponaten, wie Schulbüchern, Zeugnissen, Heften, Schülermützen, Unterrichtsmitteln, Schuleinrichtungsgegenständen aus lokalen Beständen ergänzt.
Plakat der Ausstellung „Die Schulen der ...
Plakat der Ausstellung „Die Schulen der Siebenbürger Sachsen“ in Kronstadt
In Kronstadt wurde die Ausstellung in dem Deutschen Kulturzentrum in der Langgasse gezeigt. Wolfgang Wittstock hatte hier Organisation und Koordination eines, wie er sagte, „nicht unkomplizierten Projektes“ übernommen. Galt es doch, die Ausstellung aus Hermannstadt zu holen, die schweren Tafeln (22 kg) aufzustellen, Vitrinen für eigene dreidimensionale Exponate zu beschaffen, die zahlreichen Exponate zu beschriften, Einladungen für die Vernissage zu verschicken, die Presse zu informieren und vieles mehr. Doch es sollte, auch dank einiger freiwilliger Helfer und der Zusammenarbeit mit dem Deutschen Kulturzentrum, ein sehr schöner Erfolg werden. Wittstock übermittelte in seiner Begrüßungsrede auch die Grüße des Autors der Ausstellung, Michael Schneider (Nürnberg), der seiner Freude darüber Ausdruck verlieh, dass die Ausstellung in der Stadt des Johannes Honterus gezeigt wird. Schneider bat gleichzeitig die nichtdeutschen Besucher um Nachsicht, dass das ebenfalls beachtlichen Schulwesen der Rumänen und das der Ungarn nicht dargestellt werden konnten. Das sei eine gesamtsiebenbürgische Aufgabe, die wohl nur in Siebenbürgen zu leisten sei. Die vorliegende Ausstellung könne allerdings ein Anstoß dazu sein.

Den Festvortrag hielt auch hier Prof. Dr. Paul Philippi, Ehrenvorsitzender des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien. Nachdem Philippi die anwesenden Gäste dreisprachig (rumänisch, ungarisch, deutsch) begrüßt hatte, erläuterte er in seinem in rumänischer Sprache gehaltenen Vortrag eingehend die Thematik der Ausstellung und ergänzte diese sehr anschaulich durch Beispiele aus der Kronstädter Stadt- und Schulgeschichte bzw. aus der eigenen Biographie. So sei ein gewisser Johannes Philippi der erste Kronstädter gewesen, der 1385 an der Wiener Universität immatrikulierte, also drei Jahre vor der ersten dokumentarischen Erwähnung einer Kronstädter Schule. Das spreche für die Annahme, dass die Schule in Kronstadt sicher viel älter sei, als derzeit bekannt (1380). Wie sehr die Siebenbürger Sachsen ihre Schule und deren Beitrag zur Festigung des Gemeinsinns geschätzt haben, werde an folgendem Beispiel deutlich: Die Kronstädter Schulordnung des Johannes Honterus von 1543 habe die Gymnasiasten verpflichtet, jährlich zwei Theaterstücke einzustudieren. An den Aufführungen mussten alle Mitglieder des Stadtrates in corpore teilnehmen. Da mit Honterus auch der Coetus angesprochen war, berichtete Philippi, dass er selbst in der V. Klasse zum decurio und in der Abschlussklasse zum primus musicus gewählt wurde. Immer wieder kam der Redner darauf zurück, dass die Schulen der Siebenbürger Sachsen keine staatlichen, sondern konfessionelle Gemeindeschulen waren, dass die Lehrer von den Gemeinden gewählt, angestellt und (meistens bescheiden) bezahlt, gelegentlich auch entlassen wurden. Er sprach offen die prekäre finanzielle Situation der Schulen nach dem Ersten Weltkrieg an, die dadurch entstanden war, dass die Nationsuniversität, die bis dahin die Schulen zum Teil aus ihrem riesigen Waldvermögen finanziert hatte, dieses Vermögen durch die rumänische Agrarreform von 1921 verloren hatte, ohne dass der rumänische Staat die versprochenen Kompensationen wirklich gezahlt hätte. Die Folge seien enorme Kirchensteuern gewesen, höher noch als die staatlichen. An dieser Stelle zitierte Philippi den Historiker Andreas Möckel: „Scholae serviendo, consumor“. Die Kirche habe, der Schule dienend, ihre Kräfte regelrecht verzehrt.

Die Ausstellung wurde an beiden Standorten gut angenommen. In Hermannstadt wurden über 700 Besucher gezählt, darunter Schüler und Lehrer des Brukenthal-Gymnasiums und der Allgemeinschule Nr. 2, der Nationalkollegien „Andrei Șaguna“ und „Oktavian Goga“, der Hermann-Oberth-Schule Mediasch, Studenten, Senioren und sogar eine Delegation der Französischen Botschaft in Bukarest. Sehr erfreulich war auch in Kronstadt der rege Besuch von zehn Klassen der Honterusschule, aber auch des ungarischsprachigen „Aprily-Lajos-Lyzeums“ sowie einer postlyzealen Schule für Tourismus. Die Direktorin des Deutschen Kulturzentrums, Roxana Florescu, betonte, dass dies „die beste und meistbesuchte Ausstellung war, die ihre Institution bisher gezeigt hat“. Neben der Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien, die ausführlich über die Eröffnungsveranstaltung in Hermannstadt berichtet hatte, widmeten die Karpatenrundschau und die rumänische Zeitung Județul Brașov der Kronstädter Vernissage ausführliche Berichte. Viele andere Zeitungen wiesen wenigstens auf die Ausstellung hin. Über den Standort Klausenburg, wo die Ausstellung in der ersten Dezemberhälfte gezeigt werden sollte, liegen dem Autor dieses Beitrags bis zur Stunde leider keine Informationen vor.

Aus der Entfernung ist es schwierig, ein Fazit der Tour zu ziehen. Für den Autor der Ausstellung war es eine große Genugtuung zu erfahren, dass so viele Schulklassen die Ausstellung besucht haben. Bleibt zu hoffen, dass die Neugier der Schüler sowie der Lehrerinnen und Lehrer auf die Tradition, in der sie selbst stehen, belohnt wurde. Denn dass wir aus dem reichen Erfahrungsschatz der siebenbürgisch-sächsischen Schulen auch heute noch lernen können, steht außer Zweifel. Es gilt zu danken: den Organisatoren vor Ort, Helmut Lerner und Wolfgang Wittstock, der Deutschen Botschaft in Bukarest, die das Projekt finanziell unterstützt hat, den lokalen Sponsoren und Projektpartnern, dem Schulmuseum Nürnberg, das die Ausstellung unentgeltlich und Kataloghefte zum Kostenpreis zur Verfügung gestellt hat, dem Kreisverband Nürnberg und dessen Vorsitzenden Inge Alzner für logistische Unterstützung, den Übersetzern Hansgeorg von Killyen, Ortwin Götz und Werner Kuchar sowie allen ehrenamtlichen Helfern in Siebenbürgen und Deutschland.

Michael Schneider


Schlagwörter: Schule, Ausstellung, Hermannstadt, Kronstadt, Klausenburg

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