4. April 2012

Rumänische Parlamentspräsidentin besucht Deutschland

Auf Einladung des Bundestagspräsidenten Norbert Lammert sowie der Präsidenten der Landtage in Bayern, Barbara Stamm, und Hessen, Norbert Kartmann, hat die Präsidentin der rumänischen Abgeordnetenkammer, Roberta Alma Anastase, mit einer Delegation von Abgeordneten vom 28. bis 30. März die Bundesrepublik Deutschland besucht. Auf dem Reiseprogramm standen die Stationen München, Wiesbaden und Berlin.
Der als Informationsbesuch geplante Aufenthalt begann in München, wo die Delegation am 28. März im Bayerischen Landtag zu Gast war. Gegenstand der Gespräche war zunächst die aktuelle Situation in Rumänien, die von drastischen Sparmaßnahmen geprägt ist. 200 000 Beschäftigte im öffentlichen Dienst mussten gehen, die Löhne für die verbliebenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden um 25 Prozent gekürzt, die Mehrwertsteuer von 19 auf 24 Prozent angehoben, berichtete die rumänische Parlamentspräsidentin Roberta Alma Anastase.
Dialog im Landtag, von links: Rumäniens ...
Dialog im Landtag, von links: Rumäniens Generalkonsulin in München, Brândușa Predescu, Bundesvorsitzender Dr. Bernd Fabritius, die Präsidentin der rumänischen Abgeordnetenkammer, Roberta Alma Anastase, und die bayerische Landtagspräsidentin Barbara Stamm. Bildarchiv Bayerischer Landtag. Foto: Rolf Poss
Ihre bayerische Kollegin Barbara Stamm äußerte die Hoffnung, dass die gewaltigen Anstrengungen zum Erfolg führen und die Menschen bald optimistischer in die Zukunft blicken können. „Das Land befindet sich auf einem guten Weg, der durchaus noch steinig ist. Aber wir wissen aus unserer eigenen Geschichte, dass Demokratie Zeit braucht“, sagte Stamm. Beeindruckend sei der Wille der Menschen, Teil eines gemeinsamen Europa zu sein, „dort, wo sie geografisch und kulturell immer dazu gehört haben.“ Die bayerische Landtagspräsidentin bezeichnete Rumänien als ihre zweite Heimat. Weit über 70 Mal sei sie bereits dort gewesen und habe als Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für die Rumänienhilfe und Vorsitzende des Kuratoriums der bayerischen Kinderhilfe Rumänien e.V. viele soziale Projekte ins Leben gerufen, z.B. um die Situation schwerstbehinderter Kinder zu verbessern oder die Ausbildung von Fachkräften in Sozialberufen zu fördern. Als besonders positiv beschrieb Stamm den Umgang der Rumänen mit Minderheiten wie den Siebenbürger Sachsen oder den Banater Schwaben. Bemerkenswert sei, dass in Hermannstadt zum dritten Mal hintereinander ein Siebenbürger Sachse von der rumänischen Mehrheitsbevölkerung zum Oberbürgermeister gewählt wurde. Klaus Johannis genieße offensichtlich großes Vertrauen in der rumänischen Bevölkerung, stellte Stamm fest.

Die Landtagspräsidentin hatte auch den Bundesvorsitzenden des Verbandes der Siebenbürger Sachsen und Vizepräsidenten des Bundes der Vertriebenen, Dr. Bernd Fabritius, zu diesem Treffen eingeladen. Er thematisierte die Anliegen der heute mehrheitlich in Deutschland lebenden, aus Rumänien stammenden Deutschen. In Absprache mit seinen Kollegen, dem Bundesvorsitzenden der Landsmannschaft der Banater Schwaben, Peter Dietmar Leber, sowie der Sathmarschwaben, Helmut Berner, sprach Fabritius ein in der Aufmerksamkeit aller Landsleute stehendes Thema an, zu dem es zwar schon mehrere Eingaben an höchste rumänische Regierungsstellen gegeben habe, eine Erledigung aber noch nicht weiter gekommen sei: Die Entschädigung politisch Verfolgter, insbesondere der im Januar 1945 als Zwangsarbeiter aus Rumänien nach Russland verschleppten Zivilpersonen deutscher Volkszugehörigkeit, sei auf Grund von Fehlern in der Gesetzgebung unzulänglich. Wie in dieser Zeitung berichtet, hat der Verband nicht zuletzt bei eigenen Arbeitsbesuchen in Bukarest Vorschläge für entsprechende Gesetzeskorrekturen unterbreitet, nach denen auch die aus Rumänien zwischenzeitlich ausgewanderten Opfer eine angemessene Entschädigung erhalten sollten. Dafür brauche es nur eine kleine Gesetzeskorrektur. „Diese Menschen sind mehrheitlich weit über 80 Jahre alt und sollen am Ende ihres Lebens noch etwas von der Entschädigung für erlittenes Unrecht haben und nicht in den Mühlen der Bürokratie und der Justiz hängen bleiben“, forderte Fabritius. Anastase versprach, sich um den Vorgang zu kümmern, der derzeit bei der Rechtskommission liege.
Die von der Präsidentin der rumänischen ...
Die von der Präsidentin der rumänischen Abgeordnetenkammer, Roberta Alma Anastase (Fünfte von rechts), geleitete Delegation besuchte den bayerischen Landtag auf Einladung von Landtagspräsidentin Barbara Stamm (Dritte von rechts). Auf dem Gruppenbild Vierter von links der Bundesvorsitzende Dr Bernd Fabritius. Bildarchiv Bayerischer Landtag. Foto: Rolf Poss
Weitere Themen in der Gesprächsrunde mit den Vizepräsidenten Reinhold Bocklet, Christine Stahl und Jörg Rohde sowie den Präsidiumsmitgliedern Walter Nadler und Hans Herold waren u. a. der Datenschutz und der Kampf gegen die Korruption, außerdem die Finanzkrise, die auch Rumänien getroffen hat. „Wir haben sofort drastische Maßnahmen ergriffen, um so schnell wie möglich wieder aus dem Tief herauszukommen“, berichteten Mitglieder der rumänischen Delegation. Am 21. April 2012 jährt sich die Unterzeichnung des „Vertrags zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Rumänien über freundschaftliche Zusammenarbeit und Partnerschaft in Europa“ zum 20. Mal. Dieses Fundament soll auch die Grundlage für eine Bayerisch-Rumänische Freundschaftsgruppe sein, die beide Parlamente weiter aufbauen wollen.
Hessens Landtagspräsident Norbert Kartmann ...
Hessens Landtagspräsident Norbert Kartmann begrüßt die Präsidentin der rumänischen Abgeordnetenkammer, Roberta Alma Anastase.
Die Reise wurde noch am selben Tag nach Hessen fortgesetzt. Landtagspräsident Norbert Kartmann empfing die rumänische Delegation im Landtag in Wiesbaden. Bei einem gemeinsamen Abendessen wurden Informationen unter den Vertretern der beiden europäischen Parlamente ausgetauscht. Wie schon Fabritius in München sprach auch Kartmann die Präsidentin der Abgeordnetenkammer auf den Sachstand hinsichtlich der Entschädigung von Opfern der Russlandverschleppung an. Anastase erklärte, sie wolle sich dieses Themas verstärkt annehmen. Nach ihrer Erinnerung sei der Rechtsausschuss derzeit stark ausgelastet, sodass es noch zu keiner Fertigstellung des abschließenden Berichts gekommen sei. Die rumänische Delegation flog am nächsten Tag weiter in die Bundeshauptstadt Berlin.

Bundestagspräsident würdigt deutsche Minderheit in Rumänien

Wie die Webseite des Bundestages berichtet, sagte Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert nach einem Gespräch mit der Präsidentin des rumänischen Parlaments: „Deutschland ist vermutlich ein ebenso hilfreicher wie anstrengender Partner“. Mit der EU-Mitgliedschaft würden sich die mitgebrachten Probleme nicht auflösen, sondern neue Herausforderungen und Verpflichtungen auftauchen. Deutschland sei vermutlich deswegen anstrengend, weil es auf die Einhaltung von Verpflichtungen größten Wert lege, zugleich aber auch Hilfe leiste. Die deutsche Minderheit in Rumänien bezeichnete der Bundestagspräsident als „herausragendes Merkmal unserer Beziehungen“. Sie stelle eine Brücke zwischen beiden Ländern dar. Es gebe „ermutigende Signale“, die vorhandenen Strukturen als Instrumente für die Vertiefung der beiderseitigen Beziehungen zu nutzen. Die rumänische Parlamentspräsidentin plädierte dafür, die Zusammenarbeit beider Parlamente auszuweiten. Anastase verwies auf die engen wirtschaftlichen Verflechtungen beider Länder und sprach das Projekt der Justizreform in Rumänien an.

Schlagwörter: Rumänien, Berlin, München, Kartmann, Fabritius

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  • 05.04.2012, 07:44 Uhr von gogesch: 0 [weiter]
  • 04.04.2012, 23:54 Uhr von orbo: ja, wir haben etwas anderes erlebt [weiter]
  • 04.04.2012, 21:38 Uhr von cäsar: Na, gogesch!?!? als was? Raus mit der Sprache!Haben wir in den letzten 20 Jahren etwas anderes ... [weiter]

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