3. August 2002

Wichtigster Partner der Zusammenarbeit

In München konzipiert, in Hermannstadt geboren, in Kronstadt getauft: Saxonia-Stiftung feierte zehnjähriges Bestehen
Man könnte den Scheck im Wert von 10 000 Euro symbolisch auch so deuten: 1 000 Euro gedacht als Spende für jedes Jahr seit Bestehen der Saxonia-Stiftung. Dass Peter Pastior, Leiter des Münchener Sozialwerks, die Summe am 13. Juli 2002, wie berichtet, der Kronstädter Geschäftsführung in der Aula der Honterusschule zum zehnjährigen Geburtstag überreichte, hatte aber einen anderen Grund: "Es wird zurzeit fleißig am neuen Sozialzentrum und Stiftungssitz der Saxonia gearbeitet. Die Finanzierung dafür ist - auch mit Unterstützung des deutschen Bundesministeriums des Inneren - grundsätzlich gesichert. Doch trotz bester Voraussetzungen werden sich in der Durchführung der Maßnahmen immer noch kleine Finanzlöcher auftun", meinte Pastior und stellte hierfür besagte Summe zur Verfügung. Damit sollen übrigens eine Waschmaschine, eine Trocken- und Bügelanlage sowie Bettwäsche für die Gästezimmer beim Rosenauer Stiftungssitz angeschafft werden.

Damit setzt das Sozialwerk das fort, was es immer schon seinem "wichtigsten Partner in der Zusammenarbeit mit unseren heute in Siebenbürgen lebenden Landsleuten" (Pastior) zugedacht hatte: die Unterstützung. Bis 2001 hat die Münchener Einrichtung der Saxonia jährlich im Schnitt Hilfen von umgerechnet 250 000 DM zukommen lassen. 80 Prozent davon stammen allein aus Spenden von Landsleuten in Deutschland. An andere Hilfsmaßnahmen sei hier erst gar nicht erinnert.

Aber erinnert hat man sich bei der Jubiläumsfeier in Kronstadt dann doch, dass das Sozialwerk Anfang der 90er Jahre unter der damaligen Leitung von Willi Schiel und der aktiven Mitwirkung vor Ort von Michael Schmidt die Wiege für diese Stiftungsgründung bereit stellte. "Die Saxonia wurde schließlich in München konzipiert, in Hermannstadt geboren und in Kronstadt getauft", erklärte dazu Jürgen Porr, Vorsitzender des Siebenbürgenforums (DFDS), und fügte dem noch hinzu: "Die Taufpaten sind, wie ja bekannt, die evangelische Landeskirche und das Siebenbürgenforum."

Das erklärt auch ihre "Sonderstellung" unter ähnlichen Einrichtungen in den Siedlungsgebieten der Deutschen in Rumänien, unterstrich in seinem "klärenden Grußwort" (Ehrmann) der DFDR-Abgeordnete Wolfgang Wittstock. Denn weder im Banat noch im Sathmarland, aber auch nicht in der Bukowina oder dem Altreich gaben sich Kirche und Foren bei der Gründung der dortigen Stiftungen die Hand. Und nirgends stand die soziale Komponente so stark im Vordergrund wie bei der sächsischen "Saxonia" damals und heute.

Allerdings wurde die „Saxonia“ bald auch "der beste Partner" für die Bereiche Wirtschaft, Sozialhilfe, Kultur, Wissenschaft und Beratungen aller Art von angehenden klein- und mittelständischen Unternehmer in Siebenbürgen, die mit finanzieller Unterstützung größtenteils des Bundesministeriums des Inneren (BMI) oder des österreichischen Bundeskanzleramtes (BKA) einen eigenen Betrieb gründen und leiten wollten, denn: "Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg", riet die Saxonia-Mannschaft, geschart um ihren Geschäftsführer Karl Arthur Ehrmann, jedem, der sich in die angebrochene Marktwirtschaft hineinwagte.

Gewagt haben es allein von 1997 bis heute 66 Unternehmer über BMI-Direktfinanzierungen im Bereich Gewerbe und Handel, weitere 69 wurden aus den davon erzielten Rückflussgeldern von der "Saxonia" auf eigene Beine gestellt. Und das BKA hat seinerseits gesondert in dieser Zeitspanne noch 111 Anwärtern über die Stiftung zu einer eigenen Existenz verholfen.

Allerdings ließ die Alpenrepublik über ihren Botschaftsvertreter, Dr. Martin Kaspar, die Festteilnehmer in der Kronstädter Honterus-Aula wissen, dass hiermit die Projekthilfe Österreichs erfolgreich beendet worden sei und keine weitere Unterstützung dieser Art aus Wien unter die Zinne kommen werde. Auch BMI-Sektionsleiter Dr. Frank Reuter empfahl für eine Zukunftsstrategie der Saxonia-Stiftung "die Einführung einer mit Bußgeldern bewehrten Friedenspflicht angesichts der immer knapper werdenden finanziellen Mittel des Bundesinnenministeriums."

Darum überlegte der Saxonia-Geschäftsführer, Karl Arthur Ehrmann, in seinem klärenden Wort über "Hilfe zur Selbsthilfe", "ob die drei Millionen DM der BMI-Projekte und die annähernd 38 Millionen österreichische Schillinge aus heutiger Sicht zweckentsprechend eingesetzt wurden." Ehrmann jedenfalls bejahte es und zählte dabei nicht die in "Siebenbürgen stabilisierten potentiellen Auswanderer" oder die "gescheiterten Unternehmungsgründungen". Für ihn sind gute und selbst einfach überlebende Privatunternehmen mehr als keine Privatunternehmen. "Mit den einzelnen Unternehmen sind deren Arbeitnehmer, sind ganze Wirtschaftszweige flächendeckend gefördert worden." Und wenn man dann noch die Tatsache berücksichtigt, dass früh- und spätausgewanderte Landsleute "mit ihren Steuergeldern zu den Förderbudgets der Geberländer beitragen, so ergeben sich daraus interessante Konotationen des Begriffs ‚Selbsthilfe'", schlussfolgerte der Geschäftsführer.

An eine andere Art von Selbsthilfe wurde schon 1999 gedacht, als eine "saxoniaeigene" GmbH aus der Taufe gehoben und unter dem Firmenschild "S.C. Faber-Consult-Saxonia S.R.L." beim Kronstädter Gericht eingetragen wurde. Mindestens 200 Produktions- und Dienstleistungsangebote hatte man damals in den Statuten abgesteckt und mindestens so viele Bedarfsmöglichkeiten in vielfältigen Bereichen ins Auge gefasst: der Herstellung von Gebrauchsgütern, dem Handel mit diesen und anderen Erzeugnissen sowie Dienstleistungen jeder Art. Und was der Name versprach, daran hat man sich selbstredend gehalten: Beratungen für Unternehmensgründungen. Bislang erhielten Saxonia-Antragsteller für Direkt- oder Projekte aus Rückflussgeldern bei der Beratungsstelle des Hauses kostenlos Tipps für Neugründungen. Nun werden solche Ratschläge allen erteilt, die hier anklopfen - allerdings gegen Bezahlung. Die Fachleute von Faber-Consult wissen, wie man eine Existenzgründung und den Aktenkrieg mit Behörden angehen sollte, welche Vor- und Nachteile die rumänische Gesetzgebung künftigen Kleinunternehmern einräumt. Zu den vertrauensvollen Beratungen in der Kronstädter Purzengasse gehören auch umfangreiche Markt- oder gar Gewinn bringende Machbarkeitsstudien. Selbst zweisprachige Anträge für einen eventuellen Maschinenankauf stellen die Kronstädter Berater ihren Kunden zur Verfügung und dann noch etwas: eine vertrauenswürdige Rückendeckung, namentlich der sächsischen Saxonia.

Stiftung und GmbH werden bald aus Kronstadt nach Rosenau umziehen. In einem hierfür angekauften Bauernhaus in der Neugasse will man bis nächstes Jahr den Sitz beider Einrichtungen, aber auch eine Sozialstation eröffnen, hinzu kommen Werkstätten, Küche, Speisesaal und ein Mehrzweckraum sowie, in der Mansarde, die Gästezimmer. Kostenpunkt. 400 000 Euro insgesamt.

Neben der Sozialwerk-Spende erhält der Rosenauer Sitz gleich fünf neue PCs, die Familie Däuwel in Aussicht stellte. Keine leere Versprechung, denn Margret und Heinrich Däuwal aus Germersheim haben seit gut zehn Jahren bereits 20 Hilfstransporte durchgeführt und 135 Tonnen Hilfsgüter über die Saxonia in Siebenbürgen verteilt. Kostenpunkt: über eine Million DM. Unterstützung kündigten die Däuwels auch für weitere Teilprojekte in Rosenau an: Essen auf Rädern, Sozialstation, Werkstätten. "Im Vordergrund unseres gemeinsamen Wirkens standen immer die in diesem Land in Not geratenen Menschen, die unsere Hilfe brauchten, ganz gleich welcher nationalen, religiösen oder ethnischer Zugehörigkeit", so das rührige Ehepaar.

Martin Ohnweiler

Schlagwörter: Saxonia

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