4. Dezember 2013

TU Wien hilft bei Kirchenburgenrettung

Großer Trubel am frühen Morgen des 25. Oktober auf dem Mediascher Bahnhof: Eine knapp 30-köpfige Reisegruppe aus sieben Ländern steigt aus dem Fernzug und stolpert über den Bahnhof. Sie kommt aus Wien und hat in den kommenden Tagen einiges vor in Siebenbürgen. Die Kirchenburg von Arbegen soll mit moderner Technik genauestens untersucht werden.
Der Mediascher Dechant Pfarrer Ulf Ziegler nimmt die acht Lehrkräfte und 30 Studenten des Fachgebietes Baugeschichte und Bauforschung an der Technischen Universität Wien in Empfang. Die meisten von ihnen sind zum ersten Mal in Siebenbürgen. Sie kommen auf Einladung des Landeskonsistoriums der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien (EKR) und des Kirchenbezirks Mediasch.

Den Kontakt zur TU Wien haben die Mitarbeiter der Leitstelle Kirchenburgen schon im Frühjahr 2013 geknüpft. Die Initiative ging von der rumänischen Architektin Mirela Weber aus, die seit vielen Jahren in Wien lebt und der die Kirchenburgen eine Herzensangelegenheit sind. Sie lud ihre Berufskollegin Liliana Cazacu von der Leitstelle Kirchenburgen nach Wien ein, um über die aktuelle Situation zu berichten. Cazacu war erfreut, dass dieses Thema in der österreichischen Hauptstadt so großes Interesse fand. Man vereinbarte einen Gegenbesuch in Siebenbürgen.

Ende Juni wurden sechs Mitarbeiter des Fachgebietes von Bischof Reinhart Guib und Hauptanwalt Friedrich Gunesch in Hermannstadt empfangen. Sie besuchten Kirchenburgen im Bezirk Mediasch und das landeskirchliche Archiv. Gemeinsam wurde beschlossen, ein Pilotprojekt in Arbegen für den Herbst 2013 in Angriff zu nehmen. Die dortige Kirchenburg ist nicht nur bestens als Lehrobjekt für die Wiener Studenten geeignet, sondern vorgesehene Reparaturen an dem Bauwerk erfordern Untersuchungen, die teilweise durch dieses Pilotprojekt geleistet werden können.

Organisiert wurde der Vorbesuch der Wiener Delegation von der Leitstelle Kirchenburgen, die im Rahmen einer Förderung vom Beauftragten der deutschen Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) die Landeskirche beim Erhalt, der Instandsetzung und der touristischen Inwertsetzung der Kirchenburgenlandschaft berät.
Hauptanwalt Friedrich Gunesch (links) im Gespräch ...
Hauptanwalt Friedrich Gunesch (links) im Gespräch mit Dr. Gerold Esser in Arbegen bei der Präsentation der Zwischenergebnisse. Foto: Leitstelle Kirchenburgen
Am 25. Oktober empfängt nun die Leitstelle Kirchenburgen die Wiener Studentengruppe zusammen mit Vertretern des Bezirks Mediasch im Birthälmer Pfarrhaus zu einem Frühstück. Über Großkopisch und Meschen geht es weiter nach Arbegen, wo die Gruppe die Kirchenburg vermisst und bauhistorisch erforscht. Hinzu kommen Filmdokumentationen und Interviews mit Anwohnern in Arbegen und im Nachbarort Schaal. Dort werden sie besonders vom Ehepaar Ziegler unterstützt, das sich um den Erhalt der dortigen Kirchenburg kümmert.

Die Wiener tauschen sich auch mit Studenten des Faches Sanierung und Denkmalpflege am Hermannstädter Zweig der Ion-Mincu-Universität aus. Gemeinsam besuchen sie die Kirchenburg Eibesdorf, die kürzlich im Rahmen des 18-Kirchenburgen-Projektes repariert wurde. Die leitende Architektin Gabriella Olasz stellt die Ergebnisse vor und weist auf die wissenschaftliche Begleitung der Arbeiten hin, die durch eine BKM-Förderung sichergestellt wurde.

Zum Abschluss ihres Besuches präsentieren die Wiener Studenten am 2. November die ersten Ergebnisse ihrer Arbeiten in Arbegen. Pfarrerin Hildegard Servatius-Depner freut sich, dass die Studenten die Kirchenburg bereits als die „ihre“ bezeichneten. „Das zeigt, wie sehr sie sich hier schon nach dieser intensiven Woche heimisch fühlen.“

Nach der Rückkehr nach Österreich beginnt die Aufarbeitung der gesammelten Daten. Die Endergebnisse sollen Anfang des kommenden Jahres vorgestellt werden. Dazu ist auch Hauptanwalt Friedrich Gunesch eingeladen, der sich über den Einsatz der Studenten sehr freut. Ihre Arbeiten seien „eine wichtige Voraussetzung für die vorgesehene Beantragung von Fördermitteln der Europäischen Union“. 2014 wird die Landeskirche weitere Mittel aus dem EFRE-Strukturfonds für die Instandsetzung von Kirchenburgen beantragen – auch für Arbegen.

Das Projekt wird von der TU Wien mit Interesse verfolgt, allen voran von der Fachgebietsleiterin Marina Döring-Williams, die die Studenten in den ersten Tagen in Siebenbürgen begleitet hat. Sie zeigt sich von der Region sehr angetan und strebt eine langfristige Zusammenarbeit an. Und ganz besonders dankt sie den Mitarbeitern der Leitstelle Kirchenburgen für die Planung, Vorbereitung und Begleitung des Studentenbesuchs. Sie ist sich mit ihren Studenten einig: „Dies war mit Sicherheit nicht unser letzter Besuch, wir kommen gern wieder.“

Peter Binder

Schlagwörter: Siebenbürgen, Kirchenburgen, Projekt, Universität, Wien

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