26. November 2018

Gespräch mit Konsul Tischler in Hermannstadt: Das Potential der Siebenbürger Sachsen stärker nutzen

Die Bundesvorsitzende des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, Herta Daniel, die am 17. November 2018 an der Landeskirchenversammlung der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien (EKR) teilnahm, folgte in Hermannstadt auch der Einladung von Hans Erich Tischler, Konsul und Leiter des Deutschen Konsulats, zu einem Gedankenaustausch. Unser Landsmann Tischler, geboren 1959 in Bad Godesberg, ist den Lesern durch das Interview in der Siebenbürgischen Zeitung Online vom 23. Juli 2018 bekannt. Er bringt eine reiche Erfahrung als Diplomat aus neun verschiedenen Auslandsstationen auf vier Kontinenten mit. Der Konsul, der sich seit August 2017 binnen kurzer Zeit bestens in sein neues Amt eingearbeitet hat, äußerte im Interview seine Visionen und Gedanken zu den Siebenbürger Sachsen und Siebenbürgen.
Das Gespräch mit der Bundesvorsitzenden konzentrierte sich insbesondere auf wirtschaftliche und kulturelle Themen. Als Ehrenvorsitzender des Deutschen Wirtschaftsclubs Siebenbürgen (DWS) mit Sitz in Hermannstadt und seinen rund 160 Mitgliedern ist Konsul Tischler an wirtschaftlichen Fragen aus seinem Amtsbezirk sehr interessiert. Zu der wachsenden Zahl der Mitglieder gehören neben deutschen und rumänischen Firmen auch Unternehmen aus Österreich und der Schweiz. Im Amtsbezirk der Vertretung gibt es weitere deutsche bzw. deutschsprachige Wirtschaftsclubs in Kronstadt (DWK), Neumarkt (DWM) und Klausenburg (DWNT), die er regelmäßig besucht und deren Anliegen er erörtert. Konsul Tischler hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Wirtschaftsclubs besser zu vernetzen und den Dialog mit den Lokalverwaltungen zu unterstützen. Ein regelmäßiger Austausch mit allen Ansprechpartnern sei notwendig, um Synergien herzustellen und um zukünftigen Herausforderungen besser gerecht zu werden. Herta Daniel versprach, auch den Kontakt zur Carl Wolff Gesellschaft, dem siebenbürgischen Wirtschaftsclub in Deutschland, herzustellen.
Bundesvorsitzende Herta Daniel und Konsul Hans ...
Bundesvorsitzende Herta Daniel und Konsul Hans Erich Tischler führten ein Gespräch in Hermannstadt. Foto: Verband der Siebenbürger Sachsen
Deutsche Firmen haben in der jüngsten Vergangenheit viel in Siebenbürgen investiert und tun dies weiterhin. Hunderttausende von direkten und indirekten Arbeitsplätzen seien so geschaffen worden. Immer wieder wird Konsul Tischler zu Firmenerweiterungen und Fabrikeröffnungen eingeladen. Das Wirtschaftsklima und die Standortbedingungen in vielen Teilen Siebenbürgens seien günstig, nicht zuletzt dank der guten Hochschullandschaft im Lande. So erstaune es nicht, dass Unternehmen immer wieder an ihn herantreten und sich nach Investitionsmöglichkeiten oder lokalen Partnern erkundigen.

In diesem Zusammenhang würdigte Hans Erich Tischler die wirtschaftlichen Leistungen der Siebenbürger Sachsen. Ohne ihr starkes Engagement und ihren Fleiß im 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts sei für ihn die Industrialisierung Siebenbürgens nur schwer vorstellbar. Dieses Wissen dürfe nicht verloren gehen, sondern müsse der Nachwelt erhalten bleiben, wie z.B. in Form der Bücher, die der Historiker Dr. Volker Wollmann zur Industriegeschichte bzw. zu den Industriedenkmälern Siebenbürgens veröffentlicht hat. Gerne sähe der Konsul ein Museum oder eine Dauerausstellung, die sich diesem herausragenden Aspekt der siebenbürgischen Geschichte widmen, sie aufarbeiten und einem interessierten Publikum näher bringen.

Das deutsche Konsulat in Hermannstadt nimmt auch mannigfaltige kulturelle Aufgaben wahr. So ist der Konsul kraft seines Amtes Mitglied in der Stiftung Kirchenburgen der EKR und setzt sich hier nachdrücklich für den Erhalt dieser einzigartigen Kulturgüter der Siebenbürger Sachsen ein. Auf seinen Reisen durch die neun Kreise seines Amtsbezirks stößt er immer wieder auf allgemein nicht bekannte Schätze und Zeugen der kulturschaffenden Siebenbürger Sachsen. In den Depots der Museen in Klausenburg und Kronstadt schlummern Werke siebenbürgisch-sächsischer Künstler, die es wert sind, der Öffentlichkeit, auch außerhalb Siebenbürgens, vorgestellt zu werden. Auch dieser Teil der Geschichte gehöre aufgearbeitet, betonte Tischler. Eine gute Gelegenheit biete der 300. Geburtstag von Samuel von Brukenthal im Jahre 2021. Ideen seien vorhanden und erste Gespräche mit Museen in Deutschland geführt worden. Es sei wichtig, der Öffentlichkeit beherzter zu zeigen, dass siebenbürgisch-sächsische Kultur neben Brauchtum und Volkskunst auch bedeutende Werke von Schriftstellern, Wissenschaftlern und Künstlern umfasse. Er erinnerte hier besonders an den Komponisten Carl Filtsch. Tischler schwebt die Einrichtung eines Museums in einer Kirchenburg vor, um dort ein umfassendes Bild vom außerordentlich reichen Kulturschaffen der deutschen Minderheit in den vergangenen neun Jahrhunderten zu zeigen und auch das immaterielle Erbe der Siebenbürger Sachsen angemessen zu würdigen.

Auf die Frage der Beschaffung von aktuellen Personenstandsurkunden angesprochen, konnte Konsul Tischler sich an keine Häufung solcher Anliegen erinnern. Bekanntlich bestehen manche Standesämter in Deutschland auf aktuellen Personenstandsurkunden aus Rumänien, deren Beschaffung unseren Landsleuten oft Schwierigkeiten bereitet. Die Bundesvorsitzende schloss das sehr angenehme Gespräch mit Einladungen zu dem Großen Siebenbürgerball 2019 und dem nächsten Heimattag in Dinkelsbühl.

Schlagwörter: Herta Daniel, deutsch-rumänische Beziehungen, Hermannstadt, Diplomat

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