30. August 2006

Europäisches Kulturerbe in Kronstadt

Unter dem Titel "Studenten, Gelehrte, Könige - Europäisches Kulturerbe in Kronstadt" wird bis zum 10. September 2006 in der Südvorhalle der Schwarzen Kirche eine Sonderausstellung mit Originalexponaten aus dem Archiv der Kronstädter Honterusgemeinde gezeigt. Die Schau bildet den Abschluss eines vom EU-Programm "Kultur 2000" geförderten Projektes zur "Erschließung der bedeutenden Bibliotheks- und Archivbestände der Honterusgemeinde".
Die Materie, mit der sich Archive befassen, ist meist das geschriebene Wort. Wort bzw. Text halten fest, worüber sonst die Zeit hinweggeht, dessen Spuren sich unweigerlich verwischen. Archive sind die Aufbewahrungsstätten für die Überlieferung menschlichen Denkens, Wollens und Handelns. Obwohl vielleicht weniger spektakulär in der äußeren Erscheinung vermitteln alte Pergamente, Handschriften und Bücher weit vielfältigere Informationen über das Vergangene als dies Monumente aus Stein oder eine Krone aus Gold vermögen. Sie erzählen den Nachgeborenen nicht nur über das Leben und Treiben der Vorfahren, sondern ermöglichen uns, durch kritische Lektüre die Informationen zu ordnen, also kulturelle, politische und gesellschaftliche Belange in Relation zueinander zu setzten.

Plakat der Ausstellung in der Schwarzen Kirche zu Kronstadt.
Plakat der Ausstellung in der Schwarzen Kirche zu Kronstadt.
Meist finden nur Forscher und Wissenschaftler den Weg ins Archiv, um sich für ihre Arbeit zu dokumentieren. Dass aber eine solche Institution auch Interessantes für ein größeres Publikum zu bieten hat, möchten Archiv und Bibliothek der Honterusgemeinde in ihrer bis zum 10. September geöffneten Ausstellung zeigen.

Zu sehen sind unter anderen Noten-Handschriften des Kronstädter Komponisten Daniel Croner (1656-1740), dessen Geburtstag sich dieses Jahr zum 350. Mal jährt, oder der Bericht des Stadtmedikus Johann Albrich (1667-1749) über die letzte große Pest in Kronstadt 1717-1719. Beide besuchten als Studenten führende europäische Universitäten und fanden dann ihre Wirkungsstätten im Burzenland.

Vorgestellt werden auch die Weltbeschreibungen von Nikolaus Kopernikus und Johannes Honterus, die in den Jahren 1543 bzw. 1541/2 erschienen. Während Kopernikus mit seinem Werk in die Kulturgeschichte der Menschheit eingegangen ist, sogar der Paradigmenwechsel von geozentrischer zur heliozentrischer Betrachtungsweise des Universums als "Kopernikanische Wende" bezeichnet wird, ist die etwas ältere Weltbeschreibung Honters (Erstauflage bereits 1530) noch der alten geozentrischen Vorstellung vom Lauf der Planeten verhaftet. Die Verbreitung seiner Kosmographie bleibt dadurch wenn auch nicht örtlich so doch zeitlich auf das 16. und 17. Jahrhundert beschränkt. Seine Holzschnittkunst - Honterus fügte seinem Werk 16 Karten bei - beeindruckt hingegen noch heute den Betrachter.

Am weitesten in die Vergangenheit wagt sich die Ausstellung mit einer Urkunde König Sigismunds von Luxemburg zurück. Als König von Ungarn von 1387 bis 1437 und ab 1410 gewählter König des Heiligen Römischen Reiches (Kaiserkrönung 1433) weilte er mehrmals in Kronstadt. Erstmals schlug er im Jahr 1395 hier sein Heerlager auf und traf Vorbereitungen für einen Kreuzzug gegen die Türken. Neben den Kriegsvorbereitungen förderte er auch Landesausbau und -verteidigung im äußersten Osten seines Reiches. So überliefert die ausgestellte Urkunde, eine Meßstiftung Sigismunds, den jährlichen Einbehalt von 40 Goldgulden aus dem Martinszins, den die Stadt dem König schuldete, damit in der Kapelle auf dem Martinsberg "eifrig" Gottesdienst gehalten werde.

Schriftliches Kulturerbe, das die Teilhabe Kronstadts und Siebenbürgens an den Geistesströmungen der europäischen Geschichte widerspiegelt, wird in der Ausstellung in der Schwarzen Kirche gezeigt.
Schriftliches Kulturerbe, das die Teilhabe Kronstadts und Siebenbürgens an den Geistesströmungen der europäischen Geschichte widerspiegelt, wird in der Ausstellung in der Schwarzen Kirche gezeigt.

Mit diesen Themen greifen Archiv und Bibliothek der Honterusgemeinde nur drei Gegenstände aus dem überaus reichen schriftlichen Kulturerbe heraus, das in Kronstadt zu finden ist. Die Schwarze Kirche bietet sozusagen als historischer Ort des Geschehens einen passenden Rahmen für die Ausstellung.

Angela Gröber


Kontakt:
Evangelische Kirche A.B. Kronstadt
Archiv & Bibliothek der Honterusgemeinde
Honterushof 2
RO-50025 Brașov
Telefon: (00 40) 286-506196
Webseite: www.honterus-archiv.ro

Schlagwörter: Kulturspiegel, Kronstadt, Ausstellung

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