1. Dezember 2006

Rückgabe von mobilen Kulturgütern in Rumänien

Am 4. Oktober 2006 war auf der Internetseite der Zeitung România Liberă unter dem Link „Transilvania“ zu lesen: „Die Nachkommen des Grafen Csaki beantragen einen Waggon von Wertgegenständen, von denen ein Teil das Büro des Direktors des Brukenthalmuseums, Sabin Luca, ziert.“ Das Brukenthalmuseum war bekanntlich vor dem Sturz Ceausescus Anlaufstelle für ausreisewillige Landsleute, die ihre „mobilen Kulturgüter“ durch den Zoll bringen wollten. Wie man gegen altes Unrecht in Rumänien vorgehen kann und diese Kulturgüter neuerdings rückerstattet werden können, berichtet Manfred Huber aus eigener Erfahrung.
Erinnern wir uns: 1974 erschien das Gesetz 63. Es verfolgte neben dem Schutz des rumänischen Kulturerbes auch die Kontrolle der Kulturgüter, die sich im Besitz der potentiellen Auswanderer befanden. Allein im Kreis Hermannstadt waren 18 Fachleute damit beschäftigt, die Spreu vom Weizen zu trennen. Die für wertvoll erklärten Stücke wurden ins Inventar der rumänischen Kulturgüter aufgenommen und durften nicht über den Zoll ausgeführt werden, sie gehörten zum „mobilen Patrimonium“. Oft wurden die wertvollsten Stücke „gespendet“ und so den staatlichen Museen zugeführt und dort deponiert. Inwieweit diese Vorgehensweise, begründet durch die kommunistische Gesetzgebung, eine tiefgreifende Rechtsverletzung, Enteignung und Demütigung war, soll an dieser Stelle nicht kommentiert werden. Auch die siebenbürgische Landsmannschaft setzt sich für die Wiedergutmachung und Eigentumsrückgabe in Rumänien ein (siehe Artikel EU-Beitritt 2007 unter Auflagen in der Siebenbürgischen Zeitung Online).

Die Wende brachte erst im Jahre 2000 die Möglichkeit, gegen altes Unrecht vorzugehen: Das Gesetz zum Schutz der nationalen Kulturgüter Nr. 182/2000, veröffentlicht im Amtsblatt (Monitorul Oficial) Nr. 530/ 27.10.2000, legt in Artikel 80, Absatz 1, fest: Für die Herausgabe beweglicher Kulturgüter ist kein Gerichtsurteil nötig, sondern lediglich ein Antrag an das betreffende Museum. Dieses ist gehalten, vor der Rückerstattung die Zusage von der „Nationalen Kommission der Museen und Sammlungen“ („Comisia Națională a Muzeelor si Colecțiilor“) zu erwirken. Bei einem ablehnenden Bescheid muss dann der Rechtsweg beschritten werden. Es ist aber zu empfehlen, gleich den Rechtsweg zu gehen, um Wartezeiten und Hinhaltetaktik der Museen vorzubeugen. Das Prozedere ist gebührenfrei.

Handelt es sich um Kulturgüter, die zwischen dem 6. September 1940 und dem 31. Dezember 1947 in staatlichen Besitz gelangten, ist gemäß Artikel 80, Absatz 2, ein rechtskräftiges Urteil auf jeden Fall erforderlich.

Dabei spricht das Gesetz 182/2000 bei Kulturgütern, die vor dem 31. Dezember 1947 den Besitzer wechselten, von „illegaler Übernahme“, bei denjenigen, die nach diesem Datum übernommen wurden, von „Deponierung“ (depunere). Handelt es sich um Export, ist gemäß Artikel 37 ein Exportzertifikat nötig, ausgestellt von der Kulturbehörde des zuständigen Landkreises („Direcția județeană pentru Cultură si patrimoniu cultural național“). Nach Artikel 4 werden klassifiziert:

a. Thesaurus, bestehend aus außerordentlich wertvollen Kulturgütern
b. öffentliche Sammlungen der Museen
c. Sammlungen der Religionsgemeinschaften und ihrer Institutionen.

Auch als Thesaurus eingestufte Güter können (wie im vorliegenden Fall) rückerstattet werden. Wie hoch der Anteil eventuell exportierter Kulturgüter aus dieser Kategorie ist, lässt sich nicht abschätzen. Vielleicht bringt Europa mehr Klarheit in diesen Fällen.

Der 2003 mit meiner Rechtsanwältin vereinbarte „contract de asistenț ă juridică“ beschleunigte das Verfahren. Nachdem es in Rumänien keine Rechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) gibt, wurden 150 Euro als Honorar ausgehandelt. Im Frühjahr 2005 sah sich Dr. Alexandru Lungu gezwungen, die von meiner Mutter vor 25 Jahren „gespendeten“ drei Stücke aus der „Deponierung“ des Brukenthalmuseums freizustellen.

Dem Juristen Michael Miess sei für die Unterstützung bei der Erstellung dieser Informationen gedankt.

Manfred Huber, Freiburg im Breisgau

Schlagwörter: Eigentumsrückgabe, Kultur

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