24. September 2008

18. Sachsentreffen in Birthälm: "Lebendige Gemeinschaft“"

„Lebendige Gemeinschaft“ lautete das Leitthema des 18. Sachsentreffens, das am 20. September in Birthälm stattfand. Das vom Siebenbürgenforum veranstaltete Begegnungsfest eröffnete traditionell mit einem Festgottesdienst, an den sich Grußworte anschlossen. Weitere Höhepunkte im Programmablauf waren der Trachtenumzug, die Festrede von Dr. Karl Scheerer sowie die Verleihung der Honterusmedaille an den Bischof der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien, D. Dr. Christoph Klein.
Dass mit rund tausend Teilnehmern der Publikumszuspruch niedriger als sonst war, ist auf das nasskalte Wetter zurückzuführen. Der Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland war vertreten durch den Ehrenvorsitzenden Dr. Wolfgang Bonfert und Peter Pastior, Bundesschatzmeister und Vorsitzender des Sozialwerks der Siebenbürger Sachsen.

Ortspfarrer Ulf Ziegler hieß die Teilnehmer des Festgottesdienstes in der voll besetzten Kirche willkommen. Bischof D. Dr. Christoph Klein sagte bezogen auf das Motto des Treffens: „Das Bild der fröhlich-festlich feiernden Menschen zeigt uns, dass wir eine lebendige Gemeinschaft sind“. Wider Erwarten sei die sächsische Gemeinschaft nicht tot, sondern voller Leben und erfüllt, „denn ohne Erfüllung gibt es keine lebendige Gemeinschaft“. Die Predigt hielt Reinhart Guib, Bischofsvikar und Dechant des Kirchenbezirks Mediasch. Er bewegte die Gemeinde mit einer Predigt, in der er über die Wichtigkeit des Gemeinschaftssinnes sprach. So verschieden wie die Glieder eines Leibes, so verschieden seien auch die Mitglieder einer Gemeinschaft, und gleichwohl müssten sie zusammenhalten. Denn „geteiltes Leid ist halbes Leid und geteilte Freude ist doppelte Freude“. Den Gottesdienst gestalteten der Mediascher Chor unter der Leitung von Edith Toth und Liv Müller an der Orgel mit.
Schwungvolle Tanzdarbietung auf dem Hauptplatz in ...
Schwungvolle Tanzdarbietung auf dem Hauptplatz in Birthälm: Trotz nasskalten Wetters besuchten tausend Gäste die Veranstaltungen des Sachsentreffens. Foto: Ruxandra Stănescu
Nach dem Gottesdienst folgten Grußworte. Der Vorsitzende des Siebenbürgerforums, Dr. Paul Jürgen Porr, moderierte die Veranstaltung, die er mit den Fragen, ob die Sachsen eine Gemeinschaft bildeten und wie lebendig diese Gemeinschaft sei, einleitete. Die Sachsen hätten immer einen ausgeprägten Gemeinschaftssinn besessen, so Porr, „durch diese geschlossene Gemeinschaft haben wir 850 Jahre überlebt“. Diese Gemeinschaft existiere noch, wenn auch – im Zeichen der Globalisierung – zahlenmäßig sehr reduziert. Es fänden sich viele Belege dafür, dass die sächsische Gemeinschaft lebendig sei: deutschsprachige Schulen, deutsche Kulturzentren und Foren, deutsche Literatur. Die Minderheitenpolitik in Rumänien sei erfolgreich („auf politischer Ebene sind wir so präsent, wie wir seit dem 19. Jahrhundert nicht mehr waren“). Porr unterstrich die Solidarität der Gemeinschaft, wie die Unterstützung der Bistritzer Landsleute jüngst wieder bestätigte.

Solidarität für Bistritz

Im Rahmen des Gottesdienstes nahm der Bistritzer Pfarrer Hans Dieter Krauss einen Scheck über 350 000 Lei (rund 96 000 Euro) entgegen, Spenden, die das Siebenbürgenforum gesammelt hatte. Pfarrer Krauss bedankte sich für die „Welle der Solidarität und Verbundenheit, die weit über die Grenze der Stadt und des Kreises und sogar über die sächsische und evangelische Gemeinschaft hinaus gegangen ist“ und „in schwerer Not eine unsagbare Hilfe“ bedeutete.

Gegen "falsche Propheten"

Als Vertreter der deutschen Minderheit im rumänischen Parlament sagte Ovidiu Ganț in seinem Grußwort, dass diejenigen, die Anfang der 90er Jahre ein Ende der Gemeinschaft der Siebenbürger Sachsen vorausgesehen hatten, „falsche Propheten“ gewesen seien. Auch heute habe diese Gemeinschaft „die Kraft, hervorragende Persönlichkeiten zu produzieren“, sie sei weiterhin „aktiv und tatenkräftig“. In diesem Zusammenhang erwähnte der Parlamentarier die Unterstützung des rumänischen Staates, der die Rahmenbedingungen geschaffen habe, sowie der Bundesrepublik Deutschland, die großzügig geholfen habe und es weiterhin tue.

Der Ständige Vertreter des Botschafters der Deutschen Botschaft Bukarest, Holger Scherf, überbrache die Grüße des Botschafters Roland Lohkamp und erklärte: „Es ist mir eine Ehre, mit ihnen dieses traditionelle Fest zu begehen.“ Nicht nur die Vergangenheit sei wichtig, die „großen historischen Leistungen der Siebenbürger Sachsen“, sondern auch die jungen Generationen, damit auch sie eine „lebendige Gemeinschaft pflegen und feiern können“.

Grenzüberschreitende Gemeinschaft

In Vertretung des Bundes- und Föderationsvorsitzenden Dr. Bernd Fabritius überbrachte Dr. Wolfgang Bonfert die herzlichen Grüße des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland. Der Ehrenvorsitzende erinnerte an die Gründung der weltweiten Föderation der Siebenbürger Sachsen vor 25 Jahren. Die Zusammenarbeit in der Föderation habe sich bewährt. „Lebendiges Leben der Gemeinschaft in Siebenbürgen auch in der Zukunft und gemeinsames lebendiges Zusammenwirken der sächsischen Vereinigungen bieten die Chance, dass wir nach langer, eindrucksvoller Geschichte auch weiterhin im kulturellen europäischen Mosaik ein nicht übersehbares Mosaiksteinchen siebenbürgisch-sächsischer Prägung erhalten können. Hier ist in Zukunft besonders die jüngere Generation gefordert, die wir gewinnen und für diese Aufgabe vorbereiten müssen“, betonte Bonfert.

Auf dem Kirchenvorplatz gab die Burzenländer Blaskapelle ein Platzkonzert. An den verschiedenen Verkaufsständen boten die Handarbeitskreise der Orts- und Zentrumsforen neben Kirchengemeinden und Jugendorganisationen Lebkuchen, Tischdecken und diverse Stickereien, auch Bücher u.a.m. an. Das Publikum nahm überdies an den Führungen durch die Ausstellung „Die richtige Sanierung von denkmalgeschützten Bauten“ teil, die am Hauptplatz in Birthälm gezeigt wurde.

Dr. Karl Scheerer: Kritische Zustandsanalyse mit optimistischem Appell

Verglichen mit dem Vorjahr, als das Sachsentreffen in Hermannstadt, der Europäischen Kulturhauptstadt, stattfand, verfolgten verhältnismäßig wenige Zuschauer den Trachtenumzug, bei dem sich u. a. Tanztruppen aus Bistriz, Hermannstadt, Kronstadt, Neumarkt am Mieresch und Mühlbach präsentierten. Desto voller war der Kultursaal bei der Festrede von Dr. Karl Scheerer. Das Thema habe ihm „erhebliche Probleme bereitet“, meinte der Vorsitzende des Schäßburger Forums, da die menschliche Wahrnehmung subjektiv und nicht selten selektiv sei. In seiner Zustandsanalyse konstatierte der Festredner, dass „der sächsischen Gemeinschaft im hohen Maße gerade die Leistungsträger und der Nachwuchs fehlen“. In vielen Landgemeinden sei das „sächsische Element beinahe oder völlig erloschen“. Die ausgewanderten Landsleute würden zu ihren alten Heimatortschaften „auf Distanz gehen“. In diesem Kontext verwies Scheerer auf allgemein wahrnehmbare Phänomene – Soziologen sprächen von diffuser Orientierungslosigkeit, Wertevakuum und dem Gefühl der Heimatlosigkeit – und fragte: „Welche Konsequenzen werden diese Erscheinungen für unser ohnehin sehr geschwächtes sächsisches Gemeinschaftsleben haben? Wir wissen es nicht. Noch nicht.“ Als Optimist weigere er sich aber, „in Resignation zu verfallen und abzuwarten, bis die Propagandisten des finis saxoniae Recht bekommen.“ Immerhin verfüge die Gemeinschaft immer noch über „eine Menge bisher noch ungenutzter Ressourcen, die es dringend zu mobilisieren gilt“. Eine dieser Ressourcen seien die deutschsprachigen Schulen. „Wenn man sich entschließt, seine Phantasie für einen Neuanfang, und der ist dringend geboten, und eine Weiterentwicklung Siebenbürgens einzusetzen, dann ist man gut beraten, die Realität vorurteilsfrei zu akzeptieren“, bekräftigte Dr. Scheerer, der seine Festrede mit dem optimistisch gestimmten Appell beschloss: „Lassen Sie uns an die Arbeit gehen, damit wir uns noch recht häufig hier in Birthälm treffen können!“
Bischof D. Dr. Christoph Klein wurde mit der ...
Bischof D. Dr. Christoph Klein wurde mit der Honterus-Medaille ausgezeichnet, links auf dem Bild seine Gattin. Foto: Ruxandra Stănescu
Im Anschluss an die Festrede erfolgte die Verleihung der Honterusmedaille des Siebenbürgenforums an Bischof D. Dr. Christoph Klein. Prof. Dr. Hans Klein, der Vorsitzende des Hermannstädter Forums, hielt die Laudatio. Der Auszuzeichnende sei von Anbeginn im Blickfeld des Forums gewesen, zumal der Bischof der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien „immer auch das Forum mitbedacht und dadurch die ganze Gemeinschaft gestärkt“ habe. Nicht nur für die Kirche, sondern auch für das Forum habe Christoph Klein „mit großem diplomatischen Geschick“ gewirkt. Positive Stimmen bezüglich Kleins Aktivitäten seien von ganz verschiedenen Seiten gekommen. Bischof D. Dr. Christoph Klein nahm die Honterusmedaille von Dr. Paul Jürgen Porr entgegen und bedankte sich nicht nur für die Verleihung, sondern auch für die schöne Würdigung. Bischof Klein erklärte, dass er sich ermutigt fühle, weiter zu helfen. Nach den Reden wurde ebenfalls im Kulturhaus ein Film von Christel Ungar-Țopescu über das Leben und die Aktivität von Christoph Klein ausgestrahlt. Bei Gesprächen, Musik und Mici fand das diesjährige Sachsentreffen seinen Ausklang.

Ruxandra Stănescu


Schlagwörter: Sachsentreffen, Birthälm, Forum, Föderation

Bewerten:

20 Bewertungen: ++

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.