2. Juli 2009

Auf den Spuren des SMS

Nachkommen des Bildhauers und Holzschnitzers Sigismund Möss (1645 – 1687) besuchten kürzlich Siebenbürgen. Teta Moehs, Konsul an der US-Botschaft in Peking, berichtet.
Weil wir vier Amerikaner etwas wissen wollten über Heimat und Herkunft unserer schon seit Ende des 19. Jahrhunderts in Amerika ansässigen Familie Moehs, haben wir eine Osterfahrt durch Siebenbürgen gemacht. Gewiss, es war ein weiter Weg von New York und Seattle, von Belfast in Maine und gar aus Peking in China, aber es hat sich gelohnt. Gut gemacht haben es unsere Großeltern und Eltern, dass wir alle von Siebenbürgen überhaupt etwas wissen und auch noch deutsch können, wenn auch nicht sächsisch.

Verwandte aus Europa waren mit von der Partie: zwei Teutsch aus Tirol und zwei Zimmermänner, diese beiden schon als Kenner des „Kirchenburgen-Landes“ von Broos bis Draas, und mittendrin Birthälm, die Burg der Bischöfe. Alle ihre Porträts haben wir im Bischofs-Palais in Hermannstadt gesehen, und der jetzige Bischof D. Dr. Christoph Klein hatte Zeit für uns und unsere Fragen. Wie es in früher, nur angeblich „guter, alter Zeit“ gewesen war, hat uns dann der Kronstädter Dr. Klein in Lichtbildern gezeigt.
Holzgeschnitzte Treppenwange zur Kanzel der ...
Holzgeschnitzte Treppenwange zur Kanzel der Mühlbacher Stadtpfarrkirche, 1682 verfertigt von Sigismund Möss, jetzt nur noch Schauobjekt an der Kirchenwand. Foto: Monika Teutsch
Aber wie wunderschön ist Hermannstadt auch jetzt in seinem neuen, alten Glanz am Großen und am Kleinen Ring, wo es einmal ein Moehs-Haus gegeben haben soll, noch vor dem Brukenthal-Palais und noch bevor es einen „Römischen Kaiser“ gab. Wie wunderschön auch Kronstadt sowohl von der Zinne gesehen als auch beim Bummel durch die Gassen vorbei an den früheren Wohnhäusern der Familie mit all ihren mehr oder weniger wahren Familiengeschichten in der Langgasse und Neugasse, in der Burzengasse und in der Blumenau: Teutsch und Rhein und wie sie sonst noch alle hießen. Das hat sich Friedrich Mieß, der Maler, gewiss nicht träumen lassen, dass sein Gemälde vom „grünen Haus“ der Rheinischen jetzt in Peking bestaunt wird und eine Wohnung schmückt.

Wir aber staunten über die gar nicht so arg Schwarze Kirche, den östlichsten gotischen Dom, in dem noch deutsch gepredigt wird, wie man sagt und wir uns überzeugt haben. Welche Emotionen kommen auf, dort im Gottesdienst zu sitzen, wo schon Großeltern und Urgroßeltern und Ur-ur-ur-ur- etc., etc. ihre Plätze hatten, vor einem Taufbecken, das das Ihre gewesen war, oder einer Bach’schen „Johannes-Passion“ unter Leitung von Schlandt Vater und Sohn zuzuhören, gar wenn ein Moehs aus Amerika im Chor mitsingen darf!
Grabstein des Pfarrers Andreas Czek in Dobring, ...
Grabstein des Pfarrers Andreas Czek in Dobring, 1685 geschaffen von Sigismund Möss. Foto: Monika Teutsch, 2009
Mit Gernot Nussbächers, unseres Verwandten, prächtigem „Kirchenführer“ kann man Kronstadts Schwarze Kirche kaum vergessen. In sein privates Archiv hat der Historiker und Honterus-Forscher uns im Haus der alten Schulbibliothek Einblick nehmen lassen. Dass man bei Siebenbürgen an Kirchenburgen denkt und dass das nicht falsch ist, das wissen wir jetzt. Viele haben wir gesehen, von innen und von außen, viele auch nicht: alle zu besuchen, dürfte unmöglich sein. Immerhin: Wir waren in Heltau und Henndorf und Honigberg, in Großau und Tartlau allerdings nur vor verschlossener Tür, was kein Kauf von Ansichtskarten wettmachen kann. Schöner als auf jedem Foto präsentiert sich Deutsch-Weißkirch, und Frauendorf macht seinem Namen Ehre und schmückt sich für Fremde, – wir wären beinahe daran vorbei gefahren.

Natürlich haben wir den Michelsberg erstiegen und sind die Schülertreppe in Schäßburg hinaufgelaufen, – wenigstens die Jüngeren unter uns, obwohl auch für sie die Schulzeit längst vorbei und Haltrichs Märchen längst vergessen.

Vor allem wollten wir den Spuren unseres Stammvaters folgen; wo er sich als Bildhauer und Bildschnitzer in seinen Werken verewigt hat: S(igismund) M(öss) S(culpsit). So haben wir nach SMS gesucht: in der Ferula der Hermannstädter Stadtpfarrkirche und auf dem Kronstädter Stadtfriedhof, an den Kanzeln der Kirchen von Mühlbach und Mediasch, wo uns die Pfarrer Dahinten und Servatius sichtlich stolz auch die berühmten Altäre zeigten und erklärten. – Traurig stimmt in Dobring der von SMS ausgeführte und sehenswerte Grabstein des Pfarrers Andreas Czek in der anscheinend dem Verfall preisgegebenen Kirche der ehemaligen sächsischen Gemeinde oben am Berg. Man müsste ihn von dort herausholen, auch wenn man ihn dann vollends degradiert zum Schaustück für müde Museumsbesucher, denn ob in einigen Jahren die Dobringer Kirchenruine auch nur für ein Erinnerungsfoto gut genug sein wird, das ist eher fraglich,– jedenfalls nicht so wie die Ruinen von Kerz oder Stolzenburg oder Marienburg oder von der Rosenau, der Stadt am Berge, weithin sichtbar, oder wohin man sonst neugierige Touristen lockt.
Die Nachkommen des Bildhauers und Holzschnitzers ...
Die Nachkommen des Bildhauers und Holzschnitzers Sigismund Möss, darunter Professor Dr. Dr. Harald Zimmermann (3. von rechts), auf Spurensuche in Siebenbürgen.
Das Hauptwerk des Sigismund Möss oder Moehs oder Mieß, seinen Hammersdorfer Altar von 1676, haben wir im Klausenburger Kunstmuseum nicht zu Gesicht bekommen, doch seine Aufstellung dringend angemahnt als ein besonderes Zeugnis siebenbürgisch-sächsischer Kultur,– hoffentlich mit Erfolg für einen nächsten Besuch in Transsilvanien, keineswegs weit hinter den Wäldern versteckt.

Teta Moehs

Schlagwörter: Reisebericht, Kunst

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