23. Januar 2012

Wie wird die Siebenbürgische Zeitung genutzt?

Aufgrund von demografischen Gegebenheiten wird die Gruppe der Aussiedler der ersten Generation immer kleiner. Für die Siebenbürgische Zeitung bedeutet das, dass die Aussiedler der zweiten und dritten Generation, deren Eltern oder Großeltern aus Siebenbürgen kommen und die selbst maximal bis zum Grundschulalter in Siebenbürgen gelebt haben, als Leser gewonnen werden müssen, um die Zukunft der Zeitung zu sichern. Doch was sind die spezifischen Interessen und Lesegewohnheiten dieser Generation? Mit dieser Frage beschäftigte sich Meike Kolck-Thudt in ihrer Bachelorarbeit, die sie an der Universität Wien im Fach Publizistik und Kommunikationswissenschaft geschrieben hat und die mit der Note „sehr gut“ bewertet wurde.
Die Idee zu der Arbeit kam Meike Kolck-Thudt, nachdem sie im Februar 2011 ein einmonatiges Praktikum bei der Siebenbürgischen Zeitung absolviert hatte. Im Sommer letzten Jahres führte sie eine Umfrage unter den Lesern über den Zeitraum von einem Monat online durch. Insgesamt nahmen 102 Personen an der Umfrage teil. Die meisten von ihnen waren zum Zeitpunkt der Umfrage zwischen 19 und 60 Jahre alt und gaben an, regelmäßige Leser der Siebenbürgischen Zeitung zu sein. Mehr als zwei Drittel der Teilnehmer wurden in Siebenbürgen geboren, fast alle besitzen die Staatsbürgerschaft des Landes, in das sie ausgesiedelt sind.

Drei Forschungsfragen lagen der Arbeit zugrunde: Welche Faktoren tragen dazu bei, dass die zweite und dritte Generation der AussiedlerInnen die Siebenbürgische Zeitung liest? Wie gestaltet sich die Nutzung der Siebenbürgischen Zeitung durch die zweite und dritte Generation? Wie sieht die aktuelle Zeitung im Vergleich zu den Themenvorlieben der zweiten und dritten Generation aus? Zu jeder dieser Forschungsfragen stellte Meike Kolck-Thudt Hypothesen auf, die sie auf Basis der Umfrageergebnisse auf ihre Plausibilität überprüfte.

Zur ersten Forschungsfrage formulierte sie beispielsweise im Vorfeld die Vermutung, dass unter anderem die Mitgliedschaft in siebenbürgisch-sächsischen Vereinen, die persönliche Kommunikation im Alltag und die Konfrontation mit siebenbürgisch-sächsischer Kultur durch die Erziehung wichtige Motivationen für das Lesen der Siebenbürgischen Zeitung sind. Obwohl diese Hypothese für den Laien einleuchtend erscheint, konnte sie durch die Umfrage nicht bestätigt werden. Trotzdem förderte die Umfrage interessante Ergebnisse zu Tage. Auffallend ist, dass offenbar nur wenige Personen regelmäßigen Kontakt zu Verwandten oder Bekannten in Siebenbürgen haben. Dennoch gaben über die Hälfte der Befragten an, Sächsisch ohne Probleme sprechen und verstehen zu können und nur etwas über zwei Prozent der Teilnehmer behaupteten von sich, Sächsisch weder sprechen noch verstehen zu können. Etwa 80% der Befragten gaben an, dass ihre Eltern oder Verwandten ihnen siebenbürgisch-sächsische Traditionen näherbringen wollten und etwa 70% möchten die Kultur auch an ihre Kinder weitergeben oder tun dies bereits.

Zur zweiten Forschungsfrage, der Nutzung der Siebenbürgischen Zeitung, fand Meike Kolck-Thudt heraus, dass die Rubriken der Zeitung etwa gleich gern gelesen werden. Eine Ausnahme davon bilden die „Nachrichten aus Österreich“, die wahrscheinlich aufgrund der geringen Anzahl österreichischer Teilnehmer weniger beliebt waren als die restlichen Rubriken. Erstaunlich ist, so Meike Kolck-Thudt, dass auch die Werbe-, Sterbe- und sonstigen Anzeigen nicht als störend empfunden werden, sondern sogar von insgesamt mehr als der Hälfte der Befragten als einer ihrer Lieblingsteile der Zeitung angegeben wird.

Die dritte Forschungsfrage betrifft die Bewertung der Siebenbürgischen Zeitung (SbZ) im Vergleich zu den Themenvorlieben der zweiten und dritten Generation. Aus der Umfrage kann durchaus geschlossen werden, dass die Befragten im Großen und Ganzen zufrieden mit ihrer Zeitung sind. Immerhin etwa 85% der Teilnehmer finden die Inhalte des Blattes informativ und nur ca. 7,5% der Befragten sind mit der Qualität der Recherche unzufrieden. Nur einen wirklichen Kritikpunkt konnte Meike Kolck-Thudt entdecken: Die Rubrik „Jugendforum“, die sich offenbar unter den Mitgliedern der zweiten und dritten Generation von Aussiedlern großer Beliebtheit erfreuen kann (und das, obwohl bei weitem nicht alle der Befragten zur „Jugend“ im eigentlichen Sinne gezählt werden können), nimmt in der SbZ nur sehr wenig Platz ein.

Insgesamt kommt Meike Kolck-Thudt zu dem Schluss, dass die Siebenbürgische Zeitung durchaus zuversichtlich in die Zukunft blicken darf. Das Interesse an siebenbürgisch-sächsischen Themen ist offenbar gegeben, es muss nur aufrecht erhalten werden. Ihre Ergebnisse stellte Meike Kolck-Thudt auch in einem Referat beim Pressereferentenseminar 2011 in München vor und gab damit Anlass zu lebhaften Diskussionen.

Angelika Stefan

Schlagwörter: Siebenbürgische Zeitung, Umfrage, Studium, Journalismus

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