1. September 2017

"Wi huët de Streoß gebeangden?" Beeindruckende Gemeinschaftsleistung "Bäm Brännchen" in Freck

Die Aufführung des Singspiels „Bäm Brännchen“ am 6. August im Hof des Palais Brukenthal, historische Kulisse umgeben von herrlichen Grünanlagen, umrahmt von den trauten Gipfeln der Karpaten, wird den etwa 2 500 Zuschauern wohl noch lange in schöner Erinnerung bleiben. Denn es passte alles zusammen: herrliches Sommerwetter, weitläufiges Gelände für die Zuschauer, die das Singspiel zum Teil auf der tiefer gelegenen Wiese auf Großbildschirmen verfolgen konnten, eine bewundernswert funktionierende Technik, viele motivierte Künstler und Helfer, die das Singspiel vorbereitet hatten, interessiertes Publikum, begeisterte Chorsänger und Bläser, reizende Schauspieler und Solisten und Grete Lienert-Zultners Idee, Liebe und Treue junger Menschen in sächsischer Mundart in den Mittelpunkt zu stellen.
Das Sachsentreffen 2017 in Siebenbürgen sollte sich, das war von Anfang an klar, auf mehrere Säulen der Kultur und Unterhaltung stützen. Ein großes Singspiel auf die Beine zu stellen, war also schon 2015 bei den ersten Besprechungen angedacht gewesen, Hans Gärtner erwog sogar, das berühmte Luther-Oratorium aufführen zu lassen, was sich aber für uns weltweit so verstreut lebenden Sachsen als nicht durchführbar erwies. Beim Heimattag 2016 begruben wir diesen Gedanken. So konnte eine neue Idee entstehen: Noch vor Abreise aus Dinkelsbühl war uns klar, welches Singspiel 2017 für Freck geeignet und auch realisierbar sei: Jugendliche der SJD hatten nämlich unter der Leitung von Maria Schenker und Ute Bako „Bäm Brännchen“ unter großem Beifall aufgeführt. Dieses Singspiel durch viele Chorsänger zu erweitern, sollte sich als perfekte Lösung herausstellen. Die Schauspieler samt Regie sagten sofort zu.

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Hans Gärtner, Vorsitzender des HOG-Verbandes, konnte Andrea Kulin, die Leiterin der Siebenbürgischen Kantorei für die Idee begeistern, worauf sie die musikalische Bearbeitung der Lieder übernahm und mit Hilfe von Maria Schenker (Liederauswahl), Angelika Meltzer (Notenbild), Rosemarie Chrestels (Textbearbeitung) und Emmi Mieskes (Formatierung/Zusammenstellung) das Chorheft für die Sänger erarbeitete, für dessen Finanzierung Hans Gärtner Sponsoren fand: das Donauschwäbische Zentralmuseum Ulm und das Haus der Heimat Nürnberg.
Alles passte beim Singspiel „Bäm Brännchen“ von ...
Alles passte beim Singspiel „Bäm Brännchen“ von Grete Lienert-Zultner zusammen: herrliches Sommerwetter, gute Schauspieler und Sänger, interessiertes Publikum, das herrliche Ambiente in der Sommerresidenz des Barons Samuel von Brukenthal in Freck. Foto: George Dumitriu
Über die Siebenbürgische Zeitung wurden Sänger aus ganz Deutschland, Siebenbürgen und Österreich für das Singspiel angeworben und Proben organisiert, wobei in Nürnberg auch Edith Toth und Christiane Neubert, Leiterinnen der Chöre aus Mediasch bzw. Fogarasch, zugegen waren. Helfer, die für das leibliche Wohl der angereisten Sänger sorgten, fanden sich immer, auch bei der ersten Generalprobe mit Schauspielern und Bläsern auf Schloss Horneck ebenso wie bei den zwei Proben in Freck. Parallel dazu plante Christiane Neubert, Leiterin der Kulturkommission im Demokratischen Forum der Deutschen in Siebenbürgen (DFDS), federführend mit ihren Helfern in Absprache mit Maria Schenker, Andrea Kulin und Ute Bako für Freck die Singspielkulisse: Bühnenbild, Technik, Bestuhlungen für Sänger und Zuschauer, Ein- und Ausgänge usw., das kulinarische Angebot von Arnold Klingeis und die musikalischen Angebote im Park des Palais, wobei unglaublich viele Aspekte, wie z.B. die Shuttle-Busse aus Hermannstadt zu den Proben und zur Aufführung, berücksichtigt werden mussten. Allen sei hiermit ganz herzlich gedankt!
Die Fotografenmeute beim Singspiel in Freck. In ...
Die Fotografenmeute beim Singspiel in Freck. In der Mitte der Hermannstadtkorrespondent der deutschen Sendung „Akzente“ bei TVR1 Arno R. Ungar, links (mit hellem Hut) der Kerzer Mundartdichter Oswald Kessler mit seiner zur Lochkamera umgebauten Apparatur. Vorne verfolgt Chordirigentin Andrea Kulin eine Theaterszene. Foto: Konrad Klein
Dann kam die lang ersehnte Aufführung des Singspiels! Ein kurzer Regen während der Generalprobe hatte die heiße Luft wohltuend abgekühlt. Der Hof des Palais füllte sich bis auf den letzten Platz mit erwartungsvollen Gästen, was die Akteure in zunehmend feierliche Stimmung versetzte. Sie schmolzen zu einer Gemeinschaft wie Grete Lienert-Zultner, deren Lieder ins Volksgut eingingen, es sich nicht schöner hätte erträumen können. Andrea Kulin schwang den Taktstock einfühlsam und souverän, die Sänger vor dem Palais, links und rechts von der Bühne sitzend, ließen sich daher willig führen und trugen mal stimmgewaltig und dann wieder hinschmelzend die sächsischen Lieder in den klaren, blauen Himmel Siebenbürgens und in die sich öffnenden Herzen der Anwesenden, was die Handlung auf der Bühne fühlbar vertiefte und manche Zuhörer, die das Singspiel schon gesehen hatten, besonders beeindruckte, wie z.B. Karline Folkendt: „Was mir diesmal am besten gefallen hat, war der Chor. Das war gleich ein ganz anderes Gefühl, als wenn nur die Darsteller auf der Bühne singen, mit einem ganzen Chor klingt es einfach viel besser… Richtig schön fand ich auch die Tänze am Ende des Stückes, die waren echt toll choreografiert und wunderbar eingebaut.“ Ute Bako und Maria Schenker haben Tänze und Schauspiel harmonisch an das große Zusammenspiel mit dem Chor angepasst, die Kinder hervorragend mit eingebaut und die Kulissen gekonnt ins beste Licht gerückt. Wie weitsichtig! Denn außer dem Publikum direkt im Hof vor der Bühne konnten, dank erstklassiger Technik, weitere hunderte Zuschauer das Geschehen unten im Barockgarten der Anlage auf zwei Leinwänden verfolgen.
Tanz unter der Krone mit Happyend: die ...
Tanz unter der Krone mit Happyend: die Schlussszene von Lienert-Zultners Singspiel „Bäm Brännchen“ vor Brukenthals Landsitz in Freck, dirigiert von Andrea Kulin. Dass sich dabei sogar ein Dachziegel löste, sorgte bei den Chormitgliedern immerhin für eine Schrecksekunde. Foto: Konrad Klein
Vielfach begleitet von der Mediascher Stadtkantorin Edith Toth und bestens eingerahmt auch von der Stuttgarter Blaskapelle „Original Karpaten-Express“ unter der Leitung von Reinhardt Konyen, entfalteten sich auf der Open-Air-Bühne zusehends junge Menschen mit Wurzeln in Siebenbürgen. Diese Schauspieler, die zum Teil für ihre Rollen Sächsisch gelernt hatten und nun in ihren Trachten auf der Bühne sangen, tanzten und/oder spielten, versetzten das Publikum in frühere Zeiten: Andreas Roth und Evelin Roth-Teutsch, Birgit Teutsch, Udo Schneider, Kathrin Kepp, Julia und Alexander Zakel, Fabian Kloos, Dominik Geiger, Larissa und Selina Seiwerth, Anna und Bianca Deppner sowie Jannik Balthes verkörperten Jugenderinnerungen und spielten sich herzerfrischend ins Gemüt der Zuschauer. Die jugendlichen Sächsisch sprechenden Darsteller auf der Bühne in der Sommerresidenz des Samuel von Brukenthal hätten schon gereicht, um die alte Heimat präsent und die Zukunft der Siebenbürger Sachsen in hoffnungsfrohem Licht erstrahlen zu lassen. Was darüber hinaus die Herzen der Zuschauer anrührte, waren jedoch die talentierten Hauptdarsteller Lisa Gärtner (Riesken), begnadete angehende Musicaldarstellerin, und Jürgen Dörr (Hans), erfolgreicher Sänger als „Jürgen aus Siebenbürgen“ sowie Jaqueline Melzer (Anni) und Patrick Krempels (Fritz), beide ausdrucksstark, sattelfest auch im Singen und schauspielerisch großartig. Man sah diesen noch jungen Darstellern ihre Bühnenerfahrung an, doch konnten sie noch mehr geben: Sie lebten ihre Rollen, sie waren einfach bezaubernd!
Smalltalk während der Singspiel-Pause: die heute ...
Smalltalk während der Singspiel-Pause: die heute in Birthälm lebende Journalistenlegende Christa Richter (langjährige Redakteurin beim Neuen Weg, Komm mit und ADZ-Jahrbuch, heute noch Mitarbeiterin von Radio Bukarest) mit der Mediascher Musikpädagogin und Chorleiterin Edith Toth. Foto: Konrad Klein
Kein Wunder, dass z.B. das Publikum, das früher dieses Stück selbst gespielt hatte, „hingerissen war“, wie Annette Folkendt es beschreibt. Oder dass Chor und Schauspieler eine „wohltuende Verschränkung von Alt und Jung darstellten“, wie Gudrun Wagner es formulierte. Der stürmische Applaus und die vielen begeisterten Kommentare danach zeigen, dass „Bäm Brännchen“ in der vorgelegten Fassung die Zuschauer zutiefst berührt hat. Ab Ende Oktober kann das Singspiel als DVD über Hans Gärtner erworben werden.

Dieser glanzvolle Abschluss des Hermannstädter Sachsentreffens 2017 erlebte dann noch eine Krönung, die Annette Folkendt so ausdrückt: „Das Miteinander-Singen nach der Vorstellung, von Ute Bako vorgeschlagen, war ein ergreifender Augenblick. Auch wir, die wir ganz hinten im Park saßen, stimmten eifrig ein. Alle hielten beim letzten Teil des Siebenbürgenlieds die Arme umschlungen – wir waren alle verbrüdert!“
Mit einem stimmungsvollen Gartenfest bei ...
Mit einem stimmungsvollen Gartenfest bei Livemusik, kulinarischen Spezialitäten und Lagerfeuerromantik im Garten von Brukenthals Sommerresidenz in Freck endete das Sachsentreffen 2017 spät in der Nacht. Vorn das Fontainebecken (früher: Forellenbassin), hinten die Orangerie. Foto: Konrad Klein
Es gab nach dem gemeinsamen Singen noch Dankesworte von Hans Gärtner und Christiane Neubert an die vielen Menschen, die den unvergesslichen Abend mitgestaltet hatten, und nachher im Park bei prachtvollem Wetter Singen am Lagerfeuer, Blasmusik, kulinarische Spezialitäten, Glückwünsche, Dankbarkeit, Freude, Frohsinn.

Hans Gärtner, Vorsitzender des HOG-Verbands, Initiator und Motor dieses herrlichen Geschehens in Freck gebührt Dank und Ehre! Auch für seine teamorientierte Gesamtorganisation, die einen riesengroßen bunten Blumenstrauß ins Leben rief, in dem jede einzelne Blume wichtig und bereichernd war. Hans Gärtner huët de Streoß gebeangden!

Doris Hutter

Schlagwörter: Sachsentreffen, Singspiel, Bäm Brännchen

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